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16.3.2007

Justizministerin Zypries will das Erbrecht reformieren

Leichter Enterben - Letzter Wille entscheidet
Justizministerin Zypries will das Erbrecht reformieren und es Erblassern erleichtern, missliebige Angehörige auch vom Pflichtteil auszuschließen. Schenkungen zu Lebzeiten sollen begünstigt, Pflegeleistungen berücksichtigt werden.
Der letzte Wille in einem Testament soll künftig noch stärkeres Gewicht erhalten und �unwürdige Erben� sollen eher leer ausgehen. Das ist einer der Kernpunkte einer Reform des Erbrechts, die Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) am Freitag vorgestellt hat. Nach dem Gesetzentwurf sollen auch Angehörige besser gestellt werden, die einen Verwandten vor seinem Tod lange Zeit gepflegt haben. Geplant ist auch, Schenkungen des Erblassers zu Lebzeiten besser zu behandeln. Der Entwurf soll nun zunächst in der Bundesregierung diskutiert werden.
Zypries will vor allem Änderungen im so genannten Pflichtteilrecht vornehmen. Dieses gewährt Angehörigen auch dann einen Erbanspruch, wenn der Erblasser sie durch Testament oder Erbvertrag eigentlich nicht als Erben vorgesehen hat. Der Pflichtteil liegt in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils. Beispiel: Stirbt ein verheirateter Ehemann mit einem Sohn, beträgt der Pflichtteilanspruch des Sohns ein Viertel des Nachlasses.
Bislang war eine Pflichtteilentziehung durch ein Testament nur dann möglich, wenn der Pflichtteilberechtigte dem Erblasser �nach dem Leben getrachtet� oder ihn schwer misshandelt hat. Künftig soll für eine Enterbung schon eine rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr ohne Bewährung ausreichen, �wenn es für den Erblasser unzumutbar ist, dem Verurteilten seinen Pflichtteil zu belassen�. Zu denken ist etwa an Fälle, in denen der Erblasser bestohlen oder betrogen wurde.
Große praktische Bedeutung dürfte die geplante neue Privilegierung von Schenkungen haben. Oft verschenken Personen schon zu Lebzeiten größere Vermögenswerte etwa an Nachbarn, die sich um sie im Alter gekümmert haben. Über diese Schenkungen schwebte bislang der so genannte Pflichtteilergänzungsanspruch. Bis zu zehn Jahren konnte der Pflichtteilberechtigte verlangen, dass das verschenkte Vermögen in den Nachlass kommt. Pflichtteilberechtigte wurden dann so gestellt, als ob es die Schenkung nicht gegeben hätte und konnten denjenigen Geldbetrag verlangen, der ihrem vollem Pflichtteil entsprochen hätte.
Die Reform sieht nun vor, dass die Schenkung für die Pflichtteilberechnung graduell immer weniger Berücksichtigung findet, je länger sie zurück liegt. Eine Schenkung im ersten Jahr vor dem Erbfall würde voll in die Berechnung des Nachlasses einbezogen, zwei Jahre davor jedoch nur noch zu 9/10 und in jedem weiteren Jahr um je ein Zehntel weniger.
Zypries will die Pflege von Angehörigen im Erbrecht besser honorieren. Zwei Drittel aller Pflegebedürftigen werden zu Hause versorgt, über die finanzielle Seite wird dabei selten gesprochen, sagte die Ministerin. Trifft der Erblasser auch in seinem Testament keine Ausgleichsregelung, geht der pflegende Angehörige heute oftmals leer aus. Erbrechtliche Ausgleichsansprüche gibt es nur für einen Abkömmling, der unter Verzicht auf berufliches Einkommen den Erblasser über längere Zeit pflegt.
Künftig soll der gesetzliche Erbe auch dann einen Ausgleich für Pflegeleistungen erhalten, wenn er nicht auf berufliches Einkommen verzichtet. Die Bewertung der Leistungen wird sich an der gesetzlichen Pflegeversicherung orientieren.
Beispiel: Die verwitwete kinderlose Erblasserin wird von ihrer nicht berufstätigen Schwester gepflegt. Die Erblasserin stirbt, ohne ein Testament hinterlassen zu haben. Der Nachlass beträgt 100.000 Euro. Die Pflegeleistungen sind mit 20000 Euro zu bewerten. Derzeit erben die Schwester und der Bruder je zur Hälfte. Künftig kann die Schwester einen Ausgleich für ihre Hilfe beanspruchen. Von dem Nachlass wird zu ihren Gunsten der Ausgleichbetrag abgezogen und der Rest nach der Erbquote verteilt (100.000 Euro minus 20.000 Euro). Von den 80.000 Euro erhalten beide die Hälfte. Im Ergebnis bekommt die Schwester 60.000 Euro.
(Quelle:www.welt-online.de)



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