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29.09.2014
Familienheim, Wohnrecht, Steuerbefreiung

Letztwillige Zuwendung eines Wohnrechtes an einem Familienheim an längerlebenden Ehegatten

Von Erbschaftsteuer befreites Wohnrecht

Von der Erbschaftsteuer befreiter Erwerb eines Familienheims von Todes wegen liegt nur vor, wenn der längerlebende Ehegatte endgültig zivilrechtlich Eigentum oder Miteigentum an einer als Familienheim begünstigten Immobilie des verstorbenen Ehegatten erwirbt und diese zu eigenen Wohnzwecken selbst nutzt. Die letztwillige Zuwendung eines dinglichen Wohnrechtes an dem Familienheim erfüllt dagegen nicht die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung. Dies hat der II. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) mit Urteil vom 3. Juni 2014 II R 45/12 entschieden.

Sachverhalt

Im Streitfall war die Klägerin zwar Miterbin ihres verstorbenen Ehemannes. Entsprechend den testamentarischen Verfügungen wurde jedoch das Eigentum an dem zum Nachlass gehörenden Grundstück an die beiden Kinder des Erblassers übertragen und der Klägerin im Gegenzug
ein lebenslanges Wohnrecht an der vormals gemeinsamen ehelichen Wohnung eingeräumt. Das Finanzamt (FA) setzte Erbschaftsteuer fest, ohne die Steuerbefreiung für Familienheime zu berücksichtigen.

Nur Eigentum ist steuerbegünstigt

Der BFH bestätigte die Auffassung des FA. Die letztwillige Zuwendung eines dinglichen Wohnrechts erfüllt nicht die Voraussetzungen für die Gewährung einer Steuerbefreiung für Familienheime. Dass die Klägerin die Familienwohnung weiterhin zu eigenen Wohnzwecken nutzt, ist insoweit unerheblich. Der Gesetzeswortlaut der Steuerbefreiung ist eindeutig und begünstigt nur den Erwerb von selbst genutztem Wohneigentum. Ist der Erwerber aber – wie im Streitfall – beispielsweise aufgrund eines testamentarisch angeordneten Vorausvermächtnisses verpflichtet, das Eigentum an der Familienwohnung auf einen Dritten (hier die Kinder desErblassers) zu übertagen, kann er die Steuerbefreiung nicht in Anspruch nehmen. Eine weitergehende Anwendung der Steuerbefreiung auf die letztwillige Zuwendung eines Wohn- oder sonstigen Nutzungsrechts können weder die mit der Vorschrift verfolgten Ziele noch verfassungsrechtliche Gründe rechtfertigen.

Die Steuerbefreiungsmöglichkeiten

Johannes Schulte, Fachanwalt für Erbrecht in Berlin, stellt klar, dass die
Steuerbefreiungsmöglichkeiten beim Erwerb eines Familienheims eng auszulegen sind
und gibt folgenden Überblick:

  • Witwen/Witwer und Kinder können zusätzlich zu den persönlichen Freibeträgen von 500.000,00 € (Ehegatten) und 400.000,00 € (Kinder) erbschaftsteuerfrei das Familienheim erben.
  • Auch ein in der EU oder im EWR-Gebiet belegenes Familienheim ist begünstigt. Voraussetzung ist: Der Erblasser muss darin gewohnt und dort seinen Lebensmittelpunkt gehabt haben.
  • Der Erbe muss 10 Jahre dort wohnen und dort seinen Lebensmittelpunkt haben.
  • Der Erbe darf das Objekt in dieser Zeit nicht verkaufen, vermieten oder verpachten.
  • Wenn die Witwe vor Ablauf der 10 Jahre ins Pflegeheim muss und das Familienheim vermietet, fällt allerdings keine Erbschaftsteuer an.
  • Muss der Erbe das Familienheim aufgrund eines Vermächtnisses, wegen Schenkungen auf den Todesfall, wegen Auflagen oder einer vom Erblasser verfügten Teilungsanordnung weitergeben, kommt bei ihm eine Steuerbefreiung nicht in Betracht. Das Familienheim ist dann mit dem steuerlichen gemeinen Wert anzusetzen, gleichzeitig liegt beim Erben eine Nachlassverbindlichkeit vor. Der Erbe kann also die daraus resultierende Last bereichungsmindernd berücksichtigen.
  • Erben Kinder und hat das Haus oder die Wohnung nicht mehr als 200 qm Wohnfläche, bleibt es bei weiterer Selbstnutzung steuerfrei.
  • Hat das begünstigte Objekt eine Wohnfläche über 200 qm, bleibt es anteilig steuerfrei.
  • Kinder können die Begünstigung nur dann beanspruchen, wenn sie ins Elternhaus ziehen. Mit Kindern sind gemeint die leiblichen Kinder, Adoptivkinder, Stiefkinder und Kinder der vorgenannten verstorbenen Kinder.
  • Sind mehrere Kinder vorhanden, bleibt das Haus (gegebenenfalls anteilig) nur bei dem Kind, das einzieht, unberücksichtigt.

Johannes Schulte, Fachanwalt für Erb- und Steuerrecht in Berlin



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