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16.8.2005

Benachteiligungsabsicht bei einer Schenkung auch dann, wenn lediglich Gleichberechtigung unter den Kindern hergestellt werden so

Der BGH hatte sich am 29.6.2005 (IV ZR 56/04) erneut mit der Frage zu beschäftigen, wann ein Erblasser, der sich durch Erbvertrag in seiner Nachfolge gebunden hatte, zu Lebzeiten Schenkungen an Dritte, insbesondere auch an seine Kinder, vornehmen darf.

Bei einem Erbvertrag, auch bei einem Ehegattentestament, handelt es sich in der Regel um sogenannte bindende Verfügungen. Klassisch ist die Konstellation, dass die Eheleute sich gegenseitig zu alleinigen Erben und beim Tod des Letztversterbenden die Kinder als Erben einsetzen. Der Erblasser hat sich damit in der Regel gegenüber seinem Ehegatten dahingehend festgelegt, dass zunächst der Ehegatte, bei seinem Tod die gemeinsamen Kinder sein Vermögen erhalten. Regelmäßig werden Erbvertrag oder Ehegattentestament gerade errichtet, um sicherzustellen, dass das Familienvermögen auch tatsächlich in der Familie bleibt.

Zwar ist der Erblasser nicht gehindert, neben der Deckung seiner eigenen finanziellen Bedürfnisse zu seinen Lebzeiten Schenkungen vorzunehmen; er bleibt also grundsätzlich in seinen Vermögensverfügungen frei. Dennoch ist derjenige, zu dessen Gunsten eine Bindung besteht, dahingehend geschützt, dass der Nachlass nicht beliebig durch Schenkungen ausgehöhlt werden darf. Dann nämlich würde die Bindungswirkung nichts mehr wert sein. Nur wenn der Erblasser ein anerkennenswertes Motiv, ein sogenanntes lebzeitiges Eigeninteresse, für seine Schenkung hat, hat sie in seinem Todesfall Bestand und der Beschenkte muss das Erhaltene nicht herausgeben

Im zu Grunde liegenden Fall bestand zwischen den Ehegatten ein Erbvertrag, der lediglich vorsah, dass der Längerlebende den Erstversterbenden beerbt. Weitere Anordnungen waren nicht getroffen. Kurz vor seinem von ihm erwarteten Tod verschenkte der Vater Geld an einen der beiden Söhne. Der andere Sohn hatte jahrelang ohne Miete zu bezahlen und von den Eltern unterstützt im Hause der Eltern gelebt. Nach dem Tod des Vaters forderte die Mutter dieses Geld zurück mit dem Argument, sie benötige dies für ihre Alterssicherung. Der beschenkte Sohn wandte ein, der Vater habe ihn lediglich zu seinem Bruder gleich behandeln wollen, da er durch das kostenlose Wohnen im Haus der Eltern ohnehin schon finanziell bevorteilt war.

Der BGH verneinte zunächst, dass die Schenkung einer sogenannten sittlichen Pflicht entsprach. Eine solche könne nicht angenommen werden, weil nicht erkennbar sei, dass der Erblasser dem beschenkten Sohn zu besonderem Dank zum Beispiel für erbrachte Pflegeleistungen oder ähnliches verpflichtet war. Auch sei kein grundsätzlich anerkennenswertes Motiv, dass ein Vater versuche, zwischen seinen Kindern Gleichberechtigung herzustellen. Dies liefe nämlich auf eine Korrektur des Erbvertrags zulasten der Mutter hinaus und heble die Bindungswirkung faktisch aus. Es gäbe andere rechtliche Möglichkeiten, einen gewissen Ausgleich zu schaffen, die der Erblasser hätte ergreifen können.



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