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16.2.2009

Pflichtteilsergänzungsansprüche bezüglich Abfindungsleistungen im Rahmen eines Erbverzichts?

In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass im Zuge von Nachfolgeregelungen oder Auseinandersetzungen von bestehenden Erbengemeinschaften Erbverzichtverträge als eine Komponente der Regelung vereinbart werden.

Schließt jemand einen Erbverzicht ab, verzichtete er auf sein gesetzliches Erbrecht; infolge dieses Verzichts wird er behandelt, als habe er nie existiert, so dass sich die Quoten der anderen Erben und infolgedessen auch Pflichtteilsberechtigten entsprechend erhöhen. Bei bloßer Abgabe eines Pflichtteilsverzichts kommt es zu einer Erhöhung bei den anderen gesetzlichen Erben beziehungsweise Pflichtteilsberechtigten nicht, weswegen in der Gestaltungspraxis der bloße Pflichtteilsverzicht als vorzugswürdig erscheint.

In dem vom BGH im Dezember 2008 entschiedenen Fall hatte eine gesetzliche Erbin auf ihr gesetzliches Erbrecht nach ihren Eltern verzichtet, hierfür jedoch eine Abfindung erhalten. Sie war eine von zwei Töchtern, wobei die Mutter durch Testament ihre Enkelin, Tochter der verzichtenden Tochter, zu alleinigen Erbin einsetzte. Nun machte die enterbte andere Tochter gegenüber ihrer Nichte Pflichtteilsansprüche und Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend, wobei sie bei Berechnung der Pflichtteilsergänzungsansprüche die Abfindung zu ihren Gunsten berücksichtigt wissen wollte.

Das Gericht entschied nun, dass die Abfindung unter Rücksichtnahme auf die durch das Ausscheiden der zweiten Tochter bedingte Quotenerhöhung jedenfalls dann abgegolten sei, wenn die seinerzeitige Abfindung in dem Zeitpunkt, als sie vereinbart wurde, in etwa den Gegenwert des Erbteils wiederspiegelt.

Nur dann, wenn die Abfindung wertmäßig höher liege als der Gegenstand des Verzichts, könnten hieraus Pflichtteilsergänzungsansprüche erwachsen. Dass dem so ist habe zwar der Pflichtteilsberechtigte zu beweisen, könne sich hierbei der in anderem Zusammenhang entwickelten Beweiserleichterung berufen. Zu Gunsten des Pflichtteilsberechtigten werde eine pflichtteilsergänzunsrelevant Schenkung vermutet, soweit zwischen Leistung und Gegenleistung ein objektives, über ein geringes Maß deutlich hinausgehendes Missverhältnis besteht.

In der Praxis wird diese Entscheidung Klagen auf weitergehende Pflichtteilsergänzung Tür und Tor öffnen. So mancher Pflichtteilsergänzungsberechnung der wird sich nun auf die Beweiserleichterung stützen, um so »doppelt« zu partizipieren.

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