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25.07.2016
Katastrophenklausel

Klausel für gleichzeitiges Versterben kann auch Erbeinsetzung enthalten

Der Erblasser errichtete mit seiner Ehefrau am 03.07.2004 ein gemeinschaftliches handgeschriebenes und unterschriebenes Testament in dem unter anderem folgendes geregelt war:

 „Letzter Wille

wir, die Eheleute Günter und Olga St. treffen folgende letztwillige Verfügung.

Wir setzen uns gegenseitig als alleinige Erben ein. Sollten wir beide gleichzeitig versterben, so soll das Erbe zu je 1/2 an Frau R. und ihren Sohn F. gehen....“

Nach dem Tode des Längstlebenden beantragten R. und F. einen Erbschein, der sie als Miterben zu je 1/2 nach dem Erblasser ausweist.

Das zuständige Amtsgericht Köln wies die Erteilung eines Erbscheins zurück. Es vertrat die Ansicht, die Antragsteller seien nicht Erben kraft testamentarischer Anordnung geworden. Das gemeinschaftliche Testament enthalte neben der gegenseitigen Erbeinsetzung der Eheleute keine generelle Erbfolgeregelung für den Erbfall nach dem Tode des länger lebenden Ehegatten.

Das Amtsgericht Köln half der eingelegten Beschwerde nicht ab und legte die Sache dem Oberlandesgericht Köln zur Entscheidung vor.

Dieses kam zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen für die Erteilung des beantragten Erbscheins vorliegen. Hierzu führte das OLG wie folgt aus:

„Ausgangspunkt der Auslegung einer letztwilligen Verfügung ist deren Wortlaut. Dabei ist der wirkliche Wille des Erblassers zu erforschen. Eine Willenserklärung darf dabei zwar nicht ein solcher Sinn beigelegt werden, der in ihr überhaupt nicht zum Ausdruck kommt. Der wirkliche Wille des Erblassers kann grundsätzlich nur dann Bedeutung finden, den er in der Verfügung von Todes wegen -wenn auch nur andeutungsweise- Ausdruck gefunden hat. Dies ergibt sich aus den gesetzlichen Formvorschriften für das Testament.“

Der Wortlaut setzt bei der Auslegung letztwilliger Verfügungen keine zwingenden Grenzen, weil stets der wahre Wille des Erblassers zu erforschen ist und dieser auch in seltenen Fällen klaren und eindeutigen Wortlauts den Vorrang vor diesem Wortlaut hat. Auch bei einer ihrem Wortlaut scheinbar eindeutigen Willenserklärung besteht keine Bindung an den Wortlaut, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass der Erklärende mit seinen Worten einen anderen Sinn verbunden hat, als dies dem allgemeinen Sprachgebrauch entspricht.

Der Erblasser hatte vor seinem Tod gegenüber verschiedenen Nachbarn mehrfach erklärt, dass ein Testament bestehe und es für ihn keinerlei Anlass zur Änderung gebe. Weiterhin hatte er gegenüber diesen Nachbarn erklärt, dass die Erben nach dem Längstlebenden bereits testamentarisch so festgelegt seien, dass ein neues Testament nicht erforderlich sei. Er sehe keine Veranlassung, von dem Wunsch seiner Ehefrau, der ja auch der seine sei, abweichen zu wollen.

Diese Äußerungen des Erblassers im Zusammenhang mit der Regelung im gemeinschaftlichen handschriftlichen Testament waren für das Oberlandesgericht Köln ausreichend, um den Erblasserwillen dahingehend feststellen zu können, dass die im Testament erwähnten Personen Erben des Längstlebenden werden sollten.

 OLG Köln 2 Wx 151/16

Herbert Hauke, Rechtsanwalt und Notar, Fachanwalt für Erbrecht, Fachanwalt für Agrarrecht, Cloppenburg



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