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12.5.2005

Neue Stolperfalle bei Unternehmensübergabe

Bei der Übergabe von Unternehmensanteilen an den nachfolger kann Schenkungsteuer anfallen. Nur wenigen ist jedoch bewußt, dass dadurch auch eine Einkommensteuerbelastung ausgelöst werden kann. Diese droht, wenn die Schenkung ähnlich einem Verkauf behandelt wird und die sog. stillen Reserven aufgedeckt werden. Stille Reserven sind der Unterschied zwischen dem sog. Buchwert und dem wirklichen Wert, dem sog. Verkehrswert. Das Entstehen von Einkommensteuer bei der Übergabe von Einzelunternehmen und Anteilen an Personengesellschaften soll durch § 6 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) verhindert werden.
§ 6 Abs. 3 EStG: "Wird ein Betrieb, ein Teilbetrieb oder der Anteil eines Mitunternehmers an einem Betrieb unentgeltlich übertragen, so sind bei der Ermittlung des Gewinns des bisherigen Betriebsinhabers (mitunternehmers) die Wirtschaftsgüter mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben; dies gilt auch bei der unentgeltlichen Aufnahme einer natürlichen Person in ein bestehendes Einzelunternehmen sowie bei einer unentgeltlichen Übertragung eines Teils eines Mitunternehmeranteils auf eine natürliche Person. Satz 1 ist auch anwendbar, wenn der bisherige Betriebsinahber (Mitunternehmer) Wirtschaftsgüter, die weiterhin zum Betriebsvermögen derselben Mitunternehmerschaft gehören, nicht überträgt, sofern der Rechtsnachfolger den übernommenenen Mitunternehmeranteil über einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren nicht veräußert oder aufgibt. Der Rechtsnachfolger ist an die in Satz 1 genannten Werte gebunden."

Zu dieser Vorschrift hat das Bundesministerium der Finanzen nunmehr eine Verwaltungsanweisung erlassen. Die Finanzverwaltung wird damit angewiesen, wie die Vorschrift in bestimmten Einzelfällen anzuwenden ist. Dieser Verwaltungserlass enthält einige gefährlich Fallstricke.

Deutlich wird dies an einem Beispiel: Ein Unternehmer überträgt seiner Tochter die Hälfte seiner Anteile an einer GmbH & Co. KG. Das Grundstück, auf dem das Unternehmen betrieben wird, gehört dem Unternehmer selbst und wird an die GmbH & Co. KG vermietet. Da die Mieterträge weitgehend seiner Altersvorsorge dienen sollen, überträgt er das Grundstück nur zu einem Viertel auf seine Tochter. In diesem Fall führt die Übernahme der Finanzierung zu einem steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn und damit zu einer Einkommensteuerbelastung beim Vater.

Doch selbst wenn keine Finanzierung besteht oder diese nicht mit übertragen wird, birgt der Fall einkommensteuerliche Risiken. Dies gilt insbesondere,w enn das Grundstück innerhalb der nächsten fünf Jahre verkauft wird, beispielsweise wegen eines Umzugs in ein neues Gebäude. Dadurch wird die gesamte ursprüngliche Schenkung nachträglich wie eine Veräußerung behandelt. Die Realisierung stiller Reserven in der Hälfte der Anteile kann zu einer immensen Steuerlast beim Vater führen. Dasselbe Ergebnis würde eintreten, wenn die Tochter einen - wenn auch sehr geringen - Teil ihrer Anteile veräußern würde. Auch dasn würden sämtliche stille Reserven (auch im übrigen auf sie übertragenen Vermögen) steuerpflichtig aufgedeckt werden.

Würde im Ausgangsfall der Vater das Grundstück insgesamt zurückbehalten und nur die Anteile schenken, ist dies steuerlich vorerst ohne Auswirkungen. Probleme ergeben sich allerdings, wenn der Vater das Grundstück zum Buchwert auf eine andere Gesellschaft überträgt, an der er beteiligt ist. Erfolgt dies in zeitlichem Zusammenhang mit der Schenkung, gelten wiederum die Anteile an die Tochter als veräußert - mit einer entsprechenden Steuerlast beim Vater. Das Ministerium geht bei einem zeitlichen Abstand von vier Monaten noch von einem schädlichen zeitlichen Zusammenhang aus.

Das Ziel von § 6 Abs. 3 EStG besteht darin, bei Schenkungen ein Entstehen von Einkommensteuer zusätzlich zur Schenkungsteuer zu vermeiden. Die Beispiele machen deutlich, dass dieses Ziel durch die aktuelle Verwaltungsanweisung in wichtigen Einzelfällen vereitelt werden soll. In keinem dieser Fälle werden auf langfristige Sicht stille Reserven der Steuerverhaftung entzogen. Auch ist die Erfüllung eines gesetzlichen Mißbrauchtatbestandes nicht zu erkennen.

Es ist deshalb nicht nachvollziehbar, weshalb das Ministerium die Untenehmensnachfolge derart unnötig erschwert. Dies trifft vor allem mittelständische Unternehmen, die häufig als Personengesellschaft betrieben werden. Der Unternehmer ist so nicht nur auf eine sorgfältige Beratung angewiesen. Er ist auch gezwungen, Vorgänge, die vor oder bis zu fünf Jahren nach der Schenkung liegen, darauf abzustimmen.

Quelle: FAZ vom 11.05.2005



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