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13.03.2018
OLG Köln zur Grundbuchberichtigung

Nach Abschichtung keine Voreintragung der Erbengemeinschaft im Grundbuch erforderlich

Das Oberlandesgericht Köln (2 Wx 246/17) hat am 22.11.17 beschlossen, dass im Falle einer sog. „Abschichtung“ die ursprüngliche Erbengemeinschaft nicht ins Grundbuch voreingetragen werden muss. Dies folge aus einer analogen Anwendung des § 40 Abs. 1 der Grundbuchordnung (GBO).

Sachverhalt (verkürzt):

Erblasser E hatte durch notarielles Testament A und B zu Erben zu gleichen Teilen berufen. In den Nachlass fiel auch eine Immobilie.
A und B vereinbarten in einer notariellen Urkunde sodann, dass B mit sofortiger Wirkung aus der Erbengemeinschaft nach dem Erblasser ausscheidet, und beantragten im Hinblick auf die Immobilie Grundbuchberichtigung und Eintragung des A ohne vorherige Zwischeneintragung der Erbengemeinschaft.

Dies lehnte das Grundbuchamt ab und legte die Beschwerde dem OLG Köln vor, das der Beschwerde stattgab.

Rechtlicher Hintergrund:

In der notariellen Urkunde hatten A und B eine sog. "Abschichtung" vereinbart.
Die Abschichtung ist neben dem Auseinandersetzungsvertrag und der Erbteilsübertragung als „dritter Weg“ der einvernehmlichen Erbauseinandersetzung anerkannt.

Bei einer Abschichtung verzichtet ein Miterbe gegenüber dem/den anderen Miterben auf seine Mitgliedschaftsrechte an der Erbengemeinschaft und scheidet so aus der Erbengemeinschaft aus. Der Erbteil des ausscheidenden Gesamthänders wächst in diesem Fall den übrigen Miterben automatisch nach dem Verhältnis ihrer Erbteile an, und zwar durch entsprechende Anwendung des Gesetzes, nicht durch einen Übertragungsakt.
Bleibt nur ein Miterbe übrig, führt die Anwachsung zum „Alleineigentum“ am Nachlass und damit zur Beendigung der Erbengemeinschaft.

Durch die Abschichtungsvereinbarung ist B zwar Erbe geblieben, aber A Alleineigentümer der Immobilie geworden.
Da im Grundbuch immer noch der Erblasser eingetragen ist, ist das Grundbuch unrichtig und muss berichtigt werden.

Eine Eintragung ins Grundbuch soll grundsätzlich nur erfolgen, wenn die Person, deren Recht durch die Eintragung betroffen ist, als der Berechtigte eingetragen ist (§ 39 Abs. 1 GBO). Dieser Voreintragungsgrundsatz dient der Legitimationsprüfung bei nachfolgenden Eintragungen und verfolgt den Zweck, den Rechtsstand des Grundbuchs und seine Änderungen in allen seinen Entwicklungsstufen verständlich wiederzugeben.

Ausnahme: Eine Voreintragung kann unterbleiben, wenn die durch die Eintragung betroffene Person Erbe des eingetragenen Berechtigten ist und die Übertragung oder Aufhebung eines Rechts eingetragen werden soll (§ 40 Abs. 1 GBO).

Umstritten ist nun u.a., ob der nach Abschichtung verbleibende Eigentümer direkt ins Grundbuch eingetragen werden kann oder zunächst die Erbengemeinschaft voreingetragen werden muss.

  • Nach hergebrachter Auffassung bedarf es nach dem Wortlaut der Vorschriften stets der Voreintragung der Erbengemeinschaft, denn die Anwachsung infolge Abschichtung ist keine „Übertragung“ i.S.d. § 40 Abs. 1 GBO.
  • Nach neuerer Auffassung soll § 40 Abs. 1 GBO analoge Anwendung finden.
 

Entscheidung des OLG Köln vom 22.11.17, 2 Wx 246/17:

Das OLG schloss sich der letztgenannten Auffassung an.

Es sei kein Grund ersichtlich, warum der Fall, in dem ein oder mehrere Erben durch Erbteilsübertragung oder Abschichtungsvereinbarung aus einer Erbengemeinschaft ausscheiden, nur deshalb anders beurteilt werden solle, weil sich der Rechtserwerb nicht durch Übertragung des Grundstücks, sondern außerhalb des Grundbuchs vollziehe. Die Prüfung der Legitimation der Bewilligenden sei in diesem Fall in gleicher Weise möglich wie bei einer Übertragung durch den Alleinerben oder eine Erbengemeinschaft.

Die Gründe, die für die Entbehrlichkeit der Voreintragung im Falle einer unmittelbaren Anwendung des § 40 Abs. 1 GBO sprächen, griffen auch in einem Fall einer berichtigenden Eintragung [infolge Anwachsung] ein.

 

Expertentipp von Ingo Lahn, Fachanwalt für Erbrecht aus Hilden:

Die Entscheidung ist sehr zu begrüßen, denn sie führt für Erben zu einer weiteren Kostenersparnis:

  • Zunächst ist der große Vorteil einer Abschichtung, dass die Vereinbarung selbst dann formfrei ist, wenn Grundstücke zum Nachlass gehören. Denn die Anwachsung findet kraft Gesetzesanalogie statt und nicht aufgrund eines (der notariellen Form unterliegenden) Rechtsgeschäfts.
    Lediglich für die
    Grundbuchberichtigung bedarf es – aber immerhin „nur“ – der notariellen Beglaubigung der Unterschriften, um der Form des § 29 GBO zu genügen.
    Damit fallen im Vergleich zu den anderen Formen der Erbauseinandersetzung erheblich niedrigere Notarkosten an (max. 70 €)!
  • Wird infolge Erbgangs oder nachfolgender Erbauseinandersetzung eine Grundbuchberichtigung erforderlich, dann ist diese kostenfrei, wenn der Eintragungsantrag binnen zwei Jahren ab dem Erbfall gestellt wird (KV 14110 [1] GNotKG).
    Allerdings kann diese Befreiung nur einmal beansprucht werden. Sie wäre mit einer Grundbuchberichtigung durch Voreintragung der Erbengemeinschaft „verbraucht“ und könnte bei einem späteren Erwerb eines Nachlassgrundstücks durch einen Miterben nicht noch einmal beansprucht werden.
    Wenn also nunmehr, dem OLG Köln folgend, die Erbengemeinschaft nicht mehr voreingetragen werden muss, kann die Kostenbefreiung genutzt und damit viel Geld eingespart werden!

Nutzen Sie die eröffneten Einsparmöglichkeiten, und lassen Sie sich unbedingt von einem Fachanwalt für Erbrecht beraten!



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