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Die Patientenverfügung: Was sie regelt und unbedingt beinhalten sollte

Die Rechtsbeziehung zwischen Arzt und Patienten unterliegt dem Grundsatz des Selbstbestimmungsrechts. Mit einer Patientenverfügung macht der Patient von seinem Selbstbestimmungsrecht Gebrauch und legt für den Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit fest, in welche ärztlichen Untersuchungen, Heilbehandlungen oder Eingriffe er einwilligt und welche er untersagt.

Das Wichtigste zur Patientenverfügung
  • Die Patientenverfügung muss schriftlich abgefasst und vom Aussteller eigenhändig unterschrieben sein.
  • Nur ein Volljähriger kann eine Patientenverfügung wirksam errichten, wenn er zur Zeit der Errichtung einwilligungsfähig war.
  • Die Patientenverfügung verlangt konkrete Entscheidungen des Betroffenen über die Einwilligung in bestimmte, noch nicht unmittelbar bevorstehende ärztliche Maßnahmen oder deren Untersagung. Daher ist es ratsam, einen Arzt seines Vertrauens hinzuzuziehen.
  • Es empfiehlt sich dringend, die Patientenverfügung mit einer Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung zu kombinieren. Denn der Bevollmächtigte als Vertrauensperson oder der Betreuer ist im Fall der Einwilligungsunfähigkeit der Ansprechpartner für den Arzt und derjenige, der dem Willen des Patienten Ausdruck und Geltung zu verschaffen hat.
  • Im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer können aus vorgenanntem Grund Patientenverfügungen nur zusammen mit einer Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügungen registriert werden. Isolierte Patientenverfügungen werden also nicht registriert. 
  • Die Patientenverfügung sollte zusammen mit oder von einem Rechtsanwalt oder Notar erstellt werden. Die Rechtsprechung beschäftigt sich immer wieder mit Fällen, in welchen Patientenverfügungen wegen mangelnder Bestimmtheit nicht bindend sind.

1. Beweggründe für die Erstellung einer Patientenverfügung

Anlass für den Wunsch, eine Patientenverfügung zu erstellen, ist zumeist weniger die Extremsituation "lebensbeendende Maßnahme". Vielmehr geht es oftmals um das Unbehagen vor einer von medizinischen Laien nicht mehr überschaubaren Apparatemedizin und die Angst davor, allein in der Anonymität eines Krankenhauses sterben zu müssen.

Das Erstellen einer Patientenverfügung ist damit keine Frage eines bestimmten Alters. Betroffen ist jede Person, die das 18. Lebensjahr vollendet hat.

Was gilt ohne Patientenverfügung?

Gibt es keine Patientenverfügung, so kommt es auf den mutmaßlichen Willen des Patienten an. Zu ermitteln ist der mutmaßliche Wille anhand konkreter Anhaltspunkte. Gibt es solche nicht, dürfen Ärzte und Betreuer davon ausgehen, dass der Patient den ärztlich indizierten Maßnahmen zustimmt.

2. Was sollte ich vor der Errichtung einer Patientenverfügung klären?

Sie sollten Ihre grundsätzliche Haltung zum Leben und Sterben unter Berücksichtigung der für Sie relevanten ethischen und religiösen Vorstellungen klären.

  • Sie sollten sich vergegenwärtigen, welche medizinische Behandlung Sie im Ernstfall in welchen bestimmten Behandlungssituationen wünschen: Welche Behandlungen lehnen Sie grundsätzlich ab? Welche Behandlungen kommen in konkreten Einzelfällen in Betracht, in anderen nicht? Inwieweit wünschen Sie lebensverlängernde Maßnahmen trotz im Ergebnis aussichtsloser Behandlung?
  • Sie sollten sich klarmachen, welche Bedeutung die so niedergelegten Behandlungsvorstellungen nach Ihrer Umsetzung auch für Ihre Angehörigen haben können.
  • Sie können festlegen, wo Sie sterben möchten (beispielsweise zuhause, im Hospiz) und wer Sie in dieser Phase begleiten soll.

Wer kann Sie bei ihrer Entscheidungsfindung unterstützen?

  • Medizinische Fragen, insbesondere die Auswirkungen der Umsetzung Ihrer Behandlungswünsche im Einzelfall sollten Sie mit Ihrem Hausarzt erörtern. Oft bestehen hier bei medizinischen Laien wesentliche Fehlvorstellungen. Teilweise werden Beratungen an Großkliniken angeboten.
  • Hilfreich sind auch Beratungsstellen verschiedener Organisationen und Vereinigungen, beispielsweise der Kirchen oder der Hospizbewegung, die Sie persönlich beraten können.
  • Wegen bei der sprachlichen Ausgestaltung, insbesondere hinsichtlich rechtlicher Fragen, sollten Sie sich an einen Rechtsanwalt oder Notar wenden, der über Erfahrungen im Zusammenhang mit der Errichtung einer Patientenverfügung verfügt.

3. Wie handhaben Ärzte meine Patientenverfügung?

Die Patientenverfügung ist für den Arzt der Maßstab für das erlaubte Handeln oder Unterlassen von indizierten medizinischen Maßnahmen.
Aktive Sterbehilfe, also die das Leben verkürzende Einflussnahme auf den Krankheits– und Sterbeprozess, ist auch durch eine ausdrückliche entsprechende Patientenverfügung niemals gerechtfertigt. Die Tötung auf Verlangen (§ 216 StBG) und geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung (§ 217 StBG) sind strafbar.
Aus der Sicht des Arztes ist die Patientenverfügung ein Instrument zur Vermeidung von Behandlungsfehlern und strafbaren Handlungen.

Welche Konsequenzen hat es, wenn ein Arzt eine Patientenverfügung nicht beachtet?

Handelt ein Arzt gegen die in einer ihm inhaltlich bekannten Patientenverfügung festgelegten Anordnungen, kann er sich wegen Körperverletzung strafbar machen.

Er ist also verpflichtet, ihren Willen umzusetzen, soweit dieser konkret genug zum Ausdruck gekommen und die Anordnung im Einzelfall auch medizinisch indiziert ist. Er ist nicht daher nicht verpflichtet, medizinisch vollkommen unsinnige Behandlungswünsche umzusetzen.

4. Wer entscheidet letztlich über den Abbruch von lebensverlängernden Maßnahmen?

Die Entscheidung trifft der Betreuer oder Bevollmächtigte.
Er bedarf für den Abbruch einer lebenserhaltenden Maßnahme dann keiner betreuungsgerichtlichen Genehmigung, wenn der Betroffene eine wirksame Einwilligung dazu bereits in einer Patientenverfügung niedergelegt hat. Voraussetzung ist jedoch immer, dass die in der Patientenverfügung niedergelegte auf die konkret eingetretene Lebens- und Behandlungssituation zutrifft (BGH, Beschl. v. 14.11.2018 – XII ZB 107/18, Rn. 17 ff.).

5. Was sollte in einer Patientenverfügung geregelt sein?

Es sollte festgelegt sein, in welchen Situationen die Patientenverfügung Geltung haben soll. Dafür kommen in Betracht:

  • Behandlung im unmittelbaren Sterbeprozess,
  • Behandlung im Endstadium einer tödlich verlaufenden Krankheit,
  • Behandlung beim Wachkoma,
  • Behandlung einer Demenzerkrankung (Beispiel Alzheimer).

6. Welche Handlungsanweisungen können im Einzelnen getroffen werden?

  • Medizinische Maximalbehandlung oder Behandlungsabbruch
  • Gewebe – oder Organübertragungen
  • Behandlung mit dem möglichen Risiko einer Lebenszeitverkürzung
  • künstliche Ernährung
  • künstliche Flüssigkeitszufuhr
  • Wiederbelebungsmaßnahmen
  • künstliche Beatmung
  • Blutwäsche oder -transfusion

Das Gesetz sieht vor, dass die Patientenverfügung eine konkrete Anweisung für einen konkreten Einzelfall regeln muss. Es ist klar, dass im Voraus nicht jede Behandlungssituation berücksichtigt werden kann. Dennoch sollte dies - soweit wie möglich - versucht werden. Je konkreter die einzelnen Regelungen sind, umso wahrscheinlicher ist es, dass diese auch wirksam und damit bindend für die Ärzte und das Pflegepersonal sind. 

7. Wie wird die Patientenverfügung erstellt?

Eine Patientenverfügung ist in jedem Fall schriftlich niederzulegen. Bloße mündliche Äußerungen stellen keine Patientenverfügung dar und binden daher die behandelnden Personen nicht. Die Patientenverfügung muss höchstpersönlich errichtet sein und die Unterschrift des Verfügenden tragen.

Eine Patientenverfügung muss allerdings nicht handschriftlich erstellt werden. Sie kann maschinenschriftlich niedergelegt werden.
Es sollte der Ort und das Datum der Errichtung vermerkt werden, auch wenn diese Angabe keine Wirksamkeitsvoraussetzung ist.  
Soweit zum Zeitpunkt der Errichtung der Patientenverfügung Zweifel an ihrer Geschäftsfähigkeit bestehen könnten, sollte ein Arzt, der Sie an dem gleichen Tag untersucht, diese durch ein Attest bestätigen. So kann später jederzeit die Geschäftsfähigkeit nachgewiesen werden.

Häufig wird empfohlen, eine Patientenverfügung in regelmäßigen Abständen zu bestätigen und darauf hinzuweisen, dass zum Zeitpunkt der Bestätigung der niedergelegte Wille noch Geltung hat. Einen entsprechenden Bestätigungsvermerk enthält auch der Vorschlag des Bundesministeriums der Justiz für den Text einer Patientenverfügung.

Von einem solchen Bestätigungsvermerk ist jedoch dringend abzuraten. Zum einen ist er rechtlich nicht erforderlich, zum anderen können Zweifel an der Wirksamkeit der getroffenen Anordnung entstehen, wenn man einmal vergisst, die Verfügung in dem davor üblichen zeitlichen Abstand zu bestätigen.

Der Wortlaut der Patientenverfügung sollte unbedingt eindeutig sein und möglichst keine auslegungsbedürftigen Begriffe oder wertende Begriffe enthalten wie beispielsweise: “in Würde sterben“ oder “qualvolle Leiden vermeiden“. Jeder Einzelne versteht unter Würde und Qualen etwas anderes, so dass diese Begriffe ungeeignet sind, Ihr Selbstbestimmungsrecht zu verwirklichen. 

8. Kann man aktive Sterbehilfe wirksam anordnen?

Aktive Sterbehilfe ist (anders als die bloße Beihilfe zur Selbsttötung) verboten und strafbar. Das gilt auch, wenn diese durch den Betroffenen in einer Patientenverfügung angeordnet worden ist. Solche Anordnungen sollten daher nicht in einer Patientenverfügung aufgenommen werden!

9. Wie kann ich meine Patientenverfügung ändern oder widerrufen?

Eine Patientenverfügung kann jederzeit formlos widerrufen werden, also auch mündlich oder durch schlüssiges Verhalten. So ist es in § 1901a Abs. 1 S. 3 BGB ausdrücklich geregelt.

Anders als bei der Erstellung der Patientenverfügung ist also keine Schriftform dafür erforderlich. Es wird angenommen, dass dafür auch keine volle Geschäftsfähigkeit notwendig ist. Daher kann ein Widerruf einer Patientenverfügung auch noch erfolgen, wenn man beispielsweise aufgrund einer Erkrankung nicht mehr in der Lage ist, zu schreiben oder zu sprechen. Der Widerruf kann in der Weise erfolgen, dass sie ihren diesbezüglichen Willen eindeutig zum Ausdruck bringen. Auf dem Krankenbett reicht z.B. schon ein Kopfschütteln.

Wann sollte ich meine Patientenverfügung überprüfen?

Die Überprüfung einer Patientenverfügung sollte in regelmäßigen Abständen erfolgen. Zudem empfiehlt es sich, diese vor einer gesundheitlich risikoreichen Behandlung oder nach einem Unfall zur Hand zu nehmen. Die Konfrontation mit einem Risiko verändert oft die Einstellung zu Behandlungswünschen. Zudem kann sich ihre Einstellung aufgrund veränderter familiärer, religiöser oder altersbedingter Umstände verändern.

10. Vorlagen und Muster für Ihre Patientenverfügung

Es gibt zahllose Vorschläge für die Formulierung einer Patientenverfügung im Internet. Auch zahlreiche Organisationen stellen Formulare zur Verfügung. Diese Entwürfe machen aber eine individuelle Auseinandersetzung mit den eigenen Behandlungswünschen nicht entbehrlich.

Expertentipp vom Fachanwalt für Erbrecht:

Eine gute Grundlage zur Entscheidungsfindung stellt der Entwurf des Bundesministeriums der Justiz für eine Patientenverfügung dar. Jedoch sollten Sie immer noch einen Fachanwalt für Erbrecht aufsuchen, der mit Ihnen die für Sie optimale Patientenverfügung erarbeitet.

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Weitere Fragen und Antworten

Wo bewahre ich meine Patientenverfügung am besten auf?

Der beste Aufbewahrungsort ist theoretisch die eigene Brieftasche. Dann ist die Patientenverfügung in jeder Situation, also auch nach einem Unfall, sofort verfügbar.
Aufgrund des Umfangs einer Patientenverfügung ist das jedoch ziemlich unpraktisch.

Daher empfiehlt es sich, zumindest eine Notfallkarte mit dem Hinweis auf Existenz und Aufbewahrungsort einer Patientenverfügung im Portemonnaie zu verwahren. Aus dieser Notfallkarte sollte sich ergeben, wo sich die Patientenverfügung befindet bzw. wer diese im Besitz hat, am besten auch der Name des Betreuers oder Bevollmächtigten mit dessen Telefonnummer.

In einigen Bundesländern besteht zwar die Möglichkeit, Betreuungsverfügungen bei einem Vormundschaftsgericht zu hinterlegen. Für Patientenverfügungen gilt das aber nicht.

Es gibt allerdings auch private Organisationen (zum Beispiel das Deutsche Rote Kreuz), bei denen die Patientenverfügung gegen eine geringe Gebühr hinterlegt werden kann. Das bietet sich an, wenn Sie alleinstehend sind und keine Person haben, der Sie beispielsweise im Rahmen der Erteilung einer Vorsorgevollmacht die Patientenverfügung zur Aufbewahrung anvertrauen. Soweit Sie sich in eine Behandlung begeben, ist es selbstverständlich sinnvoll, diese vor Beginn der Behandlung beispielsweise der Stationsleitung zu übergeben. 

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