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29.06.2014
Uneinheitliche Rechtsprechung in Deutschland

Wer trägt die Beerdigungskosten ?

Die Frage wer die Beerdigungskosten für einen Verstorbenen zu tragen hat scheint bei einem Blick ins Gesetz leicht beantwortet. In § 1968 BGB ist geregelt, dass die Beerdigungskosten vom Erben zu tragen sind.

Problematisch wird die Frage immer dann, wenn der Verstorbene nicht genügend Vermögen hatte, aus dem die Beerdigungskosten beglichen werden können. In derartigen Fällen erhebt der Erbe in der Regel die Einrede der Haftungsbeschränkung auf den Nachlass oder schlägt die Erbschaft aus.

Regelung im Landesrecht

Die einzelnen Bundesländer haben daher in ihren Landesgesetzen Regelung geschaffen, wonach die Bestattungskosten von den nächsten Angehörigen zu tragen sind. Die nach Ländern unterschiedlichen Regelungen kommen zu ähnlichen Ergebnissen, wobei jeweils der näher verwandte vor dem entfernteren Verwandten für die entstehenden Bestattungskosten haftet. Diese Regelungen kommen immer dann zur Anwendung, wenn die Beerdigung durch einen öffentlichen Träger vorgenommen wird, weil von den Angehörigen und den Erben sich niemand um die Bestattung gekümmert hat.

Unterschiedliche Entscheidungen des Bundesgerichtshofs

Bei den Zivilgerichten ist die Frage nur dann zu klären, wenn der Bestattungsunternehmer ohne einen Auftrag für die mutmaßlichen Erben oder Angehörigen die Bestattung vornimmt und dann seine Kosten erstattet haben möchte.
Der dritte Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in einer Entscheidung vom 17.11.2011 angenommen, dass der Bestattungsunternehmer als Geschäftsführer ohne Auftrag nach den Regelungen der §§ 670 ff. BGB tätig wird. Der Bestatter konnte in dem dort entschiedenen Fall ( III ZR 53/11 ) die Kosten von der Ehefrau erstattet verlangen, obwohl die Ehefrau nicht Erbin war.

In einer Entscheidung des vierten Senats des Bundesgerichtshofs hatte dieser am 14.12.2011 entschieden, dass die Tochter des Verstorbenen nicht nach den Regelungen der §§ 670 ff. BGB als Geschäftsführerin haftet.

Totenfürsorgerecht und Totenfürsorgepflicht

Beide Senate des Bundesgerichtshofs sind zunächst davon ausgegangen, dass sich eine Verpflichtung zur Bestattung aus der Totenfürsorgepflicht der nahen Angehörigen ergibt. Diese sei für öffentlich-rechtliche Verhältnisse durch die Landesbestattungsgesetze geregelt. Im Zivilrecht sei die Totenfürsorgepflicht und das Totenfürsorgerecht bereits vor  vielen Jahrzehnten durch das Reichsgericht anerkannt.
Es handele sich um eine sittlich moralische Verpflichtung eigener Art. Sie trifft den nächsten Angehörigen.

Der Unterschied der beiden Entscheidungen

Das unterschiedliche Ergebnis der beiden Senate des Bundesgerichtshofs ergibt sich daraus, dass der dritte Senat bei der Feststellung der nächsten Angehörigen und damit der Verpflichteten für die Totenfürsorge sich an die Regelungen der Landesbestattungsgesetze angelehnt hat.

Der vierte Senat des Bundesgerichtshofs hingegen hat die Entscheidung darüber, wer verpflichtet ist die Totenfürsorge zu übernehmen an den konkreten Verhältnissen des Einzelfalles festgemacht. Danach kommt es nicht auf die Nähe des familienrechtlichen Verwandtschaftsgrades an. Vielmehr ist im Einzelfall zu prüfen, wer dem Erblasser tatsächlich am nächsten stand. In dem dort entschiedenen Fall war die Tochter zwar die nächste Angehörige. Der Erblasser, ihr Vater, hatte jedoch stets jeglichen Kontakt zu seiner Tochter verweigert. Der Bruder des Erblassers hingegen hatte engen Kontakt zu seinem Bruder, so dass der BGH die Totenfürsorgeverpflichtung und das Recht der Totenfürsorge beim Bruder sah.

Entscheidung im Einzelfall

Es wird daher vorsorglich in jedem Fall zu prüfen sein, von dem im Einzelfall die Kosten zu tragen sind.

 

Expertentipp:

Fachanwalt für Erbrecht Wolff aus Mannheim, empfiehlt, nach dem Erbfall unbedingt einen Fachanwalt für Erbrecht aufzusuchen und die Frage im konkreten Fall beurteilen zu lassen. Häufig ist eine Ausschlagung zur Vermeidung der Bestattungskosten weder sinnvoll noch nötig.



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