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16.12.2017
Doppelt begünstigt, OLG Stuttgart

Pflichtteil und Erbe trotz Pflichtteilsstrafklausel

Das OLG Stuttgart hatte sich mit einem Fall zu befassen, in welchem ein Kind nach dem Tode des zuerst verstorbenen Vaters Pflichtteilsansprüche geltend gemacht hat und trotz Pflichtteilsstrafklausel im Erbvertrag der Eltern nach dem Tode der Mutter zum Miterben berufen war.

Pflichtteilsstrafklauseln in Ehegattentestamenten regeln, dass dasjenige Kind, welches nach dem Tod des ersten Elternteils Pflichtteilsansprüche geltend macht, nach dem Tod des länger lebenden Elternteils ebenfalls nur den Pflichtteil erhalten soll.
In dem vom OLG Stuttgart entschiedenen Fall hatten die Eltern sich gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Nach dem länger Lebenden sollte die gesetzliche Erbfolge eintreten.
Das OLG Stuttgart entschied nun mit Beschluss vom 9.8.2017 (Az.: 8 W 336/15 ) dass ein Kind, welches nach dem Tod des länger lebenden Elternteils den Pflichtteil nach dem zuerst verstorbenen Elternteil geltend gemacht hat trotz Pflichtteilsstrafklausel nicht enterbt war. Die Pflichtteilsstrafklausel läuft insoweit „ins leere“.
Den Grund hierfür sah das OLG darin, dass zunächst die Eltern keine Schlusserbeinsetzung vorgenommen hatten. Die durch Pflichtteilsstrafklausel stellt mithin eine bedingte Enterbung dar. Eine solche bedingte Enterbung könne allerdings nur dergestalt angeordnet werden, dass sie von Bedingungen abhängig gemacht wird, die vor dem Erbfall eintreten. 
Systematisch  ist die Entscheidung konsequent und richtig. Sie lässt jedoch eine wesentliche Fragen, die dort nicht zur Entscheidung stand offen: Wie wäre zu entscheiden, wenn die Eltern ausdrücklich die Kinder zu schlusserben eingesetzt hätten?
In derartigen Fällen kommt es auf die Auslegung des gemeinsamen Testamentes an. Wollten die Eltern durch die Pflichtteilsstrafklausel nur den länger lebenden Elternteil vor der Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen schützen? Oder wollten sie tatsächlich eine Bedingung an die Erbeinsetzung eines jeden Kindes im Sinne von § 2075 BGB knüpfen mit der Folge einer angeordneten Vor- und Nacherbschaft?
Hieran zeigt sich wie wichtig klare Formulierungen in einem Testament oder Erbvertrag sind um nachträgliche Auseinandersetzungen zu vermeiden. Es verbietet sich die einfache Anwendung und Wiederholung einzelner Textbausteine.
Fachanwalt für Erbrecht Andreas Wolff aus Mannheim empfiehlt daher:


„Bereits eine einfache Erstberatung bei einem Spezialisten kann hier helfen. Viele Auseinandersetzungen, die Familien sehr belasten können vermieden werden, wenn im Testament klare und eindeutige Formulierungen enthalten sind.“


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