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08.04.2018
Die rechtliche Verwandtschaft wird mit Geburtsurkunde nachgewiesen

Pflichtteilsanspruch des Enkels trotz Pflichtteilsentziehung gegenüber dem Sohn

Das OLG Hamm (26.10.17, 10 U 31/17) hatte einen Fall zu entscheiden, in dem der Verstorbene mittels Testament seine Lebensgefährtin und seinen Bruder zu Erben eingesetzt hatte. Zudem hatte er in diesem Testament seinem Sohn den dadurch grundsätzlich gegebenen Pflichtteil entzogen.

Pflichtteilsentziehung wegen schwerer Körperverletzung

Die Pflichtteilsentziehung des Sohnes war mit dessen Rauschgiftsucht begründet worden, in deren Folge er Straftaten begangen, unter anderem den Erblasser schwer verletzt hatte. Der Erblasser war durch einen Schlag seines Sohnes mit der Faust ins Gesicht zu Boden gegangen. Dort schlug und trat er auf seinen Vater ein, wodurch dieser einen Nasenbeinbruch und zahlreiche Prellungen erlitten hatte. Infolge der Straftat war der Sohn wegen schwerer Körperverletzung rechtskräftig verurteilt worden.

Das Gericht bestätigte die Wirksamkeit der Anordnung. Der Sohn habe durch sein brutales Verhalten eine grobe Missachtung des Eltern-Kind-Verhältnisses zum Ausdruck gebracht , mit dem er seinen Vater schwer gekränkt habe. Dies stelle einen Pflichtteilsentziehungsgrund gemäß § 2333 Abs. 1 Nr. 2 BGB dar.

Der Enkel des Erblassers, der von dem Sohn abstammt, wandte sich daher an die Erben seines Großvaters und verlangte seinen Pflichtteil. Die Erben vertraten die Auffassung, dass durch diese Pflichtteilsentziehung nicht nur der Sohn keine erbrechtlichen Ansprüche mehr habe, sondern auch der Enkel, der zum Familienstamm des Sohnes gehöre.

Enkel tritt an die erbrechtliche Stelle seines Vaters

Dem trat das Oberlandesgericht Hamm entgegen. Durch die Pflichtteilsentziehung werde nicht der ganze Familienstamm des Sohnes getroffen, sondern wirke sich nur zulasten des Sohnes aus. Durch die Pflichtteilsentziehung habe der Enkel ein gesetzliches Erbrecht am Nachlass seines Großvaters erworben. Durch die Erbeinsetzung der Lebensgefährtin und des Bruders des Erblassers war der Enkel enterbt und hatte damit einen Pflichtteilsanspruch.

Geburtsurkunde beweist Abstammung

Die Erben beriefen sich in dem Verfahren auch auf den Umstand, der Enkel habe seine Abstammung von seinem Vater durch die Vorlage einer Geburtsurkunde nicht ausreichend nachgewiesen. Dieser Einwand beruhte auf dem Umstand, dass der Enkel aus einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit einer Frau hervorgegangen ist. Aus der Urkunde ging hervor, dass sein Vater nach seiner Geburt die Vaterschaft anerkannt hatte. Die Erben vertraten die Auffassung, dass damit eine Abstammung nicht nachgewiesen sei. Der Enkel sei nicht von seinem Vater gezeugt worden, stamme also nicht biologisch von ihm ab. Und daher sein ein Pflichtteilsanspruch nicht dargetan.

Fehlende Abstammung nicht nachgewiesen

Auch hier vertrat das erkennende Gericht eine abweichende Auffassung. Für den Nachweis der Abstammung genüge grundsätzlich die Vorlage einer Geburtsurkunde, aus der sich das Anerkenntnis der Vaterschaft ergebe. Durch das Anerkenntnis werde ein Vater-Kind-Verhältnis rechtlich statuiert und zwar unabhängig davon, ob eine biologische Abstammung gegeben sei.

Praxistipp von Fachanwalt für Erbrecht Joachim Mohr

Wenn Sie einen Pflichtteilsanspruch verlangen, fügen Sie bereits mit ihrem Anspruchschreiben an Erben eine Geburtsurkunde zum Nachweis der Abstammung bei, wenn aufgrund besonderer Umstände Zweifel hieran erhoben werden könnten. Das ist bei nicht ehelichen Kindern nicht selten der Fall.



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