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28.05.2018
Akteneinsicht - Pflichtteilsberechtigter - Betreuungsakte

Anspruch des Pflichtteilsberechtigten auf Einsicht in die Betreuungsakten des Erblassers

Pflichtteilsberechtigte sind zur Durchsetzung ihrer Ansprüche gegen den Erben darauf angewiesen, sich durch Akteneinsichten eine fundierte Grundlage für die Überprüfung der Auskünfte des Erben zu verschaffen.

Der Pflichtteilsberechtigte kann gem. § 2314 BGB vom Erben die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses verlangen. Dabei hat sich der Erbe über die beim Erbfall tatsächlich vorhandenen Nachlassgegenstände und Nachlassverbindlichkeiten als auch über zu Lebzeiten stattgefundene Schenkungen zu erklären.

Recht auf Grundbucheinsicht und Einsicht in die Nachlassakte:

Das Oberlandesgericht München hat bereits in einer früheren Entscheidung vom 07.11.2012 (Az. 34 Wx 360/12) entschieden, dass der Pflichtteilsberechtigte ein berechtigtes Interesse und somit ein Einsichtsrechte nach § 12 GBO in Bezug auf das Grundbuch und die Grundbuchakten besitzt.

Darüber hinaus besitzt der Pflichtteilsberechtigte als Beteiligter des Nachlassverfahrens gem. § 13 Abs. 1 FamFG ein Akteneinsichtsrecht in Bezug auf die Nachlassakte.

Auch Recht auf Einsicht in die Betreuungsakten des Erblassers:

Nunmehr hat das Landgericht Mainz mit Beschluss vom 23.02.2017 (Az. 8 T 25/17) entschieden, dass der Pflichtteilsberechtigte auch ein berechtigtes Interesse auf Einsicht in die Betreuungsakten des Erblassers besitzt. Dieses soll den Pflichtteilsberechtigten in die Lage versetzen, sich Kenntnis vom Umfang des Nachlasses und damit der Höhe seiner möglichen Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche zu verschaffen.

Dabei führt das Gericht aus, dass für ein berechtigtes Interesse jedes nach vernünftiger Erwägung durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse genüge, dass auch wirtschaftlicher oder wissenschaftlicher Art sein kann. Ein solches Interesse liegt bei Pflichtteilsberechtigten vor, denn diese haben ein Interesse daran, sich Kenntnis vom Umfang des Nachlasses zu verschaffen, weil dies ihr Vorgehen gegen den Erben und Pflichtteilsschuldner beeinflussen kann. Gerade die durch einen Betreuer gefertigten Berichte können insoweit aufschlussreich sein.

Das berechtigte Interesse besteht nach dem BGH dabei grundsätzlich trotz des dem Pflichtteilsberechtigten zustehenden Auskunftsrechts gem. § 2314 BGB gegen den Erben. Denn die Akteneinsichten können gerade auch zur Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der vom Erben erhaltenen Auskünfte dienen.

Expertentipp:

Im Rahmen der Geltendmachung von Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüchen sollte sich der Pflichtteilsberechtigte nicht lediglich auf die erhaltenen Auskünfte des Erben verlassen. Vielmehr sollte er nach Eintritt des Erbfalls nicht nur Einsicht in das Grundbuch und die Nachlassakten nehmen, sondern ihm alle zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen nutzen und deshalb auch in die Betreuungsakte des Erblassers einsehen.



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