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27.3.2015
Bindungswirkung eines Ehegattentestaments (Berliner Testament)

Bindungswirkung bei Versterben eines als Erbe eingesetzten Kindes

Ein gemeinschaftliches Testament, in dem sich die Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben und die Kinder als Schlusserben einsetzen, erlangt mit dem Tod des Erstversterbenden i.d.R. Bindungswirkung, d.h. eine Änderung der Schlusserben ist dem überlebenden Ehegatten nicht mehr möglich.

Das Kammergericht Berlin hatte nun darüber zu entscheiden, ob die Schlusserbeneinsetzung auch bindend und damit vom überlebenden Ehegatten nicht mehr abänderbar ist, wenn eines der beiden als Schlusserben eingesetzten Kinder vor dem zweiten Ehegatten verstirbt.

Entscheidung des Kammergericht Berlin (Urteil vom 19.12.2014- Az 6 W 155/14):
In dem zu entscheidenden Fall hatten sich die Eheleute mit gemeinschaftlichem Testament vom 16.12.2002 gegenseitig zu Alleinerben und ihre gemeinsamen Kinder, als Schlusserben eingesetzt. Kurz nach dem Tod der Ehefrau im Jahre 2008 verstarb auch der Sohn. 2013 verfasste der Ehemann ein neues Testament und enterbe sowohl seine Tochter als auch seinen Enkel, den Sohn des vorverstorbenen Sohnes.


Nach dem Tod des Vaters beantragte die Tochter einen Erbschein, der sie als Alleinerbin auswies. Dieser wurde sowohl vom Nachlassgericht als auch im Beschwerdeverfahren vom KG Berlin zurückgewiesen. Zwar sei die Tochter durch das eigenhändige Testament des Erblassers aus 2013 nicht enterbt worden, da diese Anordnung aufgrund der eingetretenen Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments ohne Wirkung geblieben sei. Hinsichtlich des hälftigen Erbanteils ihres verstorbenen Bruders sei sie jedoch nicht Erbin geworden.


Die Frage, wer im Falle eines vorzeitigen Wegfalls des Erben in dessen Stellung nachrückt, ist durch Auslegung des Testaments zu ermitteln und zu klären, welche Regelung die Ehegatten getroffen hätten, wenn sie den Tod des Sohnes bedacht hätten. Es war daher die Frage zu klären, ob sie in diesem Falle ihre Tochter zur Alleinerbin eingesetzt oder ihren Enkel als Abkömmling des vorverstorbenen Sohnes als Ersatzerbe benannt hätten. Da das Testament für keine dieser Varianten einen hinreichenden Anhaltspunkt gab, entschied das Kammergericht, dass der Erblasser nach dem Tod des Sohnes hinsichtlich dessen hälftigen Nachlassteils von der Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments frei geworden sei. Ihm stand es daher frei, - wie im handschriftlichen Testament geschehen - die Enterbung der Tochter hinsichtlich des Erbanteils des Bruders anzuordnen und damit die Anwachsung zu verhindern. Die Tochter erbte damit nur den hälftigen Anteil, also den Anteil den sie neben ihrem Bruder gemäß dem Ehegattentestament hätte.


Tipp des Fachanwalts für Erbrecht Martina Klose:
Der Fall, dass eine als Schlusserbe eingesetzte Person vorverstirbt, sollte bei der Testamentsgestaltung bedacht und im Testament ein entsprechender Ersatzerbe benannt werden.



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