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11.09.2014
Persönlichkeitsrecht - Schadensersatz bei Verletzung- Vererblichkeit

Vererblichkeit von Ansprüchen bei Verletzung des Persönlichkeitsrechtes

Der BGH hatte unter dem 29.04.2014 – VI ZR 246/12 – darüber zu entscheiden, ob auch Ansprüche des Erblassers wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung auf seine Erben im Wege der Universalsukzession übergehen.

Persönlichkeitsrechtsverletzungen zu Lasten des Erblassers

Der Entscheidung des BGH lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Über einen längeren Zeitraum von mindestens einem Jahr war über den Erblasser, einem anerkannten Unterhaltungskünstler, in einer Boulevardzeitschrift berichtet worden. Es wurde über den Tod eines nahen Angehörigen und die Reaktion des Künstlers auf diese Tatsache ausführlich berichtet. Die Art und Weise verletzte nach Ansicht des Künstlers sein Persönlichkeitsrecht.

Auch über den Gesundheitszustand des Künstlers wurde in gleicher Weise verletzend berichtet. Aufgrund dieser Artikel forderte der Künstler von dem Verlag, in dem die Zeitschrift erschien, eine Geldentschädigung in nicht unbeträchtlicher Höhe. Nachdem die Klage beim Landgericht eingereicht worden war, verstarb unmittelbar am darauf folgenden Tag der Künstler. Einen Monat später wurde die Klage zugestellt.

Der Erbe des Künstlers führte den Prozess als solchen fort.

Vor dem Landgericht (1. Instanz) und dem Oberlandesgericht (Berufungsinstanz) blieb die Klage ohne Erfolg.

Gründe der Entscheidung des Berufungsgerichts

Das Berufungsgericht hatte ausgeführt, dass es nicht darauf ankomme, ob die vom Erblasser beanstandeten Veröffentlichungen überhaupt einen Geldentschädigungsanspruch als Ausgleich für erlittene Persönlichkeitsverletzungen auslöse. Der Anspruch sei höchstpersönlicher Natur und deshalb nicht vererblich.

Das Berufungsgericht führte weiter aus, dass es nicht entscheiden müsse, wie die Angelegenheit zu bewerten gewesen sei, wenn der Anspruch noch zu Lebzeiten des Erblassers rechtshängig geworden wäre. Die Zustellung der Klage sei im vorliegenden Fall erst nach dem Tod des Erblassers erfolgt, und aus § 167 ZPO, der Regelungen für die Zustellung im Falle einer drohenden Verjährung betrifft, sei im vorliegenden Fall nichts anderes zu folgern, da diesem Paragrafen eine allgemeine Regelung, dass die Anhängigkeit einer Klage mit einer Rechtshängigkeit gleichzusetzen sei, nicht zu entnehmen wäre.

Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, da eine obergerichtliche Entscheidung bisher in Bezug auf diese Frage nicht ergangen war, und die Revision daher der Fortbildung der Rechtsprechung diene.

Entscheidung des BGH

Der BGH gab den Vorinstanzen insoweit Recht, dass ein Geldentschädigungsanspruch, der auf einer Persönlichkeitsrechtsverletzung beruhe, höchstpersönlich sei und nicht vererblich sei.

Zu den Gründen der Entscheidung

Bisher wurde höchstrichterlich die vorliegende Frage nicht entschieden. Im Schrifttum wurde diese unterschiedlich beurteilt. Autoren, die eine Vererblichkeit befürworteten, argumentierten insbesondere damit, dass ja ein Schmerzensgeldanspruch grundsätzlich vererblich sei. Eine unterschiedliche Behandlung von Schmerzensgeldansprüchen und dem Geldentschädigungsanspruch wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts widerspräche nach Auffassung dieser Autoren dem Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3, Abs. 1 GG.

Die Gegenauffassung stützte sich dagegen auf den Zweck der Geldentschädigung, der letztlich darin liegen würde, den grundsätzlich nicht vererblichen Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu schützen. Überdies solle die Genugtuungsfunktion des Geldentschädigungsanspruches die gerade dem Betroffenen -nämlich dem Verletzten- nicht aber dem Erben, der ja nur mittelbar betroffen sei, zukommen.

Der BGH hat sich dieser letzteren Auffassung angeschlossen.

Der BGH ist zwar der Auffassung, dass sich allein aus der Tatsache, dass das Persönlichkeitsrecht unauflöslich an die Person ihres Trägers gebunden sei und dadurch entsprechende Rechte unverzichtbar und unveräußerlich sind -also auch nicht übertragbar und vererblich-, diese Entscheidung nicht ergäbe. Die Unvererblichkeit ergibt sich nach Auffassung des BGH allerdings aus Natur und Zweck des Geldentschädigungsanspruches selbst.

Nach Auffassung des BGH ist der Grund für die grundsätzliche Unvererblichkeit der Ausschluss der Abtretbarkeit solcher Ansprüche dadurch gegeben, dass der Gesetzgeber diese Ansprüche als höchstpersönlich erachtet und somit ausschließlich an die Person des Berechtigten gebunden sind.

Auch zwischenzeitige Gesetzesänderungen in Bezug auf § 847 BGB führten nicht dazu -nach Auffassung des BGH-, dass die grundsätzliche Einstellung des Gesetzgebers sich geändert habe. Der BGH zieht insoweit Parallelen zum sog. "Kranzgeld", das bis Juli 1998 bestand. Hier lag die Abschaffung des § 13 Abs. 2 BGB a.F. (Kranzgeld) daran, dass das Kranzgeld als solches, nicht aber seine Unvererblichkeit abgeschafft werden soll.

Im Übrigen hebt der BGH noch einmal darauf ab, dass bei der Geldentschädigung im Falle einer Persönlichkeitsverletzung regelmäßig der Genugtuungsgedanke im Vordergrund stehen würde. Dem Verstorben kann allerdings nicht mehr Genugtuung verschafft werden und somit scheidet nach Rechtsprechung des BGH die Zuerkennung einer Geldentschädigung im Falle der Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsschutzes aus. Wenn also die Verletzung des Persönlichkeitsrechtes zu Lebzeiten des Verletzten erfolgt und dieser verstirbt, bevor sein Entschädigungsanspruch erfüllt worden ist, kann eine Genugtuung nicht mehr für den Verletzten erfolgen.

Soweit der Revisionsführer ausführte, dass der Geldentschädigungsanspruch diesbezüglich auch der Prävention diene, ist der BGH der Auffassung, dass dieses nicht zu einer anderen Beurteilung führen kann, da er dieser Aspekt nur untergeordnet sei.

Der BGH sah weder in der Entscheidung hinsichtlich der Unvererblichkeit einen Verstoß gegen § 1922 BGB (Universalsukzession) noch eine sachliche ungerechtfertigte Ungleichbehandlung im Sinne des Grundgesetzes.

Wie die Angelegenheit zu beurteilen sei, wenn der Geldentschädigungsanspruch bereits rechtshängig geworden wäre, entschied auch der BGH nicht.

Fachanwalt für Erbrecht Stephan Konrad aus Bielefeld weist auf Folgendes hin:

Festgestellt ist nunmehr lediglich, dass ein anhängiger aber noch nicht festgestellter und nicht rechtshängiger Geldentschädigungsanspruch wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechtes nicht auf den Erben übergeht und auch von diesem nicht weiterverfolgt werden kann.

Völlig unklar geblieben ist, ob der Erbe einen Anspruch weiterverfolgen kann, wenn dieser bereits gerichtlich geltend gemacht und dem Verletzer die diesbezügliche Klage zugestellt wurde. Auch in dieser Situation ergibt sich für den Erben ein erhebliches Risiko angesichts der Ausführungen des BGH, denn ist durchaus möglich, dass auch bei bereits bestehender Rechtshängigkeit eine entsprechende Klage nicht zum Erfolg führen wird, da letztlich der mit der Klage verfolgte Zweck, nämlich Genugtuungsfunktion, auch dann nicht mehr erreicht werden kann.



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