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11.11.2006

Erbrechtsberatung durch Banken - Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz

Eine Kundin der beklagten Bank wollte einen Teil ihres Vermögens auf ihren Sohn übertragen. Ein Mitarbeiter der Zentrale der Bank, ein Jurist, besprach mit der Kundin die Verwaltung ihres Vermögens für den Fall ihres Todes. Nach dem Gespräch erstellte der Mitarbeiter einen Entwurf für ein Testament und eine Stiftungssatzung. Beide Entwürfe leitete er einem Rechtsanwalt namens und im Auftrag der beklagten Bank zur Prüfung weiter, der sie nach Überprüfung der Kundin übersandte. Nach einem weiteren Gespräch mit der Kundin arbeitete der Mitarbeiter Barvermächtnisse in den Testamentsentwurf ein und modifizierte die Stiftungssatzung. Die neuen Entwürfe übersandte er anschließend direkt an die Kundin.

Das Landgericht Freiburg und das OLG Karlsruhe sahen darin einen Verstoß gegen Artikel 1 § 1 RBerG und verurteilten die beklagte Bank, es zu unterlassen, auf dem Gebiet des Erbrechts beratend und/oder rechtsbesorgend für Dritte tätig zu werden, indem sie in Fragen von Testamentserrichtungen inhaltlich berate, Testamentsentwürfe erstelle oder überarbeite, sowie Satzungen für Stiftungen erstelle.

Die Urteile gründen darauf, dass die inhaltliche Beratung in Fragen der Testamentserrichtung der rechtlichen Umsetzung des Willens des Erblassers dient. Das ist kein wirtschaftlicher bankenspezifischer Vorgang, sondern Rechtsgestaltung. Die rechtsberatende bzw. rechtsbesorgende Tätigkeit der Bank wird durch die Übersendung der Entwürfe des Testaments und der Stiftungssatzung an einen Rechtsanwalt nicht zu einer Rechtsberatung dieses Rechtsanwaltes gegenüber der Kundin. Beratung und Erstellung der Entwürfe einerseits und rechtliche Prüfung andererseits sind zwei unterschiedliche, jeweils unter das Rechtsberatungsgesetz fallende Dienstleistungen. Indem der Bankmitarbeiter den Willen der Kundin ermittelte und auf dieser Grundlage einen Testamentsentwurf fertigte, determinierte er die vorzunehmende Rechtsgestaltung. Die nachfolgende rechtliche Prüfung konnte nur einer Fehlerkontrolle dienen, denn der Rechtsanwalt musste sich auf die Angaben des Mitarbeiters zu den persönlichen Verhältnissen und den Gestaltungswünschen der Kundin verlassen. Die erbrechtliche Beratung und die Errichtung und Überarbeitung von Testamentsentwürfen haben mit Bankgeschäften nichts zu tun. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 09.11.2006 - 4 U 174/05 -

Quelle: Pressemitteilung des OLG Karsruhe vom 09.11.2006



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