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Berliner Testament & Pflichtteil: Ein Praxisleitfaden für Betroffene und Interessierte

Das Berliner Testament ist ein beliebtes Mittel für Ehegatten und eingetragene Lebenspartner, um sicherzustellen, dass der andere gut versorgt ist, wenn einer von ihnen stirbt. Doch gleichzeitig birgt es auch Herausforderungen, vor allem wenn es um die Rechte anderer Familienmitglieder auf einen Teil des Erbes geht - den sogenannten Pflichtteil. In diesem Leitfaden wollen wir Licht ins Dunkel bringen und Ihnen in verständlicher Weise die wichtigsten Aspekte des Berliner Testaments und des Pflichtteils erklären. Dabei gehen wir auf die rechtlichen Regelungen, praktische Beispiele und steuerliche Überlegungen ein, um Ihnen bei der sicheren und konfliktfreien Planung Ihres Erbes zu helfen.

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Autor dieser Seite:

Armin Abele
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht in Reutlingen, Testamentsvollstrecker
Das Wichtigste zum Berliner Testament & Pflichtteil:
  • Ein Berliner Testament ermöglicht es Ehe- oder eingetragenen Lebenspartnern, sich gegenseitig als Alleinerben einzusetzen; die gemeinsamen Nachkommen oder andere testamentarisch benannte Personen erben erst nach dem Tod des länger lebenden Partners.
  • Aufgrund des Berliner Testaments haben nahe Angehörige wie zum Beispiel Kinder durch den Pflichtteil einen Anspruch auf eine wirtschaftliche Mindestbeteiligung am Nachlass, weil wenn sie faktisch nach dem Tod des erstversterbenden Elternteils enterbt sind.
  • Die Pflichtteilsstrafklausel im Berliner Testament kann Pflichtteilsberechtigte davon abhalten, ihren Pflichtteil frühzeitig zu fordern, da negative Konsequenzen hierdurch ausgelöst werden können.
  • Eine rechtliche Beratung ist dringend empfohlen, um nicht nur den Zusammenhang zwischen dem Berliner Testament und dem Pflichtteil sowie die damit verbundenen steuerlichen und familiären Konsequenzen zu verstehen, sondern auch um sicherzustellen, dass keine nachteiligen Entscheidungen getroffen werden.

1. Die Relevanz des Berliner Testaments & des Pflichtteils für Familien und Kinder

Berliner Testament

Für Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner ist das Berliner Testament oft relevant, weil es eine Möglichkeit bietet, den überlebenden Partner finanziell abzusichern. Die Regelungen zum Berliner Testament finden sich in den §§ 2265 bis 2273 BGB. Durch die gegenseitige Einsetzung als Alleinerbe im ersten Todesfall wird sichergestellt, dass der überlebende Partner uneingeschränkt über das gesamte Vermögen verfügen kann. Erst nach dem Tod des zweiten Partners wird das Erbe an die im Testament bestimmten Schlusserben, oft die Kinder, weitergegeben. Dies kann insbesondere bei größeren Vermögen oder Immobilienbesitz wichtig sein, um z.B. einen Verkauf oder eine Zersplitterung des Vermögens schon im ersten Erbfall zu verhindern.

 Allgemeine Informationen zum Berliner Testament

Pflichtteil

Der Pflichtteil ist vor allem für die Kinder oder nahe Verwandte von Bedeutung, die durch ein Testament oder einen Erbvertrag von der Erbfolge ausgeschlossen wurden. Die Regelungen zum Pflichtteil finden sich in den §§ 2303 BGB bis 2338 BGB. Er dient dem Schutz dieser nahen Verwandten und stellt sicher, dass sie nicht gänzlich ohne wirtschaftlichen Anteil am Erbe bleiben. Für Eltern kann es relevant sein, sich bewusst zu sein, dass sie ihre Kinder nicht vollständig enterben können, da diese immer einen Anspruch auf den Pflichtteil haben, es sei denn, es liegen bestimmte schwerwiegende Gründe für einen Pflichtteilsentzug vor. Es ermöglicht Eltern, ihr Erbe zu gestalten, während sie den Schutz ihrer Kinder berücksichtigen.

  Alls zum Pflichtteilsrecht & Pflichtteilsanspruch

2. Wie das Berliner Testament den Pflichtteil beeinflusst

Ein Berliner Testament ist eine Form des gemeinschaftlichen Testaments, bei dem sich Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner gegenseitig zu Alleinerben einsetzen. Durch diese Form des Testaments wird die Erbschaft zunächst vollständig an den überlebenden Partner übertragen, wodurch die Kinder oder andere pflichtteilsberechtigte Verwandte im ersten Erbfall enterbt werden.

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Trotz der Enterbung behalten die pflichtteilsberechtigten Verwandten ihren Anspruch auf den Pflichtteil, welcher der Höhe nach grundsätzlich die Hälfte des gesetzlichen Erbteils beträgt. Der zunächst eingesetzte Alleinerbe erhält somit den Nachlass und die auf den Pflichtteil verwiesenen Kinder einen Geldanspruch aus dem Wert der Erbschaft. Dieser Anspruch besteht beim Tod des ersten und des zweiten Elternteils, wobei die pflichtteilsberechtigten Verwandten beim Tod des ersten Elternteils meist auf ihren Pflichtteil verzichten, um nach dem Tod des zweiten Elternteils den ihnen zustehenden Erbteil zu erhalten.

  Informationen zum Pflichtteilsverzicht

3. Wer hat bei der Errichtung eines Berliner Testaments einen Pflichtteilsanspruch?

Im Rahmen eines Berliner Testaments haben primär die Abkömmlinge des Erblassers, also in der Regel die Kinder, sowie der Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner einen Pflichtteilsanspruch, sofern sie enterbt sind. Die Höhe des Pflichtteils beträgt dabei die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Auch die Eltern des Erblassers können pflichtteilsberechtigt sein, sofern keine Abkömmlinge vorhanden sind, also eine kinderlose Ehe bestanden hat. Der Pflichtteilsanspruch besteht aufgrund der testamentarischen Enterbung und ermöglicht den nahen Angehörigen, einen finanziellen Anspruch am Nachlass geltend zu machen.

4. Pflichtteilsstrafklauseln und ihre Auswirkungen

Im Rahmen eines Berliner Testaments können die Testierenden Pflichtteilsstrafklauseln verankern. Diese Klausel soll die Kinder oder andere Pflichtteilsberechtigte davon abhalten, ihren Pflichtteil bereits beim ersten Erbfall geltend zu machen. Die Strafklausel bewirkt, dass Pflichtteilsberechtigte, die ihren Pflichtteil beim ersten Erbfall einfordern, beim zweiten Erbfall enterbt werden und wiederum nur den Pflichtteil aus der Erbschaft des nachversterbenden Elternteils erhalten. Diese Klausel dient dem Schutz des überlebenden Ehepartners und soll sicherstellen, dass dieser ungestört über das gesamte Vermögen verfügen kann. Es ist jedoch zu beachten, dass die Wirksamkeit solcher Pflichtteilsstrafklauseln von der genauen Formulierung und den individuellen Umständen abhängen kann. Daher ist eine juristisch präzise Ausarbeitung von essenzieller Bedeutung.

Beispiel: Auswirkungen der Pflichtteilsstrafklausel

Ein Ehepaar hat zwei Kinder und setzt ein Berliner Testament auf, das eine Pflichtteilsstrafklausel enthält. Nach dem Tod des ersten Ehepartners fordert eines der Kinder seinen Pflichtteil. Aufgrund der Pflichtteilsstrafklausel wird dieses Kind beim Tod des zweiten Ehepartners enterbt und erhält nur den Pflichtteil aus dem Wert der Erbschaft des nachverstorbenen Elternteils, während das andere Kind, das beim ersten Erbfall auf seinen Pflichtteil verzichtet hat, nun den gesamten Nachlass erbt.

 

Expertentipp vom Fachanwalt für Erbrecht

Das Berliner Testament und die Pflichtteilsstrafklausel sind komplexe juristische Konzepte, die professionelle Beratung erfordern, um Missverständnisse und spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Ein Fachanwalt für Erbrecht kann Sie umfassend beraten und dabei helfen, ein rechtssicheres Testament zu verfassen, das Ihren Wünschen und Anforderungen entspricht.

Zögern Sie nicht, die Expertise eines Erbrechtsexperten in Anspruch zu nehmen, um Ihr Erbe nach Ihren Vorstellungen zu regeln.

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5. Weitere Möglichkeiten zur Minimierung des Pflichtteilsrisikos

Bei der Gestaltung eines Berliner Testaments gibt es neben der Pflichtteilsstrafklausel auch andere Mechanismen, um das Pflichtteilsrisiko zu minimieren:

  1. Schenkungen zu Lebzeiten (§ 2325 BGB):
    • Schenkungen zu Lebzeiten können das pflichtteilrelevante Vermögen reduzieren. So könnte ein Ehepaar, das ein Berliner Testament verfasst hat, Teile ihres Vermögens zu Lebzeiten an ihre Kinder verschenken. Dadurch würde der Wert des Nachlasses, auf den die Pflichtteilsansprüche berechnet werden, gemindert. Es ist jedoch zu beachten, dass Schenkungen, die innerhalb der letzten 10 Jahre vor dem Erbfall gemacht wurden, pflichtteilserhöhend wirken können.
  2. Verzichtserklärungen (§ 2346 BGB):
    • Der Pflichtteilverzicht kann eine effektive Methode sein, um einen Verkaufszwang oder eine Zersplitterung des Vermögens, insbesondere bei größeren Vermögen oder Immobilienbesitz, zu verhindern. Beispielsweise könnte ein Kind auf seinen Pflichtteil verzichten, um sicherzustellen, dass Immobilien im Familienbesitz bleiben oder bestimmte Vermögenswerte als Ganzes erhalten bleiben. Dieser Verzicht muss notariell beurkundet werden und kann nicht einseitig zurückgenommen werden, es bedarf hierfür der Zustimmung des Erblassers. Durch den Pflichtteilverzicht können die Erblasser die Verteilung ihres Vermögens nach ihrem Tod besser steuern und familiäre oder finanzielle Ziele leichter erreichen.
  3. Vermächtnisse (§§ 1939 - 1966 BGB):
    • Durch Vermächtnisse können bestimmte Gegenstände oder Geldbeträge zugewiesen werden, ohne die Person als Erben einzusetzen. Beispiel: Ein Ehepaar könnte in ihrem Berliner Testament festlegen, dass eine Immobilie als Vermächtnis an ein Kind geht, um dessen Pflichtteilsanspruch zu reduzieren: wird das Vermächtnis angenommen, wird dessen Wert auf den Pflichtteilsanspruch angerechnet.
  4. Testamentarische Auflagen und Bedingungen (§§ 1940 - 1945 BGB):
    • Durch testamentarische Auflagen oder Bedingungen kann das Verhalten der Pflichtteilsberechtigten beeinflusst werden. Beispielsweise könnte ein Ehepaar festlegen, dass die Kinder nur dann ihren Erbteil erhalten, wenn sie bestimmte Auflagen erfüllen, wie beispielsweise die Pflege des überlebenden Ehepartners übernhmen.
  5. Lebensversicherungen:
    • Lebensversicherungen können außerhalb des Nachlasses gestaltet werden, sodass die Auszahlungen nicht dem Pflichtteil unterliegen. Ein Ehepaar könnte Lebensversicherungen abschließen und die Kinder als bezugsberechtigt einsetzen, um ihnen finanzielle Sicherheit zu bieten, unabhängig vom Pflichtteil.
  6. Nießbrauch und Wohnrecht (§§ 1030 - 1043 BGB):
    • Nießbrauch oder Wohnrecht können helfen, Immobilien aus dem pflichtteilrelevanten Nachlass herauszuhalten. Beispiel: Ein Ehepaar könnte einem Kind das Wohnrecht an einer Immobilie einräumen, wodurch der Wert dieser Immobilie für die Pflichtteilsberechnung gemindert wird.

Jede dieser Maßnahmen sollte in enger Abstimmung mit einem Fachanwalt für Erbrecht getroffen werden, um Sicherheit zu gewährleisten, dass sie den gewünschten Effekt erzielen und rechtlich einwandfrei sind.

6. Anspruch und Verjährung des Pflichtteils aus Sicht der Kinder

Im Kontext des Berliner Testaments akzeptieren viele Kinder nach dem Ableben des ersten Elternteils die aufgeschobene Erbfolge und warten auf den zweiten Erbfall. Doch in manchen familiären oder finanziellen Situationen kann es vorkommen, dass die Kinder ihren Pflichtteil beim ersten Erbfall geltend machen möchten.

In solchen Fällen wenden sich die Kinder an den überlebenden Elternteil, der nun Alleinerbe ist, um ihren Pflichtteil einzufordern, da dieser für die Auszahlung des Pflichtteils verantwortlich ist. Sollte es zu keiner Einigung kommen, kann die rechtliche Durchsetzung des Pflichtteils, oft mit Unterstützung von Rechtsanwälten, in Gang gesetzt werden. Hierbei werden zunächst außergerichtlich Auskunfts-, Wertermittlungs- und Zahlungsansprüche geltend gemacht. Sollte dieser Weg nicht fruchtbar sein, besteht die Option, die Ansprüche vor dem Landgericht geltend zu machen (das Nachlassgericht ist in diesem Fall nicht zuständig).

Die Gelegenheit, den Pflichtteil zu fordern, verjährt nach einem Zeitraum von drei Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem das jeweils enterbte Kind von dem Erbfall und dem Berliner Testament Kenntnis erlangt, allerdings nicht vor dem 1. Januar des darauffolgenden Jahres, was bedeutet, dass die Frist stets zum Jahresende ausläuft. Für minderjährige Kinder tritt eine Besonderheit ein, da der gesetzliche Vertreter zugleich der Schuldner des Pflichtteilsanspruchs ist. In diesem Fall beginnt die Verjährungsfrist erst mit Erreichen des 21. Lebensjahres.

Wie ein Fachanwalt für Erbrecht beim Berliner Testament und Pflichtteil unterstützen kann

Im Bereich des Erbrechts bietet die Expertise eines Fachanwalts eine unverzichtbare Unterstützung. Ein Fachanwalt für Erbrecht kann Sie umfassend beraten und dabei helfen, zwischen verschiedenen Testamenten zu wählen und ein rechtssicheres Berliner Testament zu verfassen.

Bei der Errichtung eines Berliner Testaments hilft der Anwalt, die Erbfolge nach den Wünschen der Ehegatten festzulegen, dabei die Rechte der Kinder zu berücksichtigen und steuerliche Aspekte zu optimieren. Er unterstützt bei der Durchsetzung oder Abwehr von Pflichtteilsansprüchen, und bietet wertvolle Beratung zur Vermeidung möglicher Konflikte. Zögern Sie nicht, die professionelle Beratung eines Erbrechtsexperten in Anspruch zu nehmen, um Ihr Testament rechtssicher zu gestalten und Ihr Erbe nach Ihren Vorstellungen zu regeln.

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