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27.12.2018
Ehegattentestament und Pflichtteil

Weshalb eine gute Pflichtteilsstrafklausel nötig ist!

Das Berliner Testament ist bei den meisten Ehepaaren beliebt. In einem solchen Testament bestimmen sich die Eheleute gegenseitig zu Erben und ihre Kinder zu Schlusserben nach dem Tod des Letztversterbenden.

Was häufig vergessen wird: Die Pflichtteilsstrafklausel.

Pflichtteilsgeltendmachung hat keine negativen Konsequenzen

Verlangt eines der Kinder nach dem Tod des ersten Elternteils seinen Pflichtteil, führt dies nicht automatisch dazu, dass es im zweiten Erbfall enterbt wird oder sich den Pflichtteil zumindest anrechnen lassen muss! Denn: Es gibt keine gesetzliche Regelung, nach der der auf den Pflichtteil ausgezahlte Betrag bei der Verteilung des Familienvermögens beim Tod des zweiten Elternteils zu berücksichtigen ist.

Besserstellung Kind durch Pflichtteil

Groteske Konsequenz: Das Kind, das den Willen seiner Eltern beim Tod des ersten Elternteils missachtet und sich unsolidarisch gegenüber dem überlebenden Elternteil verhält, wird bei dessen Tod noch dafür belohnt. Es erhält zusätzlich zum Pflichtteil seinen vollen Erbteil. Es ist damit besser gestellt als Geschwister, die den Pflichtteil nicht verlangt haben.

Ist das nicht gewünscht, muss Ihr gemeinschaftliches Testament eine Pflichtteilsstrafklausel enthalten.

Der Fall

In einem von dem OLG Köln (Az. 2 Wx314/18) entschiedenen Fall hatte ein Ehepaar daher in ihrem Berliner Testament folgendes aufgenommen: „Sollte eines unserer Kinder nach dem Tode des Erstversterbenden vom Überlebenden seinen Pflichtteil fordern [so soll] es auch nach dem Tode des Überlebenden auf den Pflichtteil beschränkt bleiben“.

Dort hatte sich das Gericht damit zu befassen, ob das Verhalten der Tochter diese Strafklausel ausgelöst hat oder nicht. Diese hatte über Ihren Rechtsanwalt Auskunft über den Pflichtteilsanspruch unter Fristsetzung gefordert und andernfalls die klageweise Geltendmachung angedroht. In einem weiteren Schreiben hat der Rechtsanwalt auf Basis der erteilten Auskünfte eine Berechnung des Pflichtteilsanspruches angestellt und die Überweisung eines entsprechenden Betrages vorgeschlagen. Andernfalls hat er die Geltendmachung weiterer Ansprüche angedroht.

Der überlebende Ehemann zahlte daraufhin die vorgeschlagene Summe. Nach dessen Tod berief sich die Tochter darauf, durch ihr Verhalten sei die Pflichtteilsstrafklausel nicht ausgelöst worden – vielmehr sei sie weiterhin Schlusserbin nach ihrem Stiefvater geworden.

Die Entscheidung

Nach Auffassung des Gerichts wurde die Pflichtteilsstrafklausel durch die Tochter ausgelöst – sie war damit nicht mehr Schlusserbin. Denn sie habe aus Sicht des Erblassers ernsthaft und bewusst in Kenntnis der Pflichtteilsstrafklausel ihre Ansprüche geltend gemacht.

Was bedeutet das?

Die Entscheidung ist zu begrüßen (so auch Patricia Goratsch, NZFam 2018, 1055). Sie zeigt aber auch, dass durch eine klarere Formulierung des Testaments Streit vermieden werden kann. So hätten die Eheleute z.B. festlegen können, dass es bereits als Geltendmachung des Pflichtteiles gilt, wenn eines der Kinder seinen Auskunftsanspruch geltend macht.

RA Franz-Georg Lauck, Fachanwalt für Erbrecht in Dresden, empfiehlt daher:

  1. Testierende sollten bei der Formulierung ihres letzten Willens ihre Wünsche klar darlegen. Dies gilt insbesondere für eine solche Strafklausel.
  2. Ehegatten, die nicht wollen, dass ein Abkömmling, der den Pflichtteil verlangt, dafür auch noch belohnt wird, müssen in ihr Testament eine gute Pflichtteilsstrafklausel aufnehmen.
  3. Häufig sind Testierenden die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen ihres eigenen Testaments nicht bewusst. Eine Beratung bei einem erbrechtlich spezialisierten Rechtsanwalt hilft Ihnen, diese zu erkennen und bei der Formulierung Ihres Testaments zu beachten.
  4. Pflichtteilsberechtigte, die sich mit einer Pflichtteilsstrafklausel konfrontiert sehen, sollten genau prüfen, welche Konsequenzen ihr Verhalten haben wird.

Ein Fachanwalt für Erbrecht kann Sie dabei gut beraten.



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