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22.12.2016
Bezugsberechtigung bei Lebensversicherung

Wiederaufleben eines Bezugsrechts nach Scheidung

Das Oberlandesgericht Hamm hat sich in der Entscheidung vom 15.05.2016 zu dem Aktenzeichen 20 W 20/16 (= BeckRS 2016, 20757) mit der Auslegung einer Bestimmung zur Bezugsberechtigung bei einer Lebensversicherung befasst.

Bezugsberechtigung bei einer Lebensversicherung

Die Tochter des verstorbenen Versicherungsnehmers hat ihren im Jahr 2003 verstorbenen Vater allein beerbt. Der Erblasser war von 1996 bis zu seiner Scheidung im Jahre 2000 verheiratet. Aus dieser Ehe stammt die Antragstellerin nicht. Im Jahr 1988 schloss der Erblasser einen Lebensversicherungsvertrag mit einer Versicherungssumme von ca. 26.000 DM ab, in dem er festlegte, dass das Bezugsrecht für die Versicherungsleistung nach seinem Tode den "Eltern, bei Heirat Ehegatte" zustehen solle. Nach dem Tode zahlte der Versicherer die Versicherungsleistung an die Eltern des Erblassers aus. Die Tochter ist der Ansicht, dass das Bezugsrecht der Eltern mit der Heirat des Erblassers endgültig entfallen sei, so dass die Versicherungsleistung nunmehr ihr als Alleinerbin zustehe. Deswegen müsse der Versicherer die Versicherungsleistung (erneut) an sie zahlen.

Das Oberlandesgericht Hamm geht davon aus, dass die Einsetzung des zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht existenten Ehegatten bedingt auf den (Fort-)Bestand der Ehe gewesen sei und nach der Scheidung erloschen sei. Es ist weiter der Meinung, dass die ursprüngliche Einsetzung der Eltern wieder auflebe und die überlebenden Eltern in dem zu entscheidenden Fall die Versicherungsleistung nach Tode des Versicherungsnehmers beanspruchen können. Das Bezugsrecht für die Todesfallleistung aus der Lebensversicherung lege der Versicherungsnehmer durch eine gegenüber dem Versicherer abzugebende Erklärung fest. Im vorliegenden Fall ergebe sich aus der Erklärung des Erblassers, dass seine Ehefrau die Versicherungsleistung nach der Scheidung nicht mehr habe erhalten sollen. In der vom Erblasser gewählten Formulierung "bei Heirat Ehegatte" komme zum Ausdruck, dass die Bezugsberechtigung des potentiellen Ehegatten nur für die Dauer der Ehe bestehen sollte.

Bezugsrecht nach Scheidung

Nach der Scheidung stehe das Bezugsrecht aber nicht der Antragstellerin als Alleinerbin des Erblassers zu. Der Erblasser habe seine Eltern zunächst für den Fall keiner Heirat als Empfänger der Versicherungsleistung benannt. Auch wenn diese Bestimmung während der Dauer einer Ehe zu Gunsten der Ehefrau entfallen sei, folge daraus nicht, dass die Eltern bei der Beendigung der Ehe nicht erneut berechtigt sein sollten. Die Bestimmung der Eltern als Bezugsberechtigte mit der Einschränkung "bei Heirat Ehegatte" lasse vielmehr erkennen, dass die Eltern als ursprünglich Bezugsberechtigte erneut bestimmt werden sollten. Deswegen könne die Tochter keine (erneute) Zahlung der Versicherungsleistung verlangen.

Der Beschluss ist rechtskräftig.

"Die Entscheidung ist in der Begründung und im Ergebnis nicht zu beanstanden. Allerdings sollte man bei einer wesentlichen Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht nur die Regelungen in seinem Testament auf den Prüfstand stellen, sondern auch für Klarheit bei den Bestimmungen der Bezugsrechte in seinen Lebensversicherungen sorgen", so der Schweriner Erbrechtsexperte Sven Klinger.


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