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06.11.2015
Betreuerbestellung, Erbauseinandersetzung, Ergänzungsbetreuer, Erbengemeinschaft

Wann ist die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers zur Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft notwendig?

Mit dieser Frage hatte sich das Oberlandesgericht München in einem Beschluss vom 17.7.2015 (Az: 34 Wx 179/15) zu beschäftigen. Sind demnach an einem Nachlass mehrere Miterben in Erbengemeinschaft beteiligt und ist einer der Miterben der Betreuer eines anderen Miterben, so ist eine Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft ohne Bestellung eines Ergänzungsbetreuers nur möglich, wenn diese nach Maßgabe der gesetzlichen Regelungen erfolgt (§§ 2042 ff BGB). Eine (vertragliche) Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft durch Übertragung von Grundbesitz an einen Miterben gegen Zahlung von Ausgleichsbeträgen an die übrigen Miterben verstößt insofern gegen § 181 BGB, sodass die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers zwingend erforderlich ist, so das Oberlandesgericht München.

 

Sachverhalt

Im Grundbuch sind als Eigentümer zweier Miteigentumsanteile, verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung bzw. an einem Tiefgaragenstellplatz, der Beteiligte zu 1 und seine Ehefrau Christa K. je zu 1/2 eingetragen. Christa K. ist am 27.4.2006 verstorben und wurde laut Erbschein vom 21.9.2006 beerbt, von dem Beteiligten zu 1 zu 3/4 und von den Beteiligten zu 2 und 3 zu je 1/8. Der Beteiligte zu 3 steht unter Betreuung. Gerichtlich bestellter Betreuer, u. a. mit dem Aufgabenkreis Vermögenssorge, ist der Beteiligte zu 2.

Zu notarieller Urkunde vom 10.12.2014 setzten die Beteiligten zu 1 und 2, letzterer auch handelnd für den Beteiligten zu 3, die zwischen ihnen bestehende Bruchteils- und Erbengemeinschaft nach der verstorbenen Frau K. in der Weise auseinander, dass der Beteiligte zu 1 gegen Zahlung je eines gleich hohen baren Betrags an die Beteiligten zu 2 und 3 den vorgenannten Besitz und darüber hinaus einen weiteren, im Grundbuch eines anderen Amtsgerichts eingetragenen und ebenfalls zum Erbe gehörenden, Anteil an einem Wohnungseigentum zum Alleineigentum erhält. Nach der Erklärung der Vertragsteile besteht der Nachlass nur mehr aus diesen Miteigentumsanteilen. Der Notar wurde angewiesen, die Urkunde dem Grundbuchamt zur Eigentumsumschreibung erst dann vorzulegen, wenn der jeweilige Veräußerer die Bezahlung des jeweiligen Ablösebetrags bestätigt hat oder die Zahlung in anderer Weise dem Notar nachgewiesen ist (Ziff. VI. 2.). Unter Ziff. XV. verzichten die Mitglieder der Erben- und Bruchteilsgemeinschaft auf alle ihnen etwa zustehenden Ansprüche, soweit diese nicht in der Urkunde ihre Regelung gefunden haben. Zur Eigentumsumschreibung der gegenständlichen beiden Anteile legte der Notar am 21. und 30.4.2015 neben der Auflassungserklärung, der Verwalterzustimmung und der Unbedenklichkeitsbescheinigung die mit Rechtskraftbestätigung versehene betreuungsgerichtliche Genehmigung des Rechtsgeschäfts vom 10.12.2014 vor.

Das Grundbuchamt hat am 5.5.2015 mit fristsetzender Zwischenverfügung bemängelt, dass der Beteiligte zu 2 nicht als Vertreter des Beteiligten zu 3 für diesen wirksam rechtsgeschäftliche Erklärungen habe abgeben können. Dieser sei als Vertreter des Betreuten nämlich ausgeschlossen, weil er selbst Miterbe sei; die Erben tätigten untereinander gegenläufige Willenserklärungen; ein lediglich rechtlich vorteilhaftes Rechtsgeschäft für den Beteiligten zu 3 liege nicht vor. Die Genehmigung durch das Betreuungsgericht heile keine materiellen Mängel des genehmigten Rechtsgeschäfts. Für den Beteiligten zu 3 sei ein Ergänzungsbetreuer zu bestellen; dem Grundbuchamt sei ferner eine erneute betreuungsgerichtliche Genehmigung nachzuweisen, die das durch den Ergänzungsbetreuer genehmigte Rechtsgeschäft betrifft.

Hiergegen richtet sich die notariell eingelegte Beschwerde vom 28.5.2015. Es handele sich nicht um gegenläufige Willenserklärungen der Beteiligten zu 2 und 3 als Miterben, sondern um parallele Erklärungen, in diesem Fall sei aber § 181 BGB nicht anwendbar.

 

Entscheidung des OLG München

Das Grundbuchamt verlangt zu Recht die Mitwirkung eines Ergänzungsbetreuers, weil der an der Erbauseinandersetzung Beteiligte zu 2 gehindert ist, sein Betreueramt für den Beteiligten zu 3 auszuüben (§ 1908 i Abs. 1 Satz 1 iVm § 1795 Abs. 2, § BGB § 181 BGB).

Für die Erbauseinandersetzung und die Erlösverteilung liegt, wenn Betreuer und Betreuter Miterben sind, bei Abgabe der Willenserklärung durch den Betreuer ein Insichgeschäft nach § BGB § 181 BGB vor. Dessen Vertretungsmacht ist deshalb ausgeschlossen (§ 1795 Abs. 1 und 2, § BGB § 181 BGB), was es notwendig macht, einen (Ergänzungs-)Betreuer nach § BGB § 1899 Abs. BGB § 1899 Absatz 4 BGB zu bestellen. Zusätzlich hat das Betreuungsgericht zuzustimmen (§ 1908 i Abs. 1 iVm § 1821 Abs. 1 Nr. 1, § BGB § 1822 Nr. 2 BGB).

Anders wäre der Sachverhalt zu beurteilen, so das OLG München, wenn Betreuer und Betreuter einem volljährigen Miterben den gesamten Nachlass übereignen und letzterer sich verpflichtet, den Miterben jeweils eine bestimmte Abfindungssumme zu bezahlen. Hintergrund dafür bildet der Umstand, dass jeder der Miterben unabhängig vom anderen berechtigt wäre, gemäß § 2033 Abs. BGB § 2033 Absatz 1 BGB vertraglich seinen Erbanteil einem Dritten gegen einen bestimmten Preis zu übertragen. Wird nun der gesamte Nachlass in einem Vertrag übertragen, so stellt sich dies lediglich als eine Zusammenfassung mehrerer einzelner von den Miterben mit dem Erwerber getroffener Abmachungen dar, während vertragliche Vereinbarungen der übertragenden Miterben untereinander nicht bestehen.

Zutreffend verlangt das Grundbuchamt schließlich auch eine erneute betreuungsgerichtliche Genehmigung. Die am 15.1.2015 erteilte Genehmigung ging ins Leere. Sie konnte die fehlende Vertretungsmacht des Beteiligten zu 2 als Betreuers des Beteiligten zu 3 nicht ersetzen. Die Genehmigung setzt vielmehr die Vertretungsmacht des Betreuers voraus und muss hinzukommen, weil ohne sie die Vertretungsmacht des Betreuers nicht ausreicht.



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