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25.8.2011

Pflichtteilsstrafklausel gilt auch bei einem unwirksamen Testament

Eine Pflichtteilsstrafklausel kann nach einer Entscheidung des OLG München vom 07.04.2011, Az. 31 Wx 227/10, auch dann eingreifen, wenn der Pflichtteilsberechtigte die Unwirksamkeit des gemeinschaftlichen Testamentes der Eltern geltend macht und seinen gesetzlichen Erbteil fordert.

Dieser Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der verwitwete Erblasser ist 2009 im Alter von 92 Jahren verstorben. Seine Ehefrau ist 2008 im Alter von 84 Jahren vorverstorben. Sie haben die gemeinsamen Kinder A und B. Die Eheleute hatten sich in einem handschriftlichen gemeinschaftlichen Testament gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Eine ausdrückliche Schlusserbeneinsetzung war nicht geregelt. Das Testament enthält eine Pflichtteilsstrafklausel. In dem Nachlassverfahren nach der vorverstorbenen Ehefrau trat A der Erteilung des vom überlebenden Ehegatten beantragten Erbscheins mit der Behauptung entgegen, es läge kein formgültiges Testament vor. Nach dem Tod des Erblassers hat nun B die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie als Alleinerbin nach dem Erblasser ausweist. A ist dem entgegengetreten.


Das OLG München hat die Ansicht vertreten, dass B Alleinerbin geworden ist. Aufgrund der in dem gemeinschaftlichen Testament enthaltenen Pflichtteilsstrafklausel ist die Schlusserbeneinsetzung der A entfallen, sodass eine Anwachsung des Erbteils bei B eingetreten ist. Das Gericht führte weiter aus, dass A zwar nicht den Pflichtteilsanspruch geltend gemacht habe, jedoch das Testament insgesamt angegriffen und für sich gesetzliche Erbfolge in Anspruch genommen hat. Rechtlich und wirtschaftlich betrachtet, entspräche dieser Vorgang der Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen.

Johannes Schulte, 25.08.2011



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