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21.09.2018
Alzheimerdemenz und Testierfähigkeit

Auch ein notarielles Testament kann wegen Testierunfähigkeit aufgrund einer Demenzerkrankung unwirksam sein

Auch bei einigen notariellen Testamenten besteht der Verdacht, dass der Erblasser bereits bei Errichtung des Testament testierunfähig war. Die vielfach von Notaren verwendete Klausel, dass er sich durch ein längeres Gespräch von der Testierfähigkeit überzeugt habe, hindert eine gegenteilige Feststellung durch ein Gericht nicht, wie das OLG Hamm ausdrücklich bestätigte.
Auch ein notarielles Testament kann wegen Testierunfähigkeit aufgrund einer Demenzerkrankung unwirksam sein.
(Urteil OLG Hamm v. 13.7.2017, 10 U 76/16)

In dem dort entschiedenen Fall wurden die beiden Söhne der Erblasserin gemeinsam zu rechtlichen Betreuern in Vermögensangelegenheiten ernannt. Grund dafür war die bei der Erblasserin festgestellte fortgeschrittene Alzheimerdemenzerkrankung. Einer der Söhne starb Anfang 2007 und hinterließ Frau und eine Adoptivtochter. Daraufhin wurde der zweite Sohn am 14.3.2007 zum alleinigen rechtlichen Betreuer ernannt. Nur wenige Tage danach, am 23.3.2007, errichtete die Erblasserin ein notarielles Testament, in dem sie diesen Sohn zum alleinigen Erben einsetzte. Der Notar stellte bei der Beurkundung keine Auffälligkeiten im Verhalten der Erblasserin fest. Die Erblasserin starb 2013. Die Adoptivtochter erhob Klage, und das OLG Hamm hatte zu entscheiden, ob die Erblasserin bei der Errichtung des Testaments testierfähig war und der Sohn zu Recht Alleinerbe wurde.

Besonders deutlich hebt das OLG in seiner Entscheidung hervor, dass es auf eine allgemeine Einschätzung des Notars nicht ankomme. In den Gründen führt es aus:

Nach § 2229 IV BGB ist eine Person testierunfähig, die wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, wegen Geistesschwäche oder wegen Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihr abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Es kommt darauf an, ob es der Erblasserin noch möglich war, sich an Sachverhalte und Ereignisse zu erinnern, Informationen aufzunehmen, Zusammenhänge zu erfassen und eine Abwägung des Für und Widers sachgerecht vorzunehmen. Diese Fähigkeiten hatte die Erblasserin bereits 2004 verloren." 

NDEEX-Expertenrat
Andreas Wolff, Fachanwalt für Erbrecht in Mannheim, rät deshalb: „Auch dann, wenn in einem notariellen Testament vermerkt ist, dass der Notar ...sich aufgrund eines längeren Gesprächs von der Geschäftsfähigkeit überzeugt habe, bedeutet dies keine unwiderlegbare Feststellung.
Wenn es Anhaltspunkte für eine Testierunfähigkeit im Zeitpunkt der Testamentserrictung gibt, dann sollte diesen Anhaltspunkten genauso nachgegangen werden wie bei einem handschriftlichen Testament.



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