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Das Geschiedenentestament

Schutz des Vermögens vor dem/der Ex

Nach der Ehescheidung ist es bei gemeinsamen Kindern noch immer möglich, dass im Falle des Todes der Ex-Ehegatte am eigenen Nachlass – zumindest mittelbar über die Kinder – beteiligt wird. Stirbt nämlich nach dem Tod des Geschiedenen auch das gemeinsame Kind, ohne selbst Abkömmlinge und ein Testament zu hinterlassen, würde der Ex-Ehegatte aufgrund gesetzlicher Erbfolge das Kind beerben – und damit auch den Nachlass des Geschiedenen!

Soll das vermieden werden, muss ein sog. „Geschiedenentestament“ errichtet werden!

Erbrecht und Scheidung - Das sollten Sie beachten

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Wer sich scheiden lässt, möchte in der Regel nicht, dass der geschiedene Ehepartner noch irgendetwas von einem erbt. Wie ist das mit dem Erbrecht des Ehepartners? Regina Daubenschüz, Fachanwältin für Erbrecht in Mannheim, klärt Sie auf und gibt Ihnen nützliche Tipps.

  • Ehepartner haben ein gesetzliches Erbrecht, welches erst mit der Scheidung erlischt.
  • Besteht ein während der Ehe gemeinschaftlich verfasstes Testament oder ein Erbvertrag, sollte das Testament vorsichtshalber widerrufen oder vom Erbvertrag zurückgetreten werden - am besten schon während der Trennungsphase.
  • Wenn ein gemeinsames Kind vorhanden ist, kann der geschiedene Ehegatte immer noch an die Erbschaft gelangen, wenn das Kind nach dem Ex-Ehegatten selbst verstirbt. Ein Testament kann für diesen Fall Abhilfe schaffen.

1. Wann macht ein Geschiedenentestament Sinn?

Ein Geschiedenentestament muss errichtet werden, wenn Sie zwingend vermeiden wollen, dass der Ex-Ehegatte am eigenen Nachlass partizipiert.

Wenn nur ein Kind vorhanden ist, welches noch keine eigenen Kinder hat, ist die Gefahr am größten, dass der geschiedene Ehepartner den eigenen Nachlass erbt. Stirbt der Geschiedene, würde das Kind Alleinerbe werden. Stirbt dann das Kind ohne eigene Abkömmlinge zu hinterlassen und ohne ein Testament errichtet zu haben, wird der Ex-Ehegatte Alleinerbe, und zwar am gesamten Nachlass des Kindes, mithin letztlich am Nachlass des Geschiedenen!

Selbst für den Fall, dass das Kind durch ein Testament eine andere Person eingesetzt hat, stünde dem Ex-Ehepartner ein Pflichtteilsanspruch zu, der sich auch aus dem Wert des Nachlass des Geschiedenen errechnet.

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2. Wie sichere ich mich in der Trennungsphase ab?

Nach der Trennung besteht weiterhin ein gesetzliches Erbrecht des Ehegatten.

Dieses gesetzliche Erbrecht entfällt  

  • mit Rechtskraft der Scheidung

oder, falls der Erblasser vor rechtskräftiger Beendigung des Scheidungsverfahrens verstirbt, sobald

  • die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren (Trennungsjahr von mindestens einem Jahr eingehalten) und
  • der Erblasser die Scheidung beantragt oder
  • der Scheidung zugestimmt hatte.

Auch ein gemeinsames Ehegattentestament, in dem der Erblasser seinen Ehegatten bedacht hat, verliert unter diesen Voraussetzungen seine Wirkung, es sei denn, es wäre anzunehmen, dass der Erblasser seine Verfügung auch für den Scheidungsfall getroffen hätte.

Daher sollte schon direkt nach der Trennung ein gemeinsames Testament gegenüber dem getrennt lebenden Ehegatten widerrufen werden.
Ein gemeinsames Testament ist wirksam widerrufen, wenn der Widerruf notariell beurkundet und die Ausfertigung der Urkunde dem Ehegatten zugestellt worden ist.

Zur Vermeidung des gesetzlichen Erbrechts des getrennt lebenden Ehegatten müsste dann unmittelbar ein neues Testament errichtet werden, in welchem nicht der Ehegatte, sondern gemeinsame Kinder oder eine dritte Person zu Erben eingesetzt werden.

Dem getrennt lebenden Ehegatten stünde dann zwar noch der Pflichtteil am Nachlass zu (bis zur Zustellung des Scheidungsantrags), er wäre aber immerhin nicht mehr Erbe.

3. In welchen Fällen erbt der geschiedene Ehegatte?

Der geschiedene Ehegatte erbt direkt, wenn ein Testament existiert, welches auch für den Falle der Ehescheidung wirksam sein soll.

Der geschiedene Ehegatte erbt mittelbar, wenn nach dem Tod des Ehegatten ein gemeinsame Kind verstirbt, ohne eigene Abkömmlinge zu hinterlassen.

4. Wie kann ich verhindern, dass der geschiedene Ehegatte Erbe wird?

Zunächst sollte im Geschiedenentestament eine Erbeinsetzung und eine Ersatzerbeinesetzung erfolgen.

Die Anordnung der Vor- und Nacherbfolge hat erhebliche Konsequenzen und Beschränkungen für den Vorerben. 

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Die Anordnung zur Vermeidung der mittelbaren Partizipation des Ex-Ehegatten kann durch Vor- und Nacherbschaft oder durch Vermächtnis erfolgen.

Soll die Partizipation in jedem Fall vermieden werden, sollte eine Vor- und Nacherbschaft angeordnet werden. Der Erbe wird lediglich Vorerbe und ein Nacherbe wird für den Fall bestimmt, dass der Erbe verstirbt ohne eigene Abkömmlinge zu hinterlassen.

Die Vor- und Nacherbfolge ist allerdings zumeist mit Einschränkungen für den Erben verbunden.

Wird das Risiko der Partizipation des Ex-Ehegatten als gering eingeschätzt, bspw. bei älteren Kindern mit geplantem Nachwuchs, reicht die Anordnung eines bedingten Herausgabevermächtnisses aus.
Hier ordnet der Eblasser an, dass für den Fall, dass der Ex-Ehegatte Gegenstände aus dem Nachlass erhalten würde oder diese Gegenstände für die Berechnung eines Pflichtteilsanspruches Grundlage wären, einer dritten Person ein Vermächtnis zugewendet ist. Der Inhaber dieses Anspruches ist im Testament zu benennen.

Expertentipp vom Fachanwalt für Erbrecht:

Wenn Kinder im Spiel sind, ist der potentielle Nachlass im Falle einer Scheidung und eventuellen Wiederheirat umso schwieriger zu regeln. Wir stehen Ihnen hierbei gerne mit unserer umfassenden Expertise zur Verfügung, so dass Ihr Nachlass nach dem Erbfall auch wirklich da ankommt, wo Sie ihn haben möchten.

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5. Dürfen die Kinder ihren Pflichtteil auch beim Geschiedenentestament verlangen?

Das Pflichtteilsrecht eigener Kinder gilt unabhängig von den Regelungen, die im Rahmen eines Testamentes angeordnet werden. Somit können auch bei dem sog. „Geschiedenentestament“ selbstverständlich enterbte Abkömmlinge ihren Pflichtteil geltend machen.

  Ausführliche Informationen zum Pflichtteil & Pflichtteilsanspruch

6. Was ist bei minderjährigen Kindern zu beachten?

Bei minderjährigen Kindern empfiehlt es sich, Testamentsvolllstreckung anzuordnen. So kann dem Ex-Ehegatten das Verfügungsrecht über den ererbten Nachlass entzogen werden.

Stirbt ein Elternteil, steht dem überlebenden Elternteil durch Gesetz das Alleinige Sorgerecht zu.

Um die Verfügungsbefugnis des Ex-Ehegatten zu vermeiden, kann im Testament angeordnet werden, dass der andere Elternteil von der Verwaltung des ererbten Vermögens ausgeschlossen ist. Ein Testamentsvollstrecker wird benannt, der ggf. auch über das 18. Lebensjahr hinaus den Erbteil verwaltet.

7. Was müssen die Großeltern beachten, wenn ihre Kinder geschieden sind?

Auch Großeltern sollten sich die Frage stellen, ob Sie bei Einsetzung Ihrer Enkel als Erben oder Ersatzerben eine Vor- und Nacherbschaft anordnen möchten, um wiederum eine mittelbare Partizipation des ehemaligen Schwiegerkindes zu vermeiden. Die Anordnung einer Testamentsvollstreckung sollte in jedem Fall erfolgen.

8. Empfiehlt sich ein Geschiedenentestament auch für Partner einer auseinandergegangenen nichtehelichen Lebensgemeinschaft?

Das Problem der mittelbaren Partizipation des Ex-Partners tritt bei gemeinsamen Kindern auf, unabhängig davon, ob man verheiratet war oder nicht. Insofern müssen selbstverständlich auch ehemalige nichteheliche Partner an die Möglichkeiten der Anordnungen nach dem Konstrukt des "Geschiedenentestaments" denken.

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