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28.1.2015
Der Pflichtteil - kurz und bündig

Fragen und Antworten rund um das Pflichtteilsrecht

Für den Erben ist er ein Fluch, für den Enterbten ein Segen: der Pflichtteil. Auch wenn es jedem frei steht, seinen Erben frei zu bestimmen, hat der Gesetzgeber beim Tode eines Menschen für bestimmte Personen eine Mindestbeteiligung an dessen Nachlass in Form des Pflichtteils vorgesehen.

Wer kann den Pflichtteil fordern? 

Pflichtteilsberechtigt sind nur die von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossenen (enterbten) Abkömmlinge (Kinder, Enkel), der Ehegatte und sofern keine Abkömmlinge vorhanden sind, die Eltern des Verstorbenen. Geschwister sind nicht pflichtteilsberechtigt.

Was ist der Pflichtteil, wie groß ist er und wer schuldet ihn?

Der Pflichtteil ist ein Geldanspruch. Der Pflichtteilsberechtigte wird nicht Rechtsnachfolger und hat kein Mitspracherecht bezüglich des Nachlasses.  Die Höhe des Anspruchs entspricht dem halben Wert des gesetzlichen Erbteils. Der Pflichtteil ist sofort mit dem Tode des Erblassers vom Erben zu bezahlen.

Wird der Pflichtteil automatisch vom Nachlassgericht ausgezahlt oder kann er verjähren?  

Der Pflichtteilsberechtigte muss sich selber, ggf. mit der Hilfe eines Rechtsanwalts, um die Durchsetzung kümmern. Das Nachlassgericht macht dies nicht. Der Anspruch verjährt nach drei Jahren (jeweils zum Jahresende). Die Frist beginnt ab dem Moment zu laufen, in dem der Berechtigte vom Erbfall und seiner Enterbung erfährt. Ausnahmsweise kann die Verjährung genau drei Jahre nach dem Tod eintreten, wenn der Pflichtteil ausnahmsweise nicht vom Erben, sondern einem vom Erblasser beschenkten Dritten bezahlt werden muss.

Kann der Pflichtteil durch Geschenke kurz vor dem Tod umgangen werden?

Wenn der Erblasser zu seinen Lebzeiten Geschenke macht, löst dies zumeist eine sog. Pflichtteilsergänzung aus. Bei der Berechnung des Pflichtteils wird so getan, als ob die Schenkung nicht erfolgt und das Geschenk noch im Nachlass vorhanden wäre. Grundsätzlich sind alle Geschenke innerhalb von 10 Jahre vor dem Todestag bei der Pflichtteilsergänzung zu berücksichtigen. Je länger die Schenkung zurückliegt desto geringer wird aber der für die Pflichtteilsberechnung zu berücksichtigende Wert (1/10 Wertabzug pro Jahr). Zuwendungen an Ehegatten oder unter Nutzungsvorbehalt (z.B. Nießbrauch- oder Wohnungsrecht bei Übergabe eines Grundstückes) sind immer zu berücksichtigen. Hier gibt es weder Frist noch anteiligen Wertabzug.

Wie erfährt der Pflichtteilsberechtigte vom Bestand des Nachlasses und dessen Wert?

Der Erbe muss ein Nachlassverzeichnis erstellen. Auf Wunsch übernimmt dieses ein Notar. Der Pflichtteilsberechtigte kann auch ein Wertgutachten über Nachlassgegenstände verlangen. Die Kosten trägt der Nachlass.

Kann das Pflichtteilsrecht erlöschen?

Das Pflichtteilsrecht besteht nicht, wenn der Pflichtteilsberechtigte zu Lebzeiten des Verstorbenen darauf verzichtet hat. Der Verzicht vor dem Todesfall bedarf  - anders als der Verzicht gegenüber dem Erben nach dem Erbfall – der notariellen Beurkundung. Bei Vorliegen eines besonderen Grundes (z.B. schwerwiegende Straftat) kann der Erblasser den Pflichtteil ausnahmsweise entziehen. Er muss dies dann ausdrücklich im Testament anordnen und den Grund benennen.

Gibt es Möglichkeiten, den Pflichtteil zu reduzieren oder abzuwehren?

Auch wenn die Hürde der Pflichtteilsentziehung meist nicht überwunden werden kann, gibt es doch zahlreiche rechtliche Möglichkeiten, den Pflichtteil zu minimieren. Ein Fachanwalt für Erbrecht kann bei der pflichtteilsoptimierten Nachfolgeplanung helfen oder bei der Pflichtteilsabwehr im bereits eingetretenen Erbfall helfen.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht Armin Abele aus Reutlingen, Autor des Fachbuches "Pflichtteilsansprüche reduzieren und vermeiden" empfiehlt, sich im Erntsfall vom Fachmann beraten zu lassen. Eine Erstberatung beim Rechtsanwalt kann maximal 190,00 € zzgl. Mehrwertsteuer kosten - in vielen Fällen eine gute Investition.



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