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10.7.2012

Erlöschen des Pflichtteilsentziehungsrechtes

Nach § 2333 BGB hat ein Erblasser die Möglichkeit, seinen Kindern das Pflichtteil zu entziehen.
Dies ist allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich, z.B. wenn ein Kind dem Erblasser selbst oder einem nahen Verwandten nach dem Leben trachtet, oder sich eines sonstigen Verbrechens oder schweren vorsätzlichen Vergehens gegen diese Personen schuldig gemacht hat.
Darüber hinaus kann es auch einen Pflichtteilsentzug geben, wenn dieses Kind dem Erblasser gegenüber bestehende Unterhaltspflichten böswillig verletzt hat.
Letztlich kann eine Entziehung auch dann vorgenommen werden, wenn das Kind eine Straftat begangen hat und wegen dieser Straftat zu mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe ohne Bewährung rechtskräftig verurteilt wurde und es dem Erblasser dann auch unzumutbar ist, dem Kind einen Teil des Nachlasses zu überlassen.
Nach § 2337 BGB erlischt dieses Recht, wenn dem Kind verziehen worden ist.
Über einen solchen Fall der Pflichtteisentziehung Fall hatte das OLG Nürnberg zu entscheiden.
Ein Erblasser hatte seinem Sohn das Pflichtteil entzogen, da dieser erhebliche Straftaten begangen hatte und aufgrund dieser Straftaten inhaftiert worden war.
In einem Verfahren, in dem der Sohn nach dem Tod seines Vaters dann seinen Pflichtteil geltend machte, wurde festgestellt, dass zwischen dem Sohn und dem Erblasser auch während der Haftzeit ein recht intensiver Briefverkehr aufrechterhalten wurde.
Nach der Haftentlassung kam es mehrfach zu Kontakten mit dem Erblasser.
Sohn und Vater hatten sich auch nach der Haftentlassung - während schwerer Erkrankungen beider Parteien - häufig besucht und gegenseitige Sorge über den jeweiligen Krankheitszustand zum Ausdruck kommen lassen.
Eine ausdrückliche Verzeihung im Sinne von § 2337 BGB war zwar nicht erklärt worden, und allein aus dem Briefverkehr oder den gegenseitigen Besuchen oder den Kontakten war noch keine Verzeihung zu begründen.
In der Gesamtschau ging der Senat jedoch davon aus, dass durch den brieflichen Kontakt, die persönlichen Besuche sowie die gegenseitige Anteilnahme ein Wandel im Verhältnis des Erblassers zu seinem Kind insgesamt "im Sinne eines Wiederauflebens von normalen familiären Beziehungen" stattgefunden habe.
Dies reiche für eine Verzeihung aus, da im Sinne des § 2337 weder eine Versöhnung noch ein besonders inniges Verhältnis zwischen Erblasser und Abkömmlingen vorausgesetzt werde.
Aufgrund der hier festgestellten Verzeihung sei das Recht zum Entzug des Pflichtteils erloschen.
Auch ein nachträglicher Sinneswandel des Erblassers könne dieses Recht nicht neu begründen.
Der Erblasser muss lediglich zum Ausdruck gebracht haben, dass der Grund, der ihn zum Pflichtteilsentzug veranlasst hatte, so nicht mehr besteht und er hieraus keine Folge mehr herleiten will.


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