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23.07.2007
Erbteilungsklage alternativ Vermittlungsverfahren

Die Erbteilungsklage

Scheitert eine Einigung der Miterben über die Aufteilung des Nachlasses, kann jeder Miterbe als letztes Mittel die Nachlassteilung mittels Klage erzwingen. Der Berater muss dabei den Antrag mit höchster Sorgfalt vorbereiten, um Haftungsrisiken zu vermeiden.

I. Ohne Teilungsreife keine Erbteilungsklage
Eine Erbteilungsklage, deren Ziel die Auseinandersetzung des gesamten Nachlasses ist, hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn der Nachlass teilungsreif ist. Teilungsreife liegt vor, wenn sämtliche Nachlassverbindlichkeiten erfüllt sind (§ 2046 BGB) und der dann noch vorhandene Rest des Nachlasses entsprechend den Erbquoten in gleichartige Teile ohne Wertverlust aufgeteilt werden kann (§§ 2042 II, 752 BGB). Dabei müssen vorrangig Teilungsanordnungen des Erblassers und ausgleichungspflichtige Vorempfänge gem. §§ 2050 ff. BGB berücksichtigt werden (Berechnungsschema bei Enzensberger/Klinger, NJW-Spezial 2006, 61). Ist eine Teilung des Nachlasses in Natur (§ 2042 II BGB i.V.m. § 752 S. 1 BGB) ausgeschlossen und sind sich die Erben über einen freihändigen Verkauf nicht einig, ist der Nachlass noch nicht teilungsreif. Deshalb muss vor Erhebung der Teilungsklage bei Nachlassimmobilien die Teilungsversteigerung (§§ 180 ff. ZVG) und bei beweglichen Sachen der Pfandverkauf (§§ 1233 ff. BGB) durchgeführt werden (so zutreffend Krug in: Bonefeld/Krug/Kroiß, Der Erbprozess, 2. Aufl., 2005, Kap. 3, Rdnr. 385; a.A. Steiner, ZEV 1997, 90, 91).

II. Voraussetzungen der Erbteilungsklage
Eine Teilungsklage hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn ein dezidierter Teilungsplan aufgestellt worden ist (OLG Düsseldorf, FamRZ 2000, 1049). Der Klageantrag stellt ein Angebot des teilungswilligen Miterben auf Abschluss eines Auseinandersetzungsvertrages dar. Das gerichtliche Urteil ersetzt gem. § 894 ZPO die Zustimmung der anderen, nicht teilungswilligen Miterben zum vorgelegten Teilungsplan. Nach allgemeiner Ansicht können mit der Teilungsklage auch Anträge auf dinglichen Vollzug verbunden werden; dieses Vorgehen ist auch empfehlenswert, um das etwas umständliche Verfahren nach § 2042 BGB effizienter zu machen (Werber, Die Erbengemeinschaft, 1. Aufl. 2006, Rdnr. 25). Für die Zulässigkeit der Erbteilungsklage dürfen keine Klageausschlussgründe gem. den §§ 2043 – 2045 BGB vorliegen. Vor Klageerhebung muss weder das Vermittlungsverfahren beim Nachlassgericht nach §§ 86 FGG (Palandt/Edenhofer, BGB, 66. Aufl., 2007, § 2042, Rdnr. 16 - jetzt nach den §§ 363 ff. FamFG dem Noar übertragen) noch ein Erbscheinserteilungsverfahren (vgl. Steiner, ZEV 1997, 89, 90) durchgeführt werden.
Ein Anspruch auf Teilerbauseinandersetzung gegen den Willen eines Miterben besteht nur ausnahmsweise für den Fall, wenn besondere Gründe vorliegen und die Belange der Erbengemeinschaft nicht beeinträchtigt werden (BGH, WM 1965, 1155; zur Teilauseinandersetzung vgl. Klinger/Roth, NJW-Spezial 2006, 541).

Für die Teilungsreife soll es nach überwiegender Ansicht ausreichend sein, wenn sich die Frage der Nachlasszugehörigkeit von Aktiva und Passiva des Nachlasses zumindest als Vorfrage im Auseinandersetzungsprozess klären lässt (LG Karlsruhe, NJW 1974, 956; KG NJW 1961, 733; LG Münster, NJOZ 2004, 257; Steiner, ZEV 1997, 89, 90).

Sind minderjährige Erben beteiligt, ist u.U. nach §§ 1821 Nr. 1, 3 BGB eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung vor der Entscheidung beizubringen (Palandt/Edenhofer, § 2042, Rdnr. 16). Bei unbekannten Miterben ist ein Pfleger zu bestellen, sofern die Voraussetzungen einer Abwesenheitspflegschaft (§ 1961 BGB) vorliegen (dazu Steiner, ZEV 1997, 89, 90).

III. Hilfs- und Feststellungsanträge zur Reduzierung des Prozessrisikos
Erbteilungsklagen sind für den Berater außerordentlich haftungsträchtig, da prozessrechtliche Voraussetzung die Bestimmtheit des Klageantrags (§ 253 II Nr. 2 ZPO) ist. Das Gericht darf den vom Kläger vorgelegten Teilungsplan nicht von sich aus abändern (KG, NJW 1961, 733) und muss deshalb bei mangelnder Teilungsreife des Nachlasses die Erbteilungsklage abweisen (BGH FamRZ 1984, 688; OLG Karlsruhe, NJW 1974, 956; LG Erfurt, ZEV 1998, 391). Es empfiehlt sich deshalb, neben dem Hauptantrag auf Zustimmung zum vorgelegten Teilungsplan, mehrere Hilfsanträge mit den in Betracht kommenden Varianten zu stellen und darüber hinaus das Gericht zu bitten, Hinweise gem. § 139 ZPO zu geben, wenn es in bestimmten Details abweichen will (Werber, a.a.O., Rdnr. 224; KG, NJW 1961, 733).

Bestehen Unklarheiten über Umfang und Teilbarkeit des Nachlasses nach §§ 752, 753 BGB, kann der teilungswillige Miterbe eine Feststellungsklage hinsichtlich einzelner Streitpunkte erheben, wenn dies einer sinnvollen Klärung der Grundlagen der Erbauseinandersetzung dient. Die Rechtsprechung hat hierfür ein Feststellungsinteresse anerkannt (BGH, NJW-RR 1990, 1220). Vorfragen, die mittels Feststellungsklage geklärt werden können, sind z.B. Ausgleichungspflichten gem. §§ 2050 ff. BGB (BGH, FamRZ 1992, 665; OLG Koblenz, FamRZ 2002, 1513), Verwaltungsmaßnahmen der Miterben (§ 2038 BGB), die dingliche Surrogation (§ 2041 BGB), Nachlassforderungen (§ 2039 BGB), Teilungsanordnungen (§ 2048 BGB) oder Vorausvermächtnisse (§ 2150 BGB). Die Feststellungsklage kann auch auf einzelne, widerstrebende Miterben beschränkt werden (Palandt/Edenhofer, § 2042, Rdnr. 16). In einer begrüßenswert pragmatischen Entscheidung hat das OLG Frankfurt (NJW 1977, 235) statt einer Auseinandersetzungsklage die Zahlungsklage für zulässig angesehen, wenn der Sachverhalt weitgehend geklärt ist und der Erblasser durch seine testamentarischen Verfügungen einen Auseinandersetzungsvertrag antizipiert hat und deshalb die schuldrechtliche Bindung der Parteien bereits durch das Testament begründet worden ist.

Formularmuster zu Haupt-, Hilfs-, Feststellungs- und Leistungsanträgen bei einer Erbteilungsklage finden sich bei Klinger/Erker/Oppelt, Münchener Prozeßformularbuch Erbrecht, 1. Aufl., 2004, Form. K.VI.

IV. Checkliste für eine Erbteilungsklage
Zusammenfassend sind bei einer Erbteilungsklage im Wesentlichen folgende Punkte zu beachten (weitere Checklisten bei Krug, a.a.O., Rdnrn. 389, 390; Sarres, Die Erbengemeinschaft, 2. Aufl., 2006, Rdnr. 221; Steiner, ZEV 1997, 89):

  • Keine Teilungsverbote kraft Gesetz (§§ 2043 – 2045 BGB), durch Vereinbarung der Erben oder letztwilliger Anordnung des Erblassers
  • Genehmigungserfordernisse beachten
  • Erfassung des gesamten Nachlasses im Teilungsplan; grds. keine Teilauseinandersetzung
  • sämtliche Nachlassverbindlichkeiten berichtigen bzw. Rückstellungen hierfür bilden
  • Verteilung entsprechend der Teilungsquote in Natur; ist dies nicht möglich, vorher Pfandverkauf bzw. Teilungsversteigerung durchführen
  • Teilungsanordnungen des Erblassers beachten
  • ausgleichungspflichtige Vorempfänge berücksichtigen
  • streitige Vorfragen durch Feststellungsklagen klären
  • Hilfsanträge für alternative Teilungsmöglichkeiten zur Reduzierung des Prozessrisikos stellen.


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