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12.05.2017
Strenge Anforderungen an mündlich errichtetes Testament

Drei-Zeugen-Testament setzt Todesgefahr voraus

Ein Testament kann man wirksam vor einem Notar errichten oder man schreibt seinen letzten Willen eigenhändig auf und versieht das Schriftstück am Ende mit seiner Unterschrift. In Ausnahmefällen ist es jedoch zulässig, von diesen formellen Anforderungen abzuweichen und ein wirksames Testament gemäß §  2250 BGB zum Beispiel durch eine mündliche Erklärung vor drei Zeugen zu errichten.  

Das OLG Hamm hat unter dem Aktenzeichen 15 W 587/15 am 10.02.2017 allerdings entschieden, dass eine durch ein Drei-Zeugen-Testament angeordnete Testamentsvollstreckung unwirksam sein kann, wenn nicht festgestellt werden kann, dass sich der Erblasser bei der Errichtung dieses Nottestaments tatsächlich in akuter Todesgefahr befand oder die drei anwesenden Zeugen von einer akuten Todesgefahr überzeugt waren.

Die im Oktober 1936 geborene und im Februar 2014 verstorbene Erblasserin hatte in einem im Jahre 2013 errichteten Testament ihren Sohn zum Alleinerben eingesetzt. Die Erblasserin litt vor ihrem Tode an Krebs im Endstadium und wurde in einem Krankenhaus stationär behandelt. Vier Tage vor ihrem Versterben errichtete sie im Krankenhaus in Gegenwart von drei Zeugen ein Nottestament in Form eines sog. Drei-Zeugen-Testaments, in welchem sie die Erbeinsetzung ihres Sohnes durch eine langjährige Testamentsvollstreckung beschränkte. Nach dem Tode der Erblasserin haben ihr zum Erben bestimmter Sohn und die testamentarisch vorgesehene Testamentsvollstreckerin im Verfahren auf Erteilung eines Erbscheins darüber gestritten, ob die Testamentsvollstreckung durch das Drei-Zeugen-Testament wirksam angeordnet wurde.

Das Gericht war der Auffassung, dass das Drei-Zeugen-Testament nicht wirksam errichtet worden ist und damit keine Testamentsvollstreckung eingetreten ist.

Gemäß § 2250 Abs. 2 BGB sei ein derartiges Testament u.a. nur dann wirksam, wenn sich der Testierende in so naher Todesgefahr befinde, dass ein ordentliches Testament weder vor einem Notar noch gemäß § 2249 BGB ein Nottestament vor einem Bürgermeister errichtet werden könne. Die Todesgefahr müsse tatsächlich vorliegen oder zur Überzeugung aller drei Testamentszeugen bestehen. Der Todesgefahr gleichgestellt sei die Gefahr einer drohenden Testierunfähigkeit. Die genannten Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Nach dem Ergebnis der vom Nachlassgericht durchgeführten Beweisaufnahme habe jedenfalls einer der drei Testamentszeugen bei der Errichtung des Testaments nicht angenommen, dass sich die Erblasserin in akuter Todesgefahr befunden habe. Seinen Angaben zufolge sei ihm seinerzeit nicht bekannt gewesen, ob die Erblasserin in der Gefahr gewesen sei, in kurzer Zeit zu sterben oder geschäftsunfähig zu werden.

Es habe auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür gegeben, dass sich die Erblasserin bei der Testamentserrichtung tatsächlich in Todesgefahr oder in einer Gefahr eintretender Testierunfähigkeit befunden habe. Insoweit sei es nicht ausreichend, wenn ein Erblasser wegen einer fortgeschrittenen, nicht (mehr) heilbaren Erkrankung nur noch kurze Zeit zu leben habe. Entscheidend sei, dass der Tod des Erblassers aufgrund konkreter Umstände vor dem Eintreffen eines Notars zu befürchten sei. Klinisch müsse er die unmittelbar bevorstehende Endphase seines Lebens erreicht haben. In einem solchen Zustand habe sich die Erblasserin bei der Errichtung des Nottestaments noch nicht befunden. Sie sei erst vier Tage nach der Testamentserrichtung verstorben, ihre Testierunfähigkeit sei erst nach mehr als 48 Stunden später eingetreten.

(Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm v. 03.05.2017)



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