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23.6.2008

Ärzte gegen Gesetz zu Patientenverfügungen - Zypries dafür

Wenige Tage vor der Beratung im Bundestag hat die Bundesärztekammer ein Gesetz zur Verbindlichkeit von Patientenverfügungen abgelehnt. "Wir haben Klarheit - und diese wird durch ein Gesetz nicht noch klarer werden", sagte Ärztepräsident Jörg-Dietrich Hoppe. Der Bundestag wird am 26.06.2008 erstmals einen Gesetzentwurf erörtern, der grundsätzlich die bindende Wirkung von Patientenverfügungen vorsieht. Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) verteidigte die Vorlage. "Gerade Alte und Schwerstkranke müssen Gewissheit haben, dass ihnen einerseits medizinisch sinnvolle Maßnahmen nicht vorenthalten werden und sie andererseits keine Zwangsbehandlung dulden müssen."
Mehr als 200 Abgeordnete unterstützen Initiative

Mit Patientenverfügungen können Menschen vorab festlegen, wie sie im Fall einer schweren Erkrankung medizinisch behandelt werden wollen, wenn sie zum Beispiel im Koma liegen. Dem Parlament liegt ein Gesetzentwurf des SPD-Politikers Joachim Stünker vor, der auf einem ähnlichen Vorstoß des Justizministeriums aus dem Jahr 2005 beruht. Mehr als 200 Abgeordnete unterstützen die Initiative. Es ist aber mit weiteren fraktionsübergreifenden Vorstößen zu rechnen. Dabei gehen die Meinungen auseinander, ob die Verfügungen stets maßgeblich für die Behandlungen sein sollen. In der Politik wird bereits seit fünf Jahren über diese Frage debattiert.
Verbindliche Verfügung

Ärztepräsident Hoppe sagte: "Patientenverfügungen sind verbindlich, wenn sie klar und eindeutig sind - und auch verbindlich, wenn der Arzt anderer Meinung ist." Voraussetzung sei, dass die Verfügung auf die Situation zutreffe, in der die Entscheidung zu einer Behandlung getroffen werden müsse, und sich der Patient aktuell - etwa weil er im Koma liegt - nicht äußern könne. Zudem dürfe nicht angenommen werden, der Patient habe seine Meinung geändert.
Hoppe: Einschaltung des Vormundschaftsgerichts regeln

Zypries begrüßte, dass die Ärzte immer offener und sicherer mit Patientenverfügungen umgehen. "Trotzdem erreichen mich aber immer noch Berichte von verunsicherten Ärzten und vor allem von älteren Menschen. Sie haben Angst, dass ihr Wille am Lebensende nicht beachtet wird." Hoppe verwies darauf, dass die Fälle zu unterschiedlich seien, um durch ein Gesetz erfasst werden zu können. "Jeder Mensch hat einen anderen Verlauf einer tödlichen Erkrankung. Jeder Mensch empfindet den Prozess der Erkrankung anders. Jede Arzt-Patienten-Beziehung ist unterschiedlich. Das durch ein Gesetz schablonenhaft zu regeln, ist nicht möglich." Als sinnvoll sieht Hoppe allenfalls eine Regelung zur Einschaltung der Vormundschaftsgerichte an.
Zypries: Vertrauensperson benennen

Zypries riet dazu, mit einer Vorsorgevollmacht eine Person seines Vertrauens zu bestimmen, die die Patientenverfügung umsetze, wenn man sich nicht mehr selbst äußern könne. "Mit dieser Vertrauensperson sollte man intensiv über seine Ängste, Wünsche und Wertvorstellungen sprechen. So kann man am besten dafür sorgen, am Lebensende nach seinen Bedürfnissen behandelt zu werden."

Quelle: beck-aktuell-Redaktion, Verlag C. H. Beck, 23. Juni 2008 (dpa).



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