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20.4.2006

Zum Ansatz eines bei der vorweggenommenen Erbfolge vorbehaltenen Wohnrechts im Rahmen von Pflichtteilsergänzungsansprüchen

In der Praxis stellt sich häufig die Frage, wie ein Grundstück zu bewerten ist, welches der Erblasser unter Vorbehalt eines Wohnrechts oder eines Nießbrauchs verschenkt hat. Die einschlägige Vorschrift des § 2325 II BGB ordnet hier einen Vergleich der Werte zum Zeitpunkt der Schenkung und zum Zeitpunkt des Erbfalls an; der niedrigere sei dann zu Grunde zu legen, so genanntes Niederstwertprinzips.

Den Grundsatz, dass dann, wenn auf den Grundstückswert zum Zeitpunkt des Erbfalls abzustellen ist, der Wert des dem Erblasser bei vorheriger Grundstücksübertragung vorbehaltenen Wohnrechts unberücksichtigt bleibt (Bestätigung von BGHZ 118, 49), hat der BGH in einer Entscheidung vom 8.3.2006 nochmals bestätigt.

Unter Bestätigung seiner seit langem gefestigter Rechtsprechung geht der Senat weiter davon aus, dass die Schenkung eines Grundstücks unter Nießbrauchsvorbehalt, ist der Zeitpunkt der Schenkung relevant, lediglich in dem Umfang ergänzungspflichtig ist, in dem der Grundstückswert den Wert des dem Erblasser verbliebenen Nießbrauchs übersteigt.

Kommt es also danach auf den Stichtag der Grundstücksübertragung an, weil der für den Zeitpunkt des Schenkungsvollzuges (zunächst ohne Berücksichtigung des Wohnrechts) ermittelte Wert des Grundstücks unter dessen Wert im Zeitpunkt des Erbfalls liegt, ist der Wert des Wohnungsrechts bei der Ermittlung des ergänzungspflichtigen Schenkungswertes (jetzt) in Abzug zu bringen. Ist dagegen der Grundstückswert im Zeitpunkt des Erbfalls der maßgebliche Wert, kommt ein Abzug nicht mehr in Betracht; in diesem Zeitpunkt ist das Wohnungsrecht nicht mehr werthaltig, es ist erloschen

Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung im Rahmen der Bewertungsvorschrift des § 2325 Abs. 2 BGB (BGHZ 125, 395, 397; zustimmend MünchKomm/Lange, aaO Rdn. 34) muss der Pflichtteilsberechtigte so stehen, als sei der Gegenstand zur Zeit der dinglichen Vollziehung der Schenkung - als dem maßgeblichen Stichtag - in Geld umgesetzt worden; nur der dabei hypothetisch erzielte Erlös (= Wert) ist dem Nachlass gemäß § 2325 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BGB hinzuzurechnen (BGHZ 118, 49, 52). Dass das vorbehaltene Wohnungsrecht zu diesem Zeitpunkt für den Erblasser einen Wert hat und daher den Wert der Schenkung mindert, liegt - vor allem wirtschaftlich betrachtet - ebenso auf der Hand wie der im Falle des Erbfallstichtages gegebene vollständige Wertverlust des Nutzungsrechts mit dem Tod des Erblassers. Dem ist im Rahmen der gesetzlichen Regelung nach den vorgegebenen Bewertungsstichtagen - unbeschadet etwaiger Härten im Einzelfall - Rechnung zu tragen (vgl. MünchKomm/Lange, aaO Rdn. 33).




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