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20.11.2010

Die Auskunftspflicht der Erben in der Schweiz

Darüber wird oft gestritten. Eine klassische Ausgangslage sieht etwa wie folgt aus: Ehescheidung Schulze-Müller mit unbeheilten Wunden, Kleinkinder wurden der Mutter zugewiesen, zum leiblichen Vater mit oder ohne Mithilfe der Mutter haben sie keinen Kontakt, der Vater fühlt sich als reiner Zahlvater. Die Nachkommen wollen später nicht unbedingt studieren, doch ermuntert sie die Muitter nicht bloss aus reinem Prestige nachhaltig, so lässt sich auch der geschiedene Ehemann nochmals zur Kasse bitten. Der vergraulte Ehemann hat sich inzwischen wieder gebunden und nach langer Bedenkheit heiratet er nochmals. Finanzielll muss er aber nochmals neu beginnen. Erst nach Jahren und bloss dank Teilzeitbeschäftigung der 2. Ehefrau brachten es Schulzes wieder auf den berühmten grünen Zweig.Es brachte weitere Jahre, bis sie den Punkt erreichten, wo sie ein Haus erwerben und sich Ferien nicht bloss mit Verpflegung aus dem Rucksack leisten konnten. Was aber Schulze mit seiner 1. Ehefrau erlitten hat, will nicht nochmals erleben und den Kindern auch was 'heimzahlen'.So orientiert er sich auch rechtlich neu. Das inzwischen gekaufte Haus auf die 2. Frau im Grundbuch eingetragen, auch wenn er das Eigenkapital aufgebrachte und den Unterhalt bestritt. Weil er im 45. Altersjahr die vorsorgeansprüche zu teilen hatte und nach der Scheidung mit leeren Händen, aber mit Altlasten neu beinnen musste, leistete er der Partnerin und späteren Frau laufend Beiträge in ihre Pensionskasse. Kurz vor der Pensionierung stirbt Schulze, die Nachkommen stehen schon bereit und reklamieren ihr Erbe. Was aber gibt es für die Nachkommen zu erben? Das Haus gehört der Frau und die volljährigen und ausgebildeten Nachkommen haben auch keine Ansprüche in die Pensionskasse. Die Betrachtung ist zu oberflächlich und hält einer Prüfung nicht Stand. Eine güterrechtliche Auseinandersetzung und die Feststellung einer Erbmasse, eines gesetzlichen Erbteiles oder bloss Pflichtteiles haben noch gar nicht stattgefunden. Was steht also der 2. Frau Schulze und den Nachkommen bevor?

Nach Artikel 607 III und 610 II Schweizerisches Zivilgesetzbuch (ZGB, es gab auch ein ZGB in der DDR!) haben sich die Erben, die 2. Ehefrau und die Nachkommen aus 1. Ehe, alles mizuteilen, was für die Teilung notwendig ist. Sinngemäss gilt dies auch nach BGB 2057. Das schliesst die die Vorlage von Dokumenten, Verträgen, Bankverbindungen mit Konten, Depots,Schliessfächer, Versicherungsunterlagen mit ein. Auch wenn Frau Schulze dies nicht versteht oder als Unverschämtheit betrachtet, die Nachkommen können den Kaufvertrag für das Haus, den Zahlungsvorgang für den Erwerb, die ganze Aeufnung des Vorsorgeguthabens von ihr verlangen.

Die Durchsetzung des Informationsanspruches stösst nie auf Gegenliebe, sie kann gar zur Detektivarbeit werden. Die Auskunftspflicht war immer im ZGB, seit über 100 Jahren vorgesehen, war in der Literatur nie umstritten, blieb aber in der Praxis oft wenig beachtet. Das hat sich grundlegend geändert. Heute besteht dafür sogar das sogenannte summarische Verfahren vor dem Einzelrichter. Damit ist es möglich, eine Urkunde oder einen Vorgang innert 2 Monaten zu beschaffen oder zu klären. Der Richter verurteilt einen Erben, oder auch eine Bank,  unter Bussandrohnung die Gegenpartei Auskunft zu erteilen und Belege beizubringen.  Dieses einfache Verfahren ist in der Praxis von grösstem Wert.

Dr. Bruno Eugster, dipl Steuerexperte und Fachanwalt Erbrecht SAV



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