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08.12.0000
Testament muss selbst geschrieben sein

Keine Erbeisetzung durch fremde Hand

Der Obrigheimer Fachanwalt für Erbrecht Wolfgang Roth erklärt einen aktuellen Fall, den das Oberlandesgericht Stuttgart zu entscheiden hatte. Es ging um die Frage, ob ein Testament, welches der Erblasser nicht alleine verfasst hatte, gültig ist.

Der zu entscheidende Sachverhalt:

Der verstorbene Erblasser war Alkoholiker und adoptiert gewesen. Nach seinem Tod beantragte und erhielt dessen Adoptivmutter einen Erbschein, der sie als  Alleinerbin auf Grund gesetzlicher Erbfolge auswies. Die Lebensgefährtin des Verstorbenen beantragte, diesen Erbschein einzuziehen, weil sie selbst auf Grund eines Schriftstückes als Erbin gelten wollte. Angeblich sei sie durch ein Testament des Erblassers zu seiner Alleinerbin berufen worden. Sie legte nicht einmal ein Original eines Schriftstückes, sondern lediglich die Kopie eines handgeschriebenen, mit "Generalvollmacht" überschriebenen Schreibens des Verstorbenen vor. Darin hatte der Erblasser selbst nur die Worte „bevollmächtige….. in privaten und geschäftlichen Angelegenheiten wahrzunehmen, allein Erbin bei Tod danach“ eingefügt; der restliche Text war von seiner ehemaligen Lebensgefährtin selbst geschrieben worden, wie sie zugab. Das Nachlassgericht lehnte die Einziehung des Erbscheins ab.

Die rechtlichen Erwägungen des Oberlandesgerichts:

Das Oberlandesgericht Stuttgart versagt der gegen die ablehnende Entscheidung des Nachlassgerichts eingelegten Beschwerde den Erfolg. Das vorgelegte Schriftstück wurde überwiegend von der Antragstellerin selbst verfasst. Ein handschriftliches Testament kann der Senat darin nicht zu erkennen. Das mit "Generalvollmacht" titulierte Schreiben verstößt gegen die zwingenden Formvorschriften des Erbrechts. Demnach muss, wer ein Testament errichtet, dieses immer selbst mit der Hand komplett abschreiben und eigenhändig - am besten mit Angabe des Errichtungsortes und Datums - unterschreiben.

Das vorgelegte Schriftstück ist jedoch vom Erblasser weder eigenhändig geschrieben noch unterschrieben und deshalb unwirksam. Es wäre selbst dann nichtig, wenn der Verstorbene tatsächlich der Urheber des Schriftstückes war und ernsthaft seine dort genannte Erklärung abgegeben hätte: jeder Verstoß gegen erbrechtliche Formvorschriften hat zwingend zur Folge, das ein solches Testament nichtig ist. Selbst wenn man den restlichen Text isoliert betrachtet und nur die handschriftlichen Teile zu Grunde legen würde, die der Erblasser selbst geschrieben hatte, ist daraus nicht der Sinn zu entnehmen, dass die Lebensgefährtin als Alleinerbin eingesetzt werden sollte. Diese bruchstückhaften Textteile sind derart unklar, dass daraus nicht der eindeutige Schluss gezogen werden kann, das die Lebenspartnerin damit zur Alleinerbin eingesetzt sein sollte. Allein mittels der letztwilligen Verfügung muss der Erblasser seinen Willen nämlich erkennbar in der Art und Weise äußern und formgerecht niederlegen, dass der Erbe von ihm klar - oder zumindest im Wege der Auslegung ermittelbar - bestimmt wird. Auch hieran fehlt es, so dass der Erbschein der auf Grund der Adoption rechtlichen Adoptivmutter nicht eingezogen wird.

Praxishinweis für Sie:

Der Beschluss des Oberlandesgericht Stuttgart liegt auf einer Linie mit der bisherigen Rechtsprechung zum Erfordernis der handschriftlichen Form privatschriftlicher Testamente, wie der Obrigheimer Erbrechtsspezialist Wolfgang Roth erklärt. Wer handschriftlich testiert, muss dies eigenhändig tun und seine Erklärung selbst - am besten mit Angabe des Errichtungsortes und des Datums - unterschreiben. Andernfalls ist die letztwillige Verfügung als Testament nichtig und auf dieser Basis kann dann kein Erbscheinsantrag gestellt werden. So hatte in diesem Jahr auch das Oberlandesgericht Hamburg entschieden, dass Aufkleber in einem Testament nicht dazu dienen können, einen Erben wirksam zu bestimmen. Pfeildiagramme, die ein Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung anbringt, um damit anzuzeigen, wen er als seine Erben bezeichnen möchte, sind unzulässig und verstoßen gegen das Gebot, Erben handschriftlich zu bestimmen, wie das Oberlandesgericht in Frankfurt a. M. im Jahr 2013 urteilte.



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