nach oben
24.1.2005

Beginn der Ausschlagungsfrist - Erbschaftsannahme durch schlüssiges Verhalten

Gem. § 1944 II 2 BGB beginnt die Ausschlagungsfrist bei einer Erbfolge auf Grund Verfügung von Todes wegen nicht vor „Verkündung” der Verfügung, so dass es für den Fristbeginn ohne Bedeutung ist, ob der Erbe zuvor auf andere Weise von dem Erbfall und der letztwilligen Verfügung Kenntnis erlangt hat. 

Das BayObLG schließt sich der Rechtsprechung des BGH (NJW 1991, 169) an, wonach für eine „Verkündung” i.S. des § 1944 II 2 BGB die schlichte Eröffnung der Verfügung nicht ausreicht, wenn der Erbe zu ihr nicht geladen wurde. Die Ausschlagungsfrist beginnt dann erst mit Zugang der Eröffnungsniederschrift nebst Kopie der letztwilligen Verfügung.

Das BayObLG hatte weiter über die Frage zu entscheiden, ob die Erhebung einer Auskunftsklage gegen den Testamentsvollstrecker eine Annahme der Erbschaft darstellt. Anders als die Ausschlagungserklärung ist die Annahme der Erbschaft weder formgebunden noch empfangsbedürftig und damit auch durch schlüssiges Verhalten möglich. 

So hat die Rechtsprechung (vgl. Palandt/Edenhofer, § 1943 Rdnr. 2) eine konkludente Annahmeerklärung bejaht im Falle des Antrags auf Erbscheinserteilung oder Grundbuchberichtigung, der Verfügung über Nachlassgegenstände oder den Erbteil, der Geltendmachung eines Erbschaftsanspruchs (§ 2018 BGB) und des Antrags auf Nachlassinsolvenz.

Dagegen reichen angemessene Fürsorgemaßnahmen (§ 1959 BGB), das Ansichbringen oder Verheimlichen von Nachlassgegenständen, das Verschenken verderblicher oder sperriger Nachlassgegenstände, das Verfolgen abhandengekommener Nachlassgegenstände und der Antrag auf Nachlassverwaltung für eine schlüssige Annahme regelmäßig nicht aus.

Im Fall des BayObLG hatte der Erbe vor Erhebung der Auskunftsklage kundgetan, dass er für seine Entscheidung über die Erbschaftsannahme umfassende Informationen über den Nachlass benötige und hierfür die Auskunftsklage erhebe. Das Gericht sah in diesem Verhalten keine schlüssige Erbschaftsannahme, da der Wille, Erbe zu sein und die Erbschaft behalten zu wollen, hierdurch nicht objektiv zum Ausdruck kommt.

Praxishinweis: Der anwaltliche Berater des (vorläufigen) Erben sollte bei Maßnahmen der Nachlasssicherung und -ermittlung klarstellen, dass hierin (noch) keine Annahme der Erbschaft zu sehen ist. Hat der Erbe bereits eine schlüssige Annahme erklärt, ist deren Anfechtbarkeit gem. §§ 119 ff. BGB zu prüfen und dabei die 6-Wochenfrist des § 1954 BGB zu beachten.

(BayObLG, Beschluss vom 8.9.2004 - 1 Z BR 059/04)

Mitgeteilt von:
RA Bernhard F. Klinger
Kanzlei für Erbrecht
Keplerstr. 1
81679 München
Tel. 089/98 25 65
www.RAKlinger.de



← zurück
Netzwerk Deutscher Testamentsvollstrecker e.V. Erbrechtsmediation Erbrechtsakademie