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Erbe ausschlagen: Tipps, Kosten und Vorgehensweise

Das Erbe eines verstorbenen Angehörigen auszuschlagen, ist eine weitreichende Entscheidung, die gut überlegt sein sollte. Während viele Menschen ein Erbe als Glücksfall betrachten, kann es in manchen Situationen sinnvoll oder sogar notwendig sein, eine Erbschaft abzulehnen.

Doch was bedeutet es genau, ein Erbe auszuschlagen? Welche rechtlichen und finanziellen Konsequenzen hat dieser Schritt? Und wie geht man dabei am besten vor? In diesem Beitrag erhalten Sie einen Überblick über die wichtigsten Aspekte der Erbausschlagung.

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Autor dieser Seite:

Thomas Maulbetsch
Rechtsanwalt und Mediator, Fachanwalt für Erbrecht in Obrigheim
Das Wichtigste in Kürze
  • Ein Erbe kann innerhalb von sechs Wochen nach Kenntnis ausgeschlagen werden.
  • Durch die Ausschlagung verzichten Sie auf sämtliche Vermögenswerte und Schulden des Erblassers.
  • Die Ausschlagung muss persönlich beim Nachlassgericht oder notariell beglaubigt erklärt werden.
  • Auch minderjährige Kinder müssen ausschlagen, wenn die Eltern das Erbe ablehnen.
  • Eine Ausschlagung ist in der Regel unwiderruflich.

1. Wann ist es sinnvoll, ein Erbe auszuschlagen?

Eine Erbausschlagung ist besonders dann sinnvoll, wenn der Nachlass überschuldet ist. Andernfalls könnten Sie als Erbe für die Schulden des Verstorbenen haften – auch mit Ihrem eigenen Vermögen. In folgenden Fällen sollten Sie auf jeden Fall über eine Erbausschlagung nachdenken:

  • Der Verstorbene hinterlässt hohe Kreditschulden, die den Wert seiner Vermögenswerte übersteigen.
  • Es existieren unbekannte Steuerschulden oder Haftungsrisiken aus der Geschäftstätigkeit des Erblassers.
  • Eine geerbte Immobilie ist stark sanierungsbedürftig und die Kosten übersteigen den Wert.
  • Der Nachlass enthält Vermögenswerte, die hohe laufende Kosten verursachen oder teure Instandhaltungen erfordern.

Erbschaft annehmen oder ausschlagen?

In diesem Video erklärt Andreas Wolf, Fachanwalt für Erbrecht aus Mannheim, worauf Sie achten sollten, wenn Sie eine Erbschaft antreten – und wann es besser ist, sie auszuschlagen. Verständlich, praxisnah und auf den Punkt!

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Expertentipp vom Erbrechtsexperten

Es gibt viele Gründe, sich für eine Erbausschlagung zu entscheiden. Verschaffen Sie sich unbedingt einen genauen Überblick über den Nachlass, bevor Sie eine Entscheidung treffen. Nutzen Sie dafür alle verfügbaren Unterlagen und zögern Sie nicht, bei Banken und Behörden nachzufragen. Im Zweifel ist eine Ausschlagung oft die sicherere Option. Haben Sie Fragen? Ein Erbrechtsexperte in Ihrer Nähe hilft Ihnen gern weiter!

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2. Welche Folgen hat die Erbausschlagung?

Mit der Ausschlagung verzichten Sie vollständig auf Ihren Erbteil. Das bedeutet:

  • Sie erhalten keinerlei Vermögenswerte aus dem Nachlass.
  • Sie haften nicht für Schulden des Verstorbenen.
  • Das Erbe geht an den nächsten in der gesetzlichen Erbfolge über.
  • Auch Ihre minderjährigen Kinder sind von der Erbausschlagung betroffen.

3. Erbe ausschlagen: So gehen Sie am besten vor

Die Entscheidung, eine Erbschaft auszuschlagen, erfordert eine sorgfältige Abwägung. Wenn Sie darüber nachdenken, Ihr Erbe auszuschlagen, sollten Sie die folgenden Schritte beachten:

  1. Verschaffen Sie sich einen Überblick über den Nachlass:
    • Sichten Sie alle verfügbaren Unterlagen des Verstorbenen, wie Kontoauszüge, Sparbücher und Depotauszüge.
    • Erstellen Sie eine Liste aller bekannten Vermögenswerte (z. B. Immobilien, Fahrzeuge, Wertgegenstände) und recherchieren Sie mögliche Schulden, offene Rechnungen oder Kreditverpflichtungen.
    • Kontaktieren Sie bei Bedarf Banken, Versicherungen und andere relevante Institutionen. ⇒ Hier finden Sie Informationen zum Thema "Banken und Erbrecht"
  2. Bewerten Sie die finanzielle Situation des Nachlasses:
    • Stellen Sie eine Bilanz aus Vermögenswerten und Schulden auf.
    • Berücksichtigen Sie mögliche zukünftige Kosten, wie Renovierungsbedarf oder laufende Instandhaltungen.
  3. Beachten Sie die Fristen und Formvorschriften:
    • Sie haben ab Kenntnis von der Erbschaft 6 Wochen Zeit, um diese auszuschlagen.
    • Befindet sich der letzte Wohnsitz des Erblassers im Ausland oder halten Sie sich selbst im Ausland auf, verlängert sich die Frist auf 6 Monate.
    • Die Ausschlagung muss entweder persönlich beim Nachlassgericht oder durch eine notarielle Beglaubigung erklärt werden.
  4. Holen Sie sich professionellen Rat:
    • Konsultieren Sie einen Fachanwalt für Erbrecht oder einen Steuerberater, um die Konsequenzen einer Erbausschlagung zu verstehen.
    • Tipp: Einen erfahrenen Erbrechtsexperten in Ihrer Nähe finden Sie hier.
  5. Treffen Sie Ihre Entscheidung:

    Wägen Sie Vor- und Nachteile sorgfältig gegeneinander ab und treffen Sie Ihre Entscheidung rechtzeitig.

  6. Erbausschlagung durchführen:
    • Persönlich beim Nachlassgericht:
      • Ermitteln Sie das zuständige Gericht (an Ihrem Wohnort oder am letzten Wohnsitz des Erblassers).
      • Vereinbaren Sie einen Termin und erscheinen Sie mit allen notwendigen Unterlagen (z. B. Personalausweis, Geburtsurkunde).
      • Vor Ort geben Sie Ihre Ausschlagungserklärung zu Protokoll.
    • Über eine notarielle Beglaubigung:
      • Lassen Sie Ihre Ausschlagungserklärung von einem Notar beglaubigen.
      • Der Notar übermittelt die Erklärung an das zuständige Nachlassgericht.
      • Hinweis: Der notarielle Weg ist oft flexibler, kann jedoch höhere Kosten verursachen.

4. Erbe ausschlagen Beerdigungskosten: Was gilt?

Hinsichtlich der Beerdigungskosten gilt beim Ausschlagen des Erbes, dass Sie unter Umständen trotzdem für die Bestattungskosten herangezogen werden können. Ob dies der Fall ist, hängt von Ihrer Beziehung zum Verstorbenen und Ihrer finanziellen Situation ab und wird im Einzelfall entschieden.

5. Verliere ich auch meinen Pflichtteilsanspruch, wenn ich das Erbe ausschlage?

Ja, mit der Ausschlagung des Erbes verlieren Sie in der Regel auch Ihren Anspruch auf den Pflichtteil. Der Pflichtteil ist ein gesetzlich garantierter Mindestanteil am Nachlass, der bestimmten nahen Angehörigen zusteht, selbst wenn sie durch ein Testament enterbt wurden. Er beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.

  Alles Wichtige zum Pflichtteilsanspruch & Pflichtteilsrecht

Es gibt jedoch eine wichtige Ausnahme von dieser Regel:

Wenn Sie bereits vor dem Tod des Erblassers durch ein Testament von der Erbfolge ausgeschlossen wurden, können Sie das Erbe ausschlagen und dennoch Ihren Pflichtteil geltend machen. Dies kann in bestimmten Situationen vorteilhaft sein, etwa wenn der Nachlass überschuldet ist, Sie aber dennoch einen Teil des Vermögens beanspruchen möchten.

Expertentipp vom Erbrechtsexperten

Sollten Sie von der genannten Ausnahme Gebrauch machen können und wollen, sollten Sie unbedingt rechtlichen Rat einholen, bevor Sie sich für oder gegen die Erbausschlagung entscheiden.

 

Benötigen Sie Hilfe? Kontaktieren Sie jetzt einen Erbrechtsexperten in Ihrer Nähe.

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6. Kann ich eine Erbausschlagung rückgängig machen?

Eine einmal erklärte Erbausschlagung ist grundsätzlich unwiderruflich. In seltenen Fällen kann sie angefochten werden, etwa wenn Sie zum Zeitpunkt der Ausschlagung nicht über wichtige Details der Erbschaft informiert waren oder sich geirrt haben.

7. Kann ich ein einmal angenommenes Erbe nachträglich ausschlagen?

Nein, ein einmal angenommenes Erbe kann nicht mehr ausgeschlagen werden. Die Annahme erfolgt automatisch, wenn Sie die Ausschlagungsfrist von sechs Wochen verstreichen lassen oder aktiv Handlungen als Erbe vornehmen, wie z.B. die Beantragung eines Erbscheins.

Expertentipp vom Erbrechtsexperten

Seien Sie vorsichtig mit Handlungen, die als Erbannahme ausgelegt werden könnten. Dazu gehören etwa die Verfügung über Nachlassgegenstände oder die Bezahlung von Erbschaftssteuer. Im Zweifel sollten Sie die Ausschlagungsfrist nutzen, um sich von einem Erbrechtsexperten in Ihrer Nähe rechtlich beraten zu lassen.

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8. Erbe ausschlagen: Was darf man trotzdem?

Auch wenn Sie ein Erbe ausschlagen, haben Sie meist das Recht, persönliche Erinnerungsstücke des Verstorbenen zu behalten, solange diese von geringem Wert sind.

Außerdem haben Sie natürlich das Recht, Informationen über den Nachlass zu erhalten – denn nur so können Sie sich ja überhaupt erst für oder gegen die Erbausschlagung entscheiden.

9. Welche Fristen und Formvorschriften sind bei der Erbausschlagung zu beachten?

Bei der Erbausschlagung sind wichtige Fristen und Formvorschriften zu beachten. Grundsätzlich haben Sie eine Frist von 6 Wochen ab Kenntnis von der Erbschaft, um diese auszuschlagen. Die Ausschlagung muss entweder persönlich beim zuständigen Nachlassgericht erklärt oder notariell beglaubigt werden.

Als zuständiges Gericht gilt das Nachlassgericht an Ihrem eigenen Wohnort oder am letzten Wohnort des Erblassers. Eine Ausnahme von der 6-Wochen-Frist besteht, wenn Sie sich im Ausland aufhalten oder der Erblasser seinen letzten Wohnsitz im Ausland hatte. In diesen Fällen verlängert sich die Ausschlagungsfrist auf 6 Monate.

10. Welche Kosten fallen bei der Erbausschlagung an?

Die Kosten für eine Erbausschlagung variieren je nach Wert des Nachlasses und der gewählten Vorgehensweise. Entscheiden Sie sich für die Ausschlagung beim Nachlassgericht, fallen Gebühren von mindestens 30 EUR an, je nach Wert der Erbschaft auch mehr.

Wählen Sie den Weg über einen Notar, richten sich die Gebühren nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz. In der Regel liegen die Kosten beim Notar aber etwas höher als beim Gericht.

Weitere Fragen und Antworten

Welche Alternativen gibt es zur Erbausschlagung?

Es gibt verschiedene Alternativen zur Erbausschlagung:

  • Nachlassverwaltung: Bei der Nachlassverwaltung wird ein neutraler Verwalter vom Gericht bestellt, der den Nachlass abwickelt. Der Verwalter kümmert sich um die Begleichung von Schulden aus dem vorhandenen Vermögen. Als Erbe haften Sie dann nur noch mit dem Nachlass selbst, nicht mit Ihrem Privatvermögen. Die Nachlassverwaltung kann sinnvoll sein, wenn Sie sich unsicher über den Umfang des Nachlasses sind oder die Verwaltung nicht selbst übernehmen möchten.
  • Nachlassinsolvenzverfahren: Wenn der Nachlass überschuldet ist, können Sie als Erbe ein Nachlassinsolvenzverfahren beantragen. Dabei wird das verbliebene Vermögen unter den Gläubigern aufgeteilt. Ihre Haftung beschränkt sich dann ebenfalls auf den Nachlass.
  • Haftungsbeschränkung: Sie können Ihre Haftung auf den Nachlass beschränken, indem Sie ein Nachlassverzeichnis erstellen und beim Nachlassgericht einreichen. Dadurch haften Sie nur mit dem geerbten Vermögen, nicht mit Ihrem Privatvermögen. Dies erfordert jedoch eine genaue Auflistung aller Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Erblassers.
  • Dürftigkeitseinrede: Wenn der Nachlass gerade ausreicht, um die Beerdigungskosten zu decken, können Sie die sogenannte Dürftigkeitseinrede erheben. Damit weisen Sie darauf hin, dass der Nachlass zur Begleichung weiterer Forderungen nicht ausreicht.
  • Teilweise Annahme des Erbes: In manchen Fällen ist es möglich, nur einen Teil des Erbes anzunehmen und den Rest auszuschlagen.
  • Erbausgleich: Wenn Sie das Erbe annehmen, aber Bedenken wegen möglicher Schulden haben, können Sie mit anderen Erben einen Erbausgleich vereinbaren. Dabei werden Risiken und Vorteile unter den Erben aufgeteilt.

Wie kann ein Erbrechtsexperte beim Erbe ausschlagen behilflich sein?

Ein Erbrechtsexperte kann Ihnen bei der Erbausschlagung in vielerlei Hinsicht helfen:

  • Analyse der Nachlasssituation
  • Beratung zu den Konsequenzen einer Ausschlagung
  • Prüfung von Alternativen zur Ausschlagung
  • Unterstützung bei der fristgerechten und formgerechten Ausschlagung
  • Vertretung gegenüber Gläubigern und anderen Erben
  • Beratung zu steuerlichen Aspekten der Erbausschlagung

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