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15.03.2016
Verjährung-Pflichtteil-Stundung

Verjährungshemmende Stundung des Pflichtteils

Ihre Gutmütigkeit hätte im nachfolgenden Fall eine pflichtteilsberechtigte Enkelin beinahe teuer bezahlt!

Sachverhalt:

Der verwitwete Erblasser hatte seine Tochter zu seiner alleinigen Erbin bestimmt, nachdem der Sohn bereits vorverstorben war. Der Tochter des vorverstorbenen Sohnes standen Pflichtteilsansprüche gegen ihre Tante, die Alleinerbin, zu. Unmittelbar nach dem Ableben des Erblassers im Jahre 2001 trat die Tante (Beklagte) an ihre Nichte (Klägerin) heran und bat diese ihre Pflichtteilsansprüche nicht geltend zu machen, andernfalls sie gezwungen wäre ihre Eigentumswohnung zu verkaufen. Außerdem versprach die Beklagte der Klägerin diese ohnehin zu ihrer Alleinerbin einzusetzen. Auf diese Weise erhalte die Klägerin beim Ableben der Beklagten nicht nur den Pflichtteil nach ihrem Großvater, sondern das gesamte Vermögen der Beklagten. Daraufhin nahm die Klägerin von ihren Ansprüchen Abstand. Im Jahre 2008 hat die Beklagte dann tatsächlich auch ein Testament errichtet, in dem sie die Klägerin zur Alleinerbin bestimmte und den obigen Sachverhalt offenlegte. Im Jahre 2014 bekam die Klägerin Zweifel, ob sich die Beklagte an ihre Zusagen hält und hat diese um eine entsprechende schriftliche Bestätigung nebst eines Nachlassverzeichnisses gebeten. Darüber war die Beklagte offensichtlich so erbost, dass sie die Klägerin enterbte und die Pflichtteilsansprüche nach dem Großvater wegen Verjährung zurückweisen ließ.

Eine entsprechende Stufenklage wies das Landgericht wegen Verjährung (3 Jahre) zurück. Das OLG Karlsruhe hob das Urteil auf und gab der Klägerin Recht. In der Vereinbarung zwischen den Parteien aus dem Jahre 2001 lag nach Auffassung des OLG eine Stundungsabrede, die entweder unbefristet war oder bis zum Tod der Beklagten dauern sollte. In beiden Fällen seien die Pflichtteilsansprüche der Klägerin aber nicht verjährt, da der Lauf der Verjährungsfrist durch die Absprache der Parteien gehemmt war. Diese gelte, so das OLG Karlsruhe, sowohl für den Pflichtteilsanspruch selbst, aber auch für den Auskunftsanspruch (OLG Karlsruhe, Urteil vom 15.10.2015 – 9 U 149/14; ZEV 2/2016, 88 ff.).

Expertentipp:

Fachanwalt für Erbrecht, Florian Enzensberger aus Weilheim, rät in einem solchen Fall grundsätzlich eine hieb- und stichfeste schriftliche Vereinbarung unter Hinzuziehung eines Fachberaters abzuschließen, damit später keine Missverständnisse auftreten!

 



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