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25.10.2015
Der Erbe und der Unterhalt

Laufender Ehegattenunterhalt wird u.U. weiter geschuldet

In der Bundesrepublik Deutschland wird heute nahezu jede dritte Ehe geschieden. Im Zusammenhang mit einer Ehescheidung stellt sich regelmäßig die Frage, ob, in welcher Höhe und für welche zeitliche Dauer nach einer Scheidung ein Ehegatte an den anderen Ehegat­ten noch Unterhalt zu zahlen hat.

Der Gesetzgeber hat die Voraussetzungen, unter denen Unterhalt nach einer Ehe­scheidung verlangt werden kann, im Rahmen der Unterhaltsrechtsreform aus dem Jahre 2008 zu Lasten des unterhaltsberechtigten Ehegatten verschärft. Gleichwohl enden Unterhaltsansprüche in der Regel nicht unmittelbar mit der Ehescheidung sondern oftmals erst viele viele Jahre später.

Nicht selten kommt es vor, dass der unterhaltspflichtige geschiedene Ehegatte während des Zeitraums verstirbt, in dem die Unterhaltsverpflichtung noch fortbesteht.

Anders als vielfach angenommen endet die Unterhaltsverpflichtung zu Gunsten des be­rechtigten Ehegatten nicht mit dem Tode des unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten.

Die gesetzliche Regelung des § 1586 b BGB bestimmt nämlich, dass mit dem Tode des unterhaltspflichtigen Ehegatten die Unterhaltsverpflichtung auf seine Erben als Nachlassver­bindlichkeit übergeht.

Das bedeutet, dass die Erben den Unterhalt an den geschiedenen Ehegatten aus dem Nachlass weiter zu entrichten haben.

Der Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung besteht darin, den Lebensunterhalt des bedürftigen Ehegatten, der in Folge der Scheidung weder als gesetzlicher Erbe noch als Pflichtteilsberechtigter am Nachlass des Verstorbenen beteiligt ist, als Ausdruck der nachehelichen Fürsorge und Solidarität sicherzustellen.

Der Anspruch gegen die Erben ist nach der gesetzlichen Bestimmung der Höhe nach aber begrenzt auf den (fiktiven) Pflichtteilsanspruch, den der unterhaltsberechtigte Ehegatten gehabt haben würde, wenn die Ehe nicht geschieden worden und der andere Ehegatte aus bestehender Ehe vorverstorben wäre.

Verstirbt also beispielsweise ein zu monatlichen Unterhaltszahlungen verpflichteter Ehegatte nach der Ehescheidung und wird er von den beiden aus der geschiedenen Ehe mit dem unterhaltsberechtigten Ehegatten hervorgegangenen Kinder beerbt, so sind die Kinder dazu verpflichtet, aus dem Nachlass den nachehelichen Unterhalt an ihre Mutter bis zur Höhe des (fiktiven) Pflichtteilsanspruches weiter zu bezahlen.

Bestand der Nachlass also beispielsweise aus einem selbstgenutzten Einfamilienhaus mit einem Verkehrswert von 500.000,00 €, so müssten die Kinder so lange den nachehelichen Unterhalt an ihre Mutter weiterzahlen, bis der Haftungs­höchstbetrag in Höhe von 62.500,00 € (1/8 von 500.000,00 €) erreicht ist.

In Folge dieser gesetzlichen Bestimmung kommt es also nur auf die Werthaltigkeit des Nachlasses, nicht aber auf die Leistungsfähigkeit der Erben an. Die Erben müssen dann zu gegebener Zeit in eigener Regie aktiv werden und das Erreichen des Haftungshöchstbetrages einwenden und erforderlichenfalls einklagen.

Dieser Höchstbetrag der Haftungssumme kann sich zu Gunsten des unterhaltsberechtigten Ehegatten dann noch erhöhen, wenn der Erblasser zu Lebzeiten beispielsweise pflicht­teilsergänzungsrelevante Schenkungen an Dritte vorgenommen und dadurch den realen Nachlass geschmälert hat.

Zu diesem Zweck gewährt der Gesetzgeber dem unterhaltsberechtigten  Ehegatten Auskunfts- und Belegansprüche gegen die Erben. So soll ihm eine Prüfung und Berechnung des tatsächlichen Haftungshöchstbetrages ermöglicht werden.

Gelegentlich kommt es vor, dass Eheleute aus Anlass ihrer Trennung und Scheidung im Rahmen von Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarungen wechselseitig auf ihr jeweiliges Erb- und Pflichtteilsrecht verzichten, was oftmals aber nur klarstellenden Charakter hat, weil das gesetzliche Erb- und Pflichtteilsrecht ohnehin spätestens mit der Ehe­scheidung komplett entfällt.

Die Eheleute und ihre Berater übersehen dabei aber häufig, dass ein so erklärter Pflichtteils­verzicht im Zusammenhang mit der unterhaltsrechtlichen Bestimmung des § 1586 b BGB existenzielle Auswirkungen auf den Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten haben kann.

Nach dem reinen Wortlaut und auch nach dem Sinn und Zweck dieser gesetzlichen Rege­lung entfallen durch einen so erklärten Erb- und Pflichtteilsverzicht mit dem Tode des unterhaltsverpflichteten Ehegatten die weitergehenden Unterhaltsansprüche des geschiedenen Ehegatten ersatzlos. Das wird die Erben unter Umständen freuen, wird aber den geschiedenen Ehegatten oftmals in Existenznot bringen.

Diese Rechtsfolge ist aber in der Rechtsprechung und in der Literatur höchst umstritten. Daher empfiehlt sich bei Vereinbarungen von Eheleuten aus Anlass ihrer Trennung und Scheidung, in denen auch erb- und pflichtteilsrechtliche Erklärungen abgegeben werden, eine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung. Es sollte geregelt werden, ob und gegebenenfalls inwieweit ein über die Ehescheidung hinausgehender Unterhaltsanspruch im Falle des Versterbens des unterhaltspflichtigen Ehegatten entfällt oder fortbesteht, damit es zwischen den Erben und dem unterhaltsberechtigten Ehegatten nicht zu Streitig­keiten kommt.



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