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9.11.2012

Anzuwendendes Erbrecht nach einem in Deutschland verstorbenen türkischen Staatsangehörigen

Verstirbt ein ausländischer Staatsbürger in Deutschland, so wird er aus deutscher Sicht nach den Regeln seines Heimatrechtes beerbt. Es wird also beispielsweise ein in Deutschland lebender Italiener nach italienischem Erbrecht beerbt.

Hiervon gibt es jedoch Ausnahmen. Am 29.05.1929 wurde ein Konsularvertrag zwischen der türkischen Republik und dem Deutschen Reich, der immer noch Geltung hat, abgeschlossen. Nach dem Konsularvertrag richtet sich die Erbfolge für unbewegliches Vermögen (Immobilien) nach den Regelungen des Landes, in dem sich das unbewegliche Vermögen befindet. Dies bedeutet: verstirbt ein Deutscher und hinterlässt er in der Türkei ein Grundstück, so sind für dieses Grundstück die türkischen Erbrechtsregelungen anzuwenden.

Der Bundesgerichtshof hatte sich mit Beschluss vom 12.09.2009 mit einer ähnlichen Fallgestaltung zu befassen. Ein türkischer Staatsangehöriger hatte in Deutschland unbewegliches Vermögen hinterlassen. Nach dem Konsularvertrag ist für das in Deutschland liegende Vermögen deutsches Recht anzuwenden. Da der türkische Staatsangehörige kein Testament erstellt hatte, beurteilt sich die Erbfolge bezüglich dieser Immobilie also nach deutschem Recht.

Der Bundesgerichtshof wies des Weiteren richtigerweise darauf hin, dass das bewegliche Vermögen (z.B. Bankguthaben, Gegenstände, wie z.B. Auto etc.) nach dem Konsularvertrag nach der Staatsangehörigkeit des Erblassers vererbt wird. Dies bedeutet, dass im vorliegenden Fall beispielsweise das Bankguthaben des Erblassers in Berlin des nach türkischem Recht vererbt worden ist. Hier ist zu beachten, dass die Erbquoten in der Türkei unterschiedlich zu den Deutschen sind.

 

Expertentipp:

Bei einem Erbfall mit Bezug zur Türkei ist immer der deutsch-türkische Konsularvertrag von 1929 zu beachten. Auf Grund der unterschiedlichen Regelungen für unbewegliches und bewegliches Vermögen kann er – wie im vorliegenden Fall – zu einer sog. Nachlassspaltung führen. Eine Nachlassspaltung liegt vor, wenn Vermögen, das sich in unterschiedlichen Ländern befindet, nach unterschiedlichen Regelungen vererbt wird.



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