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08.11.2014
Testament darf kein Dritter schreiben

Keine Erbeinsetzung durch von fremder Hand verfasstes Testament

Das Oberlandesgericht in Stuttgart hatte sich mit der Frage zu befassen, ob ein Testament, das die Lebenspartnerin des Verstorbenen großteils selbst vorschrieb, gültig ist.

Fachanwalt für Erbrecht Wolfgang Roth aus Obrigheim weist auf folgenden Leitgedanken der Entscheidung hin: Verfasst ein Dritter ein mit „Generalvollmacht“ überschriebenes Schriftstück  zu welchem der spätere Erblasser selbst noch handschriftliche Zusätze hinzufügt, ist diese letztwillige Verfügung wegen Verstoßes gegen die erbrechtlichen Formvorschriften nicht als formgültiges Testament anzusehen.

Der Fall des Oberlandesgerichts Stuttgart:

Ein alkoholkranker Mann war adoptiert gewesen. Nach dessen Tod erhielt seine Adoptivmutter einen Erbschein, der sie als gesetzliche Alleinerbin auswies. Die Lebensgefährtin des Verstorbenen beantragte die Einziehung des Erbscheins auf Grund eines Schriftstückes, welches sie angeblich als Erbin bezeichnete. Sie legte die Kopie einer handschriftlich verfassten Generalvollmacht des Verstorbenen vor, in welcher der Erblasser nur die Worte „bevollmächtige … in privaten und geschäftlichen Angelegenheiten wahrzunehmen, allein Erbin bei Tod danach“ selbst geschrieben hatte; den restlichen Text hatte die Lebensgefährtin selbst verfasst. Das Nachlassgericht lehnte die beantragte Einziehung des Erbscheins ab.

Die rechtlichen Erwägungen des Oberlandesgerichts:

Das Oberlandesgericht in Stuttgart versagt ihrer eingelegten Beschwerde den Erfolg. Das vorgelegte Schriftstück wurde, wie sie selbst eingeräumt hatte, überwiegend von der Lebenspartnerin selbst verfasst. Ein handschriftliches Testament vermag der Senat hierin nicht zu erkennen, zumal das Schriftstück gegen die zwingenden Formvorschriften des Erbrechts verstößt. Demnach muss ein Testament vom Verstorbenen immer selbst vollständig geschrieben sein. Das Schriftstück ist vom Erblasser aber weder eigenhändig geschrieben noch unterschrieben worden, so dass es schon aus diesem Grund nicht gültig ist. Außerdem wäre es nach § 125 BGB selbst dann nichtig, wenn der Erblasser Urheber des Schriftstückes war und ernstlich seine darin abgegebene Erklärung gewollt hätte. Auch dieser Verstoß gegen die erbrechtlichen Formvorgaben führt zwingend zur Nichtigkeit der Erklärung.

Aber auch wenn der restliche Text der „Generalvollmacht“ isoliert und nur diese vom Verstorbenen verfassten handschriftlichen Teile betrachtet werden, ist daraus nicht der Sinn zu entnehmen, dass die Lebensgefährtin zur Alleinerbin eingesetzt werden sollte. Allein auf Grund der letztwilligen Verfügung muss der Erblasser seinen Willen erkennbar dergestalt zum Ausdruck bringen, dass sein Erbe von ihm selbst bestimmt worden ist. Auch hieran fehlt es, denn eine solch klare Erklärung zur Erbeinsetzung enthält das Schriftstück nicht: die zum Teil zusammenhanglosen Worte rechtfertigen es nicht, darin eine eindeutige Erbeisetzung seiner Lebenspartnerin zu erkennen. Der Erbschein, welcher die Adoptivmutter als Alleinerbin auf Grund gesetzlicher Erbfolge ausweist, ist zu Recht erteilt worden.

Praxistipp für Sie:

Der Beschluss des Oberlandesgericht Stuttgart liegt auf einer Linie mit der bisherigen Rechtsprechung zum Erfordernis der handschriftlichen Form privatschriftlicher Testamente, wie der Obrigheimer Erbrechtsspezialist Wolfgang Roth erklärt. Wer handschriftlich testiert, muss dies eigenhändig tun und seine Erklärung selbst - am besten mit Angabe des Errichtungsortes und des Datums - unterschreiben. Andernfalls ist  die letztwillige Verfügung als Testament nichtig und auf dieser Basis kann dann kein Erbscheinsantrag gestellt werden. So hatte in diesem Jahr auch das Oberlandesgericht Hamburg entschieden, dass Aufkleber in einem Testament nicht dazu dienen können, einen Erben wirksam zu bestimmen. Pfeildiagramme, die ein Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung anbringt, um damit anzuzeigen, wen er als seine Erben bezeichnen möchte, sind unzulässig und verstoßen gegen das Gebot, seine Erben handschriftlich zu bestimmen, wie das Oberlandesgericht in Frankfurt a. M. im Jahr 2013 urteilte.

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 21.10.2014 trägt das Aktenzeichen: 8 W 387/14.



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