nach oben
24.4.2006

Umdeutung "gemeinschaftlichen Testaments" von Nichtehegatten

Ein gemeinschaftliches Testament kann gem. § 2265 BGB nur von Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnerschaften (§ 10 IV LPartG) errichtet werden. Im Fall des misslungenen Versuchs eines gemeinschaftlichen Testaments durch nicht verheiratete Personen, stellt sich Frage, ob die Verfügungen als einseitige Testamente aufrechterhalten werden können.

Im Fall des OLG Braunschweig hatten die Erblasserin und ihre Tochter ein notarielles Testament errichtet, indem sie sich gegenseitig zu Vorerben und die beiden Schwestern der Erblasserin als Nacherben einsetzten. Im Erbscheinsverfahren war zu klären, ob das wegen § 2265 BGB unwirksame Testament gem. § 140 BGB als wirksame einzeltestamentarische Verfügungen der Erblasserin und ihrer Tochter umgedeutet werden kann.

Es entsprach lange Zeit der herrschenden Meinung, dass zwischen wechselbezüglichen und nicht wechselbezüglichen Verfügungen zu differenzieren und die Aufrechterhaltung wechselbezüglicher Verfügungen im Wege der Umdeutung ausgeschlossen sei (so zuletzt OLG Hamm, NJW-RR 1996, 1290). Begründet wurde dies damit, dass das Wesen des gemeinschaftlichen Ehegattentestaments sich gerade nicht in der äußeren Verbindung der beiderseitigen letztwilligen Verfügungen erschöpft, sondern zusätzlich wesentlich von der Gemeinschaftlichkeit des Testierwillens der Ehegatten getragen wird. Dementsprechend kann in dem gemeinschaftlichen Ehegattentestament nicht lediglich eine äußere Hülle rechtlich selbstständiger Einzelverfügungen gesehen werden.

Die heute herrschende Meinung hält auch die Umdeutung wechselbezüglicher Verfügungen unter den allgemeinen Voraussetzungen des § 140 BGB für uneingeschränkt möglich, aber nur, wenn die Einzelverfügung der Erblasserin den Formerfordernissen eines Einzeltestaments genügt und ein entsprechender Wille beider Testierenden festzustellen ist (BGH, NJW-RR 1987, 1410; Palandt/Edenhofer, BGB, 65. Aufl., 2006, § 2265 Rdnr. 4). Ergibt die Auslegung, dass der Testierende, der im angestrebten gemeinschaftlichen Testament seinen Willen formgerecht erklärt hat, bei Kenntnis von dessen Unwirksamkeit eine gleich lautende einseitige letztwillige Verfügungen getroffen hätte, dann kann seine wechselbezügliche Verfügung als Einzeltestament aufrechterhalten werden. Das OLG Braunschweig entnahm dem Wortlaut des Testaments und den Begleitumständen einen entsprechenden hypothetischen Erblasserwillen und deutete das unwirksame gemeinschaftliche Testament in ein wirksames Einzeltestament der Erblasserin um.

Praxishinweis: Das �gemeinschaftliche Testament� von Verlobten, Geschwistern oder sonstigen Nichtehegatten ist als solches nichtig. Diesen Personen steht deshalb nur die Möglichkeit zur Verfügung, entweder zwei getrennte Einzeltestamente zu errichten oder durch notariellen Erbvertrag zu verfügen.

(OLG Braunschweig, Beschluss vom 21.4.2005 � 2 W 225/04 = NJW-RR 2005, 1027)

← zurück
Netzwerk Deutscher Testamentsvollstrecker e.V. Erbrechtsmediation Erbrechtsakademie