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05.12.2014
Testamentsvollstreckung

Berechtigung des Testamentsvollstreckers zur Eingehung von Verbindlichkeiten

Das Oberlandesgericht München hatte folgenden Fall zu beurteilen:

Erbrechtliche Situation

Im Nachlass eines Erblassers befand sich Wohnungs- und Teileigentum. Der Erblasser hatte Testamentsvollstreckung angeordnet. Ein halbes Jahr nach Versterben des Erblassers veräußerte der Testamentsvollstrecker das Teileigentum an zwei Käufer. Es wurde dann die Auflassung erklärt und vereinbart, dass der Kaufpreis auf das Konto eines als Vermächtnisnehmer bezeichneten Dritten V zu überweisen sei.

Die Erblasserin hatte nämlich unter anderem eine letztwillige Verfügung getroffen, mit dem sie diese Eigentumswohnung dem Vermächtnisnehmer V zugewandt hatte.

Danach bestimmte sie allerdings in einem neuen handschriftlichen Testament einen neuen Vermächtnisnehmer und widerrief vollumfängliche alle vorausgegangenen Vermächtnisse.

Der Antrag des Notars, die Käufer als Eigentümer im Grundbuch einzutragen, wurde vom Grundbuchamt zurückgewiesen, eine Beschwerde hiergegen hatte keinen Erfolg.

Es wurde in letzter Instanz entschieden, dass die Gegenleistung aus diesem Grundstücksverkauf nicht dem Nachlass sondern eines Vermächtnisnehmers zufließen sollte, an dessen wirksamer Einsetzung erhebliche Zweifel bestanden. Damit entstanden auch Zweifel an der Entgeltlichkeit der Verfügung des Testamentsvollstreckers.

Der Vertrag wurde daraufhin geändert und der Vermächtnisnehmer, dem der Kaufpreis zufließen sollte verpflichtete sich, den Erhalt des Kaufpreis ohne Abzüge auf das Nachlassanderkonto des Testamentsvollstreckers zu überweisen. Danach erklärten die Beteiligten, nämlich die Käufer und der Testamentsvollstrecker erneut die Auflassung. Sie bevollmächtigten den Notar die Eintragung zu bewilligen und zu beantragen, dass die Umschreibung erst dann zu veranlassen sei werde, wenn der Testamentsvollstrecker für den Nachlass den Eingang des geschuldeten Betrages bestätigt habe.

Nach Eingang des Betrages auf dem Nachlasskonto beantragte der Notar erneut die Eintragung der Käufer als Eigentümer.

Wiederum verweigerte das Grundbuchamt nach Anhörung der Erben die Eintragung, da nach Ansicht des Grundbuchamtes dieser Vertrag zur Wirksamkeit der formgerechten Zustimmung der Erben bedürfe, die aber nicht vorläge.

Der Verkauf sei zwar nun entgeltlich aber rechtsgrundlos und habe zudem nicht im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses stattgefunden, sondern sei nur getätigt worden, um den ursprünglich vermeintlichen Vermächtnisnehmer den Kaufpreis zugute kommen zu lassen.

Der Notar legte Beschwerde ein und führte hierzu insbesondere auch aus, dass die vom Grundbuchamt angeführte Rechtsgrundlosigkeit nicht vorläge, Rechtsgrund sei nämlich der Kaufvertrag, der Rechtsgrundlage ausreiche. Gleichwohl half das Grundbuchamt der Beschwerde nicht ab.

Entscheidung des OLG München

Das OLG München  (Beschluss vom 17.07.2014 Az.: 34 WX 161/14) gab der Beschwerde statt.

Das OLG stellte fest, dass der Testamentsvollstrecker verfügungsbefugt sei (§ 2205 S. 2 BGB). Eine unentgeltliche Verfügung, die nach § 2205 S. 3 BGB unzulässig ist, läge jedenfalls nicht vor.

Das OLG führte hierzu aus, dass der Testamentsvollstrecker alle Handlungen vornehmen dürfe, die den Zwecken der Testamentsvollstreckung dienen und die (ohne Einsetzung des Testamentsvollstreckers) den Erben zukommen würden. Da eine unentgeltliche Verfügung des Testamentsvollstreckung schwebend unwirksam sei, sei das Grundbuchamt zwar grundsätzlich berechtigt, zu prüfen, ob der Testamentsvollstrecker die Grenzen seiner Verfügungsbefugnis nicht überschritten habe. Hierzu gehöre auch die Überprüfung, ob eine unentgeltliche Verfügung vorliege.Eine solche sei immer dann gegeben, wenn objektiv keine gleichwertige Gegenleistung in den Nachlass fließe.

Auch rechtsgrundlose Verfügungen könnten grundsätzlich als unentgeltliche Verfügungen angesehen werden. Richtig sei auch, dass der Testamentsvollstrecker Verbindlichkeiten für den Nachlass nur dann eingehen könne, wenn dies der ordnungsgemäßen Verwaltung entspräche (§ 2206 Abs. 1,S.1 BGB), denn sei dies nicht der Fall, bleibe die getroffene Maßnahme unwirksam. Dies gelte aber gem. § 2206 Abs. 1, S. 2 BGB eben gerade dann nicht, wenn der Testamentsvollstrecker eine Verbindlichkeit zu einer Verfügung über einen Nachlassgegenstand eingehe, zu der er berechtigt sei.

Wenn also ein Testamentsvollstrecker bei einem Kaufvertrag über Nachlassgegenstände seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwaltung verletze, führt das nicht zur Ungültigkeit des schuldrechtlichen Vertrages, es sei denn, dass die Pflichtverletzung als Treuebruch einzuordnen und das Verpflichtungsgeschäft deswegen nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sei. Dies wäre zum Beispiel der Fall wenn Testamentsvollstrecker und Käufer bewusst zum Nachteil des Nachlasses zusammengewirkt hätten.

Im vorliegenden Fall hätte der Testamentsvollstrecker aber entgeltlich über Nachlassgegenstände verfügt, so dass grundsätzlich auch davon auszugehen ist, dass diese Verfügung nicht rechtsgrundlos sei. Im vorliegenden Fall gäbe es keinen Anhaltspunkt für ein unmittelbares Zusammenwirken des Testamentsvollstreckers mit den Käufern.

Da nun in den Vertrag aufgenommen worden sei, dass der bereits an den Vermächtnisnehmer gezahlte Kaufpreis an den Nachlass zurückzuerstatten sei und auch Nachweise vorgelegt worden sei, dass dies geschehen sei, liege auch nicht ein Anhaltspunkt für ein Scheingeschäft vor.

Es wäre auch nicht zu unterstellen, dass der Testamentsvollstrecker vorhatte, diesen Kaufpreis gleichwohl den den Vermächtnisnehmer auszuzahlen. Dies würde letztlich auch zu einem Schadensersatzanspruch des Erben gegen den Testamentsvollstrecker führen.

Dem Grundbuchamt müsse es daher grundsätzlich bei seiner zulässigen Prüfung genügen, dass festgestellt werden könne, dass der Kaufpreis in den Nachlass gelangt sei.

Ob dieser dort verbleibt, könne das Grundbuchamt in keinem Fall prüfen.

Auch die Tatsache, dass der Testamentsvollstecker zunächst ein Vermächtnis erfüllen wollte, dessen Wirksamkeit zweifelhaft war, würde nicht den zwingenden Schluss zulassen, dass hier kein ordnungsgemäßes Verwaltungshandeln vorliege.

Für das Grundbuchamt sei nur entscheidend der konkrete, der Auflassung zugrunde liegende, Kaufvertrag.

Tipp des Fachanwalts für Erbrecht Stephan Konrad aus Bielefeld:

Die Möglichkeiten eines Testamentsvollstreckers, Verbindlichkeiten für den Nachlass einzugehen sind gegebenenfalls auch dann gegeben, wenn der Testamentsvollstrecker seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwaltung verletzt.

Eingeschränkt wird dies nur durch so grobe Verletzungen wie Treuebruch gemäß § 138 Abs.1 BGB.

Sollte dem Erben daher zur Kenntnis gebracht werden, dass sich ein Testamentsvollstrecker bei Grundstücksgeschäften so verhält, dass die ordnungsgemäße Verwaltung verletzt wird, wird er bei Anbahnung dieser Geschäfte durch den Testamentsvollstrecker Gegenmaßnahmen schnellstmöglich mit Hilfe eines Fachanwaltes ergreifen müssen und nicht darauf hoffen können, dass die Grundbucheintragung bei derartigen Geschäften scheitert.



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