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20.08.2015
Europäisches Erbrecht neu - Todesfall im Ausland - EU-ErbVO

Die Europäische Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) gilt ab dem 17.08.2015!

Die Europäische Erbrechtsverordnung wird auf alle Todesfälle, die ab dem 17.08.2015 eintreten, angewendet. Sie gilt in allen EU-Staaten außer Dänemark, Irland und Großbritannien. Sie ist auch anwendbar im Verhältnis zu Staatsangehörigen außerhalb der teilnehmenden Staaten, Artikel 20 EU-ErbVO.

Recht des gewöhnlichen Aufenthalts gilt

Die neuen Regelungen folgen dem Prinzip des Rechts des «gewöhnlichen Aufenthalts», Artikel 4 EU-ErbVO. Dies soll der Ort sein, der den Mittelpunkt des Lebensinteresses des Erblassers beschreibt. Welcher Ort das ist, wird zukünftig in jedem Einzelfall zu prüfen sein. Lebt und stirbt z. B. ein Deutscher in Frankreich, dürfte also die Erbschaft französischem Erbrecht unterliegen. Es sei denn, im Testament wird ausdrücklich die Anwendung deutschen Erbrechts festgelegt.

Wer ist davon betroffen?

Die neuen Regelungen betreffen insbesondere Personen, die ihren Lebensabend in anderen europäischen Staaten verbringen. Aber auch alle, die sich längerfristig im Ausland aufhalten, zum Beispiel Auslandsstudenten oder im europäischen Ausland beschäftigte Arbeitnehmer (Expatriates). Nach Mitteilung der Bundesregierung sind von diesen Neuregelungen jährlich rund 450.000 deutsche Familien betroffen.

Staatsangehörigkeitsprinzip bei Wunsch ausdrücklich festschreiben

Wer möchte, dass das Erbrecht des Landes angewandt wird, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, muss dies ausdrücklich im Testament festlegen. Lebt also beispielsweise ein Deutscher in Frankreich und möchte, dass deutsches Erbrecht im Erbfall angewendet wird, so müsse dies klar aus dem letzten Willen hervorgehen.

Europäisches Nachlasszeugnis

Die neuen Vorschriften sehen außerdem ein Europäisches Nachlasszeugnis vor. Das ist eine unionsweit gültige, einheitliche Bescheinigung über die Rechtsstellung als Erbe und gegebenenfalls als Vermächtnisnehmer, die etwaige Zuweisung bestimmter Vermögenswerte an Erb- und Vermächtnisnehmer sowie die Befugnis als Testamentsvollstrecker.

Damit können Erben und Nachlassverwalter überall in der EU ohne weitere Formalitäten ihre Rechtsstellung nachweisen. Das soll vor allem schnellere und kostengünstigere Verfahren ermöglichen.

Risiken für deutsche Erblasser

Ausländische Erbregelungen können stark von deutschem Recht abweichen. Sie können erhebliche Nachteile für die Erben mit sich bringen. Außerdem ist in der EU-Verordnung der gewöhnliche Aufenthalt nicht näher definiert, was zukünftig in vielen Erbfällen zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen wird.

Expertentipp

RA Franz-Georg Lauck, Fachanwalt für Erbrecht in Dresden, empfiehlt daher:

  1. Alle bereits errichteten Testamente sollten unabhängig von den aktuellen Lebensplänen gemeinsam mit einem erbrechtlich versierten Berater überprüft und um eine entsprechende Rechtswahlklausel ergänzt werden.
  2. Jeder der möchte, dass sein Nachlass in jedem Fall nach deutschem Erbrecht geregelt werden soll, muss ein Testament mit Rechtswahlklausel zugunsten des deutschen Rechts errichten.
  3. Das gilt insbesondere für alle, die in Zukunft möglicherweise ihren Lebensmittelpunkt aus beruflichen oder sonstigen Gründen ins Ausland verlegen werden. In diesen Situationen sollte in jedem Fall ein erbrechtlich spezialisierter Berater hinzugezogen werden.


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