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05.01.2017
Nachweis letztwilliger Verfügung durch Vorlage einer Kopie

Wirksamkeit eines nicht auffindbaren Ehegattentestamentes

Das Oberlandesgericht Köln hat mit Beschluss vom 02.12.2016 zum Az. 2 Wx 550/16, eine Entscheidung zur Bedeutung eines nur in Kopie vorliegenden Ehegattentestamentes getroffen.

 

Sachverhalt

Im Jahr 2015 verstarb die Erblasserin E; ihr Ehemann war bereits im Jahr zuvor vorverstorben. Die Erblasserin hinterließ eine Tochter T und einen Enkel TE.

Der vorverstorbene Ehemann hinterließ den Sohn S.

Die Erblasserin und ihr Ehemann hinterließen eine Vielzahl von letztwilligen Verfügungen (Erbverträge, Testamente). Insbesondere waren mit dem Sohn des vorverstorbenen Ehemannes und der Tochter der Erblasserin jeweils Erbverzichtsverträge mit Abfindungsvereinbarungen geschlossen worden.

In dem letzten gemeinsamen Testament erklärten die Erblasserin und ihr Ehemann, ein gemeinschaftliches und wechselbezügliches Testament errichten zu wollen.

Sie widerriefen alle vorher gemachten Erbverträge und vorsorglich sonstige letztwillige Verfügungen gleich welcher Art und setzten sich zunächst gegenseitig als alleinige Erben und nach dem Tod des Letztlebenden eine gemeinnützige Organisation als Schlusserben ein. Weitere Anordnungen wurden nicht getroffen.

Nach dem Tod des Ehemannes errichtete die Erblasserin ein weiteres Testament und führte in der Vorbemerkung zu diesem Testament aus, dass in dem oben genannten gemeinschaftlichen Testament mit ihrem Ehemann durch die Einsetzung der gemeinnützigen Organisation GO als Schlusserbe keine Einschränkung der Testierfähigkeit nach dem Tod ihres Ehemannes verfügt werden sollte. Sie verwies ausdrücklich auf die Rechtsprechung, wonach bei der Einsetzung einer gemeinnützigen oder karitativen Organisation als Schlusserbe nicht von einer Wechselbezüglichkeit ausgegangen werden könne.

Sie hob das gemeinschaftliche Testament mit ihrem Ehemann durch dieses Testament vollständig auf und setzte als Erben ihren Enkelsohn TE ein.

Nachlassgerichtliches Verfahren

1.Erbscheinantrag

Nach dem Tod der Erblasserin beantragt die GO die Erteilung eines Alleinerbscheins auf der Grundlage des gemeinschaftlichen Testamentes.

Sie vertrat die Meinung, dass die Erblasserin das gemeinschaftliche Testament nicht habe widerrufen können, da es sich um eine wechselbezügliche Verfügung handelte.

Dem widersprach der TE, der die gegenteilige Auffassung vertrat.

Das Nachlassgericht folgte der Meinung der GO mit der Begründung, dass allein schon die Überschrift „gemeinschaftliches wechselbezügliches Testament“ dafür spreche, dass die nachfolgenden Verfügungen bindend gewollt seien.

Gegen diesen Beschluss legte der TE Beschwerde ein. Die Beschwerde wurde zurückgewiesen mit einer Begründung, die im Wesentlichen der des Nachlassgerichtes entsprach.

Es wurde ein Erbschein zu Gunsten der GO erteilt.

2.Erbscheinantrag

Daraufhin legte der TE die Kopie eines weiteren Testamentes zu den Akten, das im Zeitraum zwischen der Erstellung des letzten gemeinschaftlichen und dem letzten Einzeltestament der Erblasserin verfasst worden war.

Dieses war handschriftlich von der Erblasserin verfasst und unterzeichnet; der vorverstorbene Ehemann hatte dieses ebenfalls unterzeichnet.

Der TE beantragte daher, einen Erbschein zu seinen Gunsten zu erteilen und den bereits erteilten Erbschein einzuziehen, da der Wirksamkeit dieses nunmehr aufgefundenen Testamentes nicht entgegenstehe, dass das Original nicht mehr aufzufinden sei.

Der Vernichtungswille des Testamentes der Erblasserin und ihres Ehemannes sei jedenfalls nicht feststellbar.

Die GO widersprach diesem Antrag mit der Begründung dass Gründe –unter anderem auch die Auffindesituation- dafür sprechen würden, dass die Unterschrift des Ehemannes gefälscht sei oder aber das Testament von den Eheleuten nachträglich wieder vernichtet worden sei.

Das Nachlassgericht wies die Anträge des TE zurück und half auch der dann eingereichten Beschwerde nicht ab.

Beschluss des OLG Köln

Das Oberlandesgericht hob die Entscheidung des Nachlassgerichtes auf und verwies die Sache zurück an das Nachlassgericht zur erneuten Behandlung und Entscheidung.

Begründet wurde das damit, dass das erstinstanzliche Nachlassgericht lediglich ausgeführt hatte, dass es nicht überzeugt sei, dass das handschriftliche gemeinsame Testament noch Geltung haben solle und nicht weiter darauf eingegangen war, ob das Testament wirksam errichtet worden sei.

Zu Unrecht, so dass OLG, war das Nachlassgericht ohne weitere Nachprüfung davon ausgegangen, dass ein Aufhebungswille vorgelegen habe und das Testament vernichtet worden sei.

In seiner Begründung wies das OLG darauf hin, dass ein nicht vorhandenes Testament allein wegen seiner Unauffindbarkeit nicht ungültig sei.

Es gäbe auch keine Vermutung dafür, dass ein unauffindbares Testament vernichtet worden und deshalb als widerrufen anzusehen sei.

Auch die weiteren Argumente des Nachlassgerichtes wurden nicht als ausreichend betrachtet, eine weitere Überprüfung der Wirksamkeit des Testamentes abzulehnen.

So spreche die Auffindesituation der Kopie für sich alllein genommen zunächst einmal nicht gegen die Wirksamkeit des Testamentes, da es nicht lebensfremd sei, dass Testamente erst später an einem Ort aufgefunden würde, an dem normalerweise Testamente nicht verwahrt würden.

Auch die Tatsache, dass, wie in diesem Fall, im handschriftlichen Testament nicht auf vorhergehende Testamente Bezug genommen war, wohl aber in dem letzten Einzeltestament der Erblasserin, ließ das OLG nicht gelten.

Der Umstand, dass das gemeinschaftliche Testament in Ich-Form geschrieben war und der Ehemann nur unterschrieben hatte, sah das OLG ebenfalls –auch in Zusammenschau mit den weiteren Argumenten-  als nicht ausreichend an, einen gemeinsamen Testierwillen der Eheleute zu verneinen.

Das OLG ging einfach davon aus, dass die Frage, ob das Testament wirksam errichtet worden sei, nicht sorgfältig überprüft worden wäre.

Diese Frage konnte auch nicht offen bleiben, da das OLG nach wie vor der Auffassung war, dass das letzte Testament der Erblasserin, das diese allein verfasst hatte, nicht zur Aufhebung des gemeinsamen Testamentes führte.

Nach Auffassung des OLG war daher vom Nachlassgericht zu ermitteln, ob eine formgültige Errichtung des nur in Kopie vorhandenen  Testamentes vorlag.

Diesen Nachweis hat der Enkel als Beschwerdeführer zu erbringen, da er die Feststellungslast hat.

An diesen Nachweis sind zwar strenge Anforderungen zu stellen; die Kopie eines Originaltestamentes kann aber als Nachweis ausreichen, wenn mit ihr die formgerechte Errichtung des Originaltestamentes nachgewiesen werden kann.

Gegebenenfalls sind vom Nachlassgericht auch Sachverständigengutachten –z.B. zum Fälschungsvorwurf- einzuholen.

 

Tipp des Fachanwalts für Erbrecht Stephan Konrad:

Soweit in den Unterlagen eines Erblassers gemeinschaftliche Testamente mit dessen Ehegatten nur in Kopie auffindbar sind, ist zumindest nicht ausgeschlossen, dass auch eine solche Kopie zum Nachweis der Erbfolge ausreicht.

Gegebenenfalls ist -mit weiteren Beweismitteln und der Heranziehung weiterer Umstände- trotzdem nachweisbar, dass, obwohl das Original des Testamentes nicht aufzufinden ist, ein Vernichtungswille nicht vorlag und an der  Weitergeltung des Testamentes festgehalten werden kann.

Eine fachanwaltliche Beratung sollte in einer solchen Situation unbedingt eingeholt werden

Im Übrigen verlangt auch § 2259 BGB die Ablieferung jedweder Urkunde an das Nachlassgericht, die nach Form oder Inhalt eine letztwillige Verfügung darstellen kann. Dies schließt Kopien ein.



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