Das Berliner Testament - Chancen, Risiken, Steuerfallen
Das Berliner Testament ist eine besondere Art von letztwilliger Verfügung, bei dem Ehegatten und eingetragene Lebenspartner ihren gemeinsamen letzten Willen in ein und derselben Urkunde miteinander verknüpfen können. Daher wird dieses Testament auch „Ehegattentestament“ genannt.
Ein Berliner Testament ist ein gemeinschaftliches Testament, in dem sich Ehegatten gegenseitig zu alleinigen Erben einsetzen und für den zweiten Erbfall einen Dritten zum Schlusserben bestimmen.
Berliner Testament - Vorteile & Risiken
In diesem Video klärt Sie Hans-Oskar Jülicher, Fachanwalt für Erbrecht aus Heinsberg, über die Vorteile und Risiken des Berliner Testaments auf.
- Was ist ein Berliner Testament?
- In welcher Form wird ein Berliner Testament errichtet?
- Video: Gemeinschaftliches Testament richtig gestalten
- Kann ich das Berliner Testament jederzeit ändern oder widerrufen?
- Wann kann ich ein Berliner Testament anfechten?
- Wie wirkt sich eine Scheidung auf das Berliner Testament aus?
- Vor- und Nachteile eines Berliner Testaments
- Warum sollte eine Pflichtteilsklausel beim Berliner Testament nicht fehlen?
- Sollte ein Berliner Testament eine Abänderungsklausel enthalten?
- Sollte man sein Berliner Testament beim Nachlassgericht in Verwahrung geben?
1. Was ist ein Berliner Testament?
Erben nacheinander – erst der Partner, dann die Kinder
Um diesen Wunsch zu verwirklichen, errichten die Ehepartner ein „Berliner Testament“, welches die erbrechtlichen Folgen für zwei Todesfälle regelt. Der Gesetzgeber hat es den Eheleuten einfach gemacht, ein solches Ehegattentestament zu errichten. Es gibt zwei voneinander abweichende Arten des Berliner Testaments:
1. Einheitslösung: Voll- und Schlusserben
Stirbt ein Partner, wird bei dieser Variante der Überlebende zum alleinigen „Vollerben“, die Kinder erben als „Schlusserben“ erst nach dem Tod des zweiten, verwitweten Partners. Bei dieser Variante geht der gesamte Nachlass zunächst auf den verwitweten Ehepartner über, die Kinder gehen beim Tod des ersten Elternteils also leer aus. Der überlebende Ehepartner kann mit dem Nachlass fast alles tun und lassen, was er will. Jedoch darf er keine Schenkungen vornehmen, um damit den Nachlass absichtlich zu Lasten der Schlusserben, meist die Kinder des Paares, zu mindern.
Die Problematik dieser Lösung liegt auf der Hand: Das Ehevermögen kann durch unwirtschaftliches und unsinniges Verhalten des überlebenden Partners komplett für die Kinder verloren gehen, was vom Erstverstorbenen meist nicht gewollt war. Heiratet die Witwe oder der Witwer wieder, entstehen dadurch Erb- oder Pflichtteilsansprüche des neuen Partners. Also auch dadurch kann das Vermögen für die gemeinsamen Kinder aus erster Ehe geschmälert werden. Durch die Wiederheirat können zudem Anfechtungsrechte entstehen, die binnen Jahresfrist ausgeübt werden müssen.
2. Trennungslösung - Vor- und Nacherben
Bei dieser Lösung wird der überlebende Partner nach dem Todesfall „Vorerbe“, die Kinder „Nacherben“. Der Nachlass des zuerst verstorbenen Partners – meist die Hälfte des gesamten Ehevermögens – bildet dann ein „Sondervermögen“, das die Witwe oder der Witwer für die Nacherben quasi treuhänderisch verwaltet. Auch hier erhalten die Kinder also erst nach dem Tod beider Elternteile ihr Erbe. Die Witwe oder der Witwer kann über diesen Nachlass zu Lebzeiten nur in engen Grenzen verfügen. Sie oder er kann noch einen Nutzen daraus ziehen (das Haus bewohnen oder vermieten, Zinsen oder Miete kassieren), doch weder der Verkauf noch die Belastung von Immobilien aus dem Nachlass sind möglich. Der überlebende Partner kann auch nichts mehr aus dem Nachlass verschenken.
Aus diesen Gründen ist auch die Trennungslösung nicht unproblematisch. Sie hat für den überlebenden Partner den gravierenden Nachteil, dass er in einer Notsituation das Vermögen nicht liquidieren kann, also nicht an möglicherweise dringend benötigtes Bargeld herankommt. Der Vorteil dieser Lösung besteht darin, dass das Erbe für die gemeinsamen Kinder, die als Nacherben dann eine Erbengemeinschaft bilden, gesichert bleibt (insbesondere bei einer erneuten Heirat des Witwers oder der Witwe).
Expertentipp vom Fachanwalt für Erbrecht:
Das Erbrecht hält eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten bereit, die individuell auf die familiäre Situation und Vermögensstruktur abzustimmen sind. Für die finanzielle Absicherung des Ehepartners ist es meist von Vorteil, sich gegenseitig als Alleinerben einzusetzen. Allerdings gibt es noch viele weitere Möglichkeiten für Paare, sich gegenseitig abzusichern und sicherzustellen, dass der eine nach dem Tod des anderen seinen Lebensstandard halten kann. Lassen Sie sich dabei von erfahrenen Fachanwälten für Erbrecht unterstützen!
2. In welcher Form wird ein Berliner Testament errichtet?
Die Errichtung eines Berliner Ehegattentestaments ist nach dem Gesetz formprivilegiert. Hierzu reicht es, wenn
- einer der Ehegatten das Testament eigenhändig schreibt und unterschreibt und
- der andere Ehegatte die gemeinschaftliche Erklärung eigenhändig mitunterzeichnet.
Dabei soll er seiner Unterschrift noch Ort und Datum beifügen. Wirksamkeitsvoraussetzung ist dies jedoch nicht.
Alternativ kann das Berliner Testament, wie auch alle anderen letztwilligen Verfügungen des Todes wegen, zur Niederschrift durch einen Notar (öffentliches Testament) formwirksam errichtet werden.
3. Video: Gemeinschaftliches Testament richtig gestalten
Ehegatten können nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch ein Ehegattentestament handschriftlich errichten.
Was ist für die formelle Wirksamkeit zu beachten?
- Nach § 2247 BGB genügt es, wenn einer der Ehegatten den letzten Willen handschriftlich verfasst und unterzeichnet und der andere Ehegatte die Erklärung mitunterzeichnet.
- Beide Eheleute sollen angeben, an welchem Tag, Monat, Jahr und an welchem Ort die Unterschrift geleistet wurde.
- Unterschrieben werden soll mit Vor- und Zunamen.
- Bitte beachten Sie die Europäische Erbrechtsverordnung! Nicht alle Staaten akzeptieren die Wirksamkeit eines gemeinschaftlichen Testamentes. Die Franzosen, Spanier oder Italiener erkennen beispielsweise ein gemeinschaftliches Testament nicht an! Sind Sie deutscher Staatsangehörige und verbringen öfters Zeit in Ihrem Ferienhaus in Südfrankreich, müssen Sie daran denken, im Testament eine Rechtswahl zugunsten des deutschen Erbrechts zu treffen.
Europäische Erbrechtsverordnung - EuErbVO - Bedeutung und Erklärung
4. Kann ich das Berliner Testament jederzeit ändern oder widerrufen?
Während der spätere Erblasser ein Einzeltestament jederzeit widerrufen oder abändern kann, ist dies bei einem Berliner Testament anders, wenn die Eheleute sog. wechselbezügliche Verfügungen getroffen haben. Hier entsteht eine Bindungswirkung mit erheblichen, meist völlig verkannten Gefahren!
Wechselbezüglich nennt man solche Verfügungen der Eheleute, von denen anzunehmen ist, dass die Verfügungen des einen Ehegatten nicht ohne die Verfügungen des anderen Ehegatten getroffen worden wäre (§ 2270 Abs. 1 BGB). Jede Anordnung ist also so aufeinander abgestimmt, dass nach dem Willen der gemeinschaftlich Testierenden die eine Anordnung mit der anderen „stehen oder fallen“ soll.
Ob Wechselbezüglichkeit gewollt war, ist, wenn die Eheleute im Testament nichts ausdrücklich klargestellt haben, durch Auslegung zu ermitteln.
Ergeben sich keine oder nur unzureichende Anhaltspunkte für eine Auslegung des Erblasserwillens, hält das Gesetz eine Auslegungsregel bereit (§ 2270 Abs. 2 BGB): Danach ist Wechselbezüglichkeit im Zweifel anzunehmen,
„wenn sich die Ehegatten gegenseitig bedenken oder wenn dem einen Ehegatten von dem anderen eine Zuwendung gemacht und für den Fall des Überlebens des Bedachten eine Verfügung zugunsten einer Person getroffen wird, die mit dem anderen Ehegatten verwandt ist oder ihm sonst nahe steht.“
Einseitig nur notarieller Widerruf möglich
Während die Eheleute ein Berliner Testament jederzeit gemeinsam widerrufen oder abändern können, kann eine wechselbezügliche Anordnung nicht einseitig durch die Formulierung eines neuen letzten Willens widerrufen oder geändert werden!
Wer an einem derartigen Testament nicht mehr festhalten will, kann seine wechselbezügliche Anordnung nur noch durch notariell zu beurkundende Erklärung gegenüber dem anderen Ehegatten widerrufen.
Expertentipp vom Fachanwalt für Erbrecht
An den notariellen Widerruf ist insbesondere ab einer Trennung oder im Laufe des Trennungsjahres zu denken, wenn die Voraussetzungen für eine Ehescheidung noch nicht gegeben sind.Widerrufsrecht erlischt mit dem Tod eines Ehegatten
Sobald der erste der Eheleute verstorben ist, schnappt die Bindungsfalle zu, denn das Widerrufsrecht erlischt!
Der überlebende Ehepartner #kann das Berliner Testament auf den zweiten Todesfall nicht mehr widerrufen, er kann nicht mehr wirksam neu testieren, nicht mehr auf Veränderungen reagieren und auch nur noch unter sehr engen Voraussetzungen Vermögen verschenken.
Der überlebende Ehegatte kann das Berliner Testament nur noch dann aufheben,
- wenn er die Erbschaft nach dem Ehegatten ausschlägt oder
- wenn und soweit er in einer Abänderungsklausel im Testament hierzu ermächtigt wurde.
5. Wann kann ich ein Berliner Testament anfechten?
Grundvoraussetzung einer jedweden Anfechtung ist stets, dass ein Anfechtungsgrund vorliegt:
Ein solcher liegt vor, wenn der Erblasser
- sich hinsichtlich seiner Erklärungen in einem Irrtum befunden hat oder
- eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte (§ 2078 Abs. 1 BGB),
- zu seiner Anordnung durch die irrige Annahme oder Erwartung des Eintritts oder Nichteintritts eines Umstandes oder
- widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist (§ 2078 Abs. 2 BGB), oder
- durch seine Anordnung einen Pflichtteilsberechtigten übergangen hat, dessen Vorhandensein ihm bei Errichtung der Anordnung nicht bekannt war oder der erst nach der Errichtung geboren oder pflichtteilsberechtigt geworden ist und der zurzeit der Anfechtung vorhanden ist.
Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen des Anfechtungsgrundes liegt beim Anfechtenden.
Wann?
Zu Lebzeiten beider Eheleute sind wechselbezügliche Verfügungen in einem Testament nicht anfechtbar! Denn sie können ja jederzeit neu verfasst werden.
Dritte sind nicht anfechtungsberechtigt. Eine Anfechtung ist also überhaupt erst nach dem Tode des Erstversterbenden möglich.
Wer?
Nach dem Tod des Erstversterbenden kann der Überlebende seine eigene wechselbezügliche Verfügung anfechten, die seines vorverstorbenen Partners aufgrund der Übergehung eines Pflichtteilsberechtigten dagegen nicht. Ein Dritter kann die Anordnung des Erstverstorbenen nur anfechten, wenn ihm die Unwirksamkeit unmittelbar zustattenkäme.
Wegen der Übergehung eines Pflichtteilsberechtigten ist nur der Pflichtteilsberechtigte selbst anfechtungsbefugt.
Wie lange?
Die Anfechtung kann nur innerhalb eines Jahres erklärt werden. Die Frist beginnt mit der Kenntnis vom Anfechtungsgrund bzw. Beendigung der Zwangslage. Ein Dritter kann die Anordnung des Letztversterbenden nur dann noch anfechten, wenn das Selbstanfechtungsrecht des Erblassers beim Erbfall noch nicht erloschen war.
Die Anfechtung der Anordnung des Erstverstorbenen ist dagegen ohne diese Beschränkung möglich (da es ein Selbstanfechtungsrecht zu Lebzeiten des Erstverstorbenen nicht gibt).
Wie?
Die Anfechtung von eigenen Verfügungen des überlebenden Ehegatten bedarf der notariellen Form und ist in Ausfertigung gegenüber dem Nachlassgericht zu erklären. Die Anfechtung einer Anordnung des vorverstorbenen Ehegatten ist formfrei möglich, aber gegenüber dem Nachlassgericht zu erklären. Auch die Anfechtung eines Dritten bedarf nicht der notariellen Beurkundung. Sie kann formfrei gegenüber dem Nachlassgericht zu erklären.
Vgl. sehr lehrreich zur Testamentsanfechtung: BGH, Urt. v. 25.5.16, IV ZR 205/15, NJW 2016, 2566.
6. Wie wirkt sich eine Scheidung auf das Berliner Testament aus?
Ein gemeinschaftliches Testament wird seinem ganzen Inhalt nach unwirksam, wenn durch rechtskräftigen familiengerichtlichen Beschluss die Ehe geschieden wird. Stirbt ein Ehegatte bereits während des Ehescheidungs- oder Eheaufhebungsverfahrens, dann wird das gemeinschaftliche Testament bereits mit dem Zeitpunkt unwirksam, in dem
- der verstorbene Ehegatte Scheidungsantrag gestellt oder der Scheidung zugestimmt hat und
- zum Zeitpunkt seines Todes die Voraussetzungen für eine Scheidung vorgelegen haben (Scheitern der Ehe, Ablauf des Trennungsjahrs).
Nach der gesetzlichen Auslegungsregel des § 2268 Abs. 2 BGB gilt dies jedoch nicht, soweit anzunehmen ist, dass die Anordnung auch für den Fall des Scheiterns der Ehe getroffen worden sein würde.
Beachte:
Ein durch Ehescheidung ungültig gewordenes Testament wird nicht dadurch wieder wirksam, dass die Partner später einander wieder heiraten (a.A. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.03.2017, I-3 Wx 186/16, das entsprechend § 2268 Abs. 2 BGB auslegen will).
7. Vor- und Nachteile eines Berliner Testaments
Das Berliner Testament ist immer noch die beliebteste Testamentsform von Eheleuten.
Sie bezwecken damit,
- die gesetzliche Erbfolge und damit die Entstehung einer Erbengemeinschaft des Ehegatten mit den Kindern zu verhindern,
- das gemeinsam erwirtschaftete Vermögen vollständig dem längerlebenden Ehegatten zur freien Nutzung zu überlassen; die Kinder sollen erst nach den Eltern von deren Vermögen profitieren,
- dem überlebenden Ehegatten die alleinige Entscheidungsfreiheit hinsichtlich Verwaltung, Nutzung und Verfügungsmöglichkeiten über den gesamten Nachlass einzuräumen; die Kinder haben so weder Zugriff noch Mitspracherechte.
Nachteile eines Berliner Testaments
Diesen Vorteilen eines Berliner Testaments stehen aber auch Nachteile gegenüber, die es stets abzuwägen gilt. Als wesentliche Nachteile sind hier vor allem zu nennen:
I. die Bindungswirkung (siehe dazu oben unter Punkt 4),
II. Erbschaftsteuerliche Nachteile bei größeren Vermögen
Ein nicht zu unterschätzender erbschaftsteuerlicher Nachteil des Berliner Testaments liegt bei größeren Vermögen darin, dass Freibeträge der Erbschaftsteuer nach dem ersten Erbfall nicht voll ausgenutzt werden können.
Die Erbfolgeregelung des Berliner Testaments sieht vor, dass der überlebende Ehegatte nach dem ersten Erbfall Alleinerbe wird, die Kinder dagegen nichts erben. Erbschaftsteuerrechtlich führt dies dazu, dass nur der überlebende Ehegatte seine erbschaftsteuerlichen Freibeträge von aktuell 500.000 Euro ausschöpfen kann. Der jeweilige Freibetrag pro Kind von 400.000 Euro bleibt dabei ungenutzt, weil es ja nach dem Tod des Erstversterbenden nichts erbt.
Aus Steuervermeidungsaspekten ist das Berliner Testament daher weniger geeignet.
Wer bei einem größeren Vermögen keine Erbschaftsteuerfreibeträge verschenken möchte, kann schon zu Lebzeiten entsprechende Schenkungen an die Kinder machen. Alternativ können im Berliner Testament Vermächtnisse zugunsten der Kinder nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten ausgesetzt werden.
III. Das Pflichtteilsrecht der Kinder
Mit dem Berliner Testament setzen sich die Eheleute gegenseitig zu Alleinerben ein mit der Folge, dass die gemeinsamen Kinder nach dem Tod des Erstversterbenden enterbt werden.
Durch die Enterbung mittels eines Testaments entstehen bei den Kindern automatisch Pflichtteilsansprüche, die direkt bei dem noch lebenden Ehegatten eingefordert werden können (§ 2303 BGB).
Da dieses Szenario natürlich nicht gewünscht ist, gibt es zwei Möglichkeiten, durch sanften Druck das Risiko der Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen durch die Kinder zu minimieren. Gänzlich ausschließen lässt es sich jedoch nicht, dass ein Kind trotz gegensätzlicher Anordnung durch die Eltern seinen Pflichtteil einfordert.
Zum einen kann man im Berliner Testament Vermächtnisse zu Gunsten der Kinder nach dem ersten Todesfall aussetzen und zum anderen eine sogenannte Pflichtteilsstrafklausel (siehe unten) in das Testament aufnehmen.
Ausführliche Informationen zum Pflichtteil & Pflichtteilsanspruch
8. Warum sollte eine Pflichtteilsklausel beim Berliner Testament nicht fehlen?
Eheleute, die in einem Berliner Testament sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzen, weichen damit von der gesetzlichen Erbfolge ab und enterben ihre Abkömmlinge.
Damit läuft der überlebende Ehegatte Gefahr, dass die Kinder Pflichtteilsansprüche gegen ihn geltend machen. Dies können Sie nur verhindern, wenn Sie es schaffen, mit den Kindern beim Notar einen Pflichtteilsverzichtsvertrag abzuschließen. Durch testamentarische Gestaltungen können Sie die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen niemals verhindern, wohl aber wirtschaftlich unattraktiv machen.
Hierzu sollten Sie eine sog. Pflichtteilsklausel in das Testament aufnehmen, mit der Sie verhindern können, dass Ihr Kind oder Ihre Kinder ihren Pflichtteil nach dem Tod des ersten Elternteils einfordern. Die Klausel für den Pflichtteil kann z.B. wie folgt lauten:
„Sollte eines unserer Kinder nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten seinen Pflichtteil vom überlebenden Ehegatten fordern, so hat dieses Kind samt seinem Stamm nach dem Tod des letztversterbenden Ehegatten ebenfalls nur einen Anspruch auf den Pflichtteil.“
Diese Klausel kann sogar noch weiter verschärft werden, indem man neben der Enterbung noch aufschiebend bedingte Vermächtnisse zugunsten der „braven“ Abkömmlinge anordnet, um so den Nachlass und damit den Pflichtteil nach dem Letztversterbenden zu schmälern (sog. Jastrowsche Klausel).
9. Sollte ein Berliner Testament eine Abänderungsklausel enthalten?
Ein Testament sollte stets so flexibel und „organisch“ sein, wie Sie oder das Leben selbst.
Nach dem Tode des Erstversterbenden erwachen jedoch wechselbezügliche Verfügungen in Bindung; d.h. der überlebende Partner kann nicht mehr anderweitig wirksam testieren und seinen letzten Willen nicht mehr an veränderte Umstände anpassen, mag das bindend gewordene Testament auch Jahrzehnte alt und möglicherweise längst vergessen sein.
Daher sollten Sie die Bindungswirkung durch eine sog. Abänderungsklausel „auflockern“ und dem Überlebenden die Befugnis einräumen, die Erbfolge nach dem Tod des Partners anderweitig regeln zu dürfen.
Dabei sind Sie darin frei, in welchen Grenzen und/oder unter welchen Bedingungen eine Abänderung möglich sein soll.
Eine sehr weit öffnende Klausel könnte etwa wie folgt lauten:
„Nach dem Tod des Erstversterbenden ist der Letztversterbende berechtigt, die Schlusserbfolge nach sich anderweitig zu regeln, solange er nur Personen aus dem Kreis unserer gemeinschaftlichen Abkömmlinge und keine familienfremden Personen begünstigt. Er ist jedoch nicht berechtigt, enterbte Abkömmlinge erneut zu bedenken.“
10. Sollte man sein Berliner Testament beim Nachlassgericht in Verwahrung geben?
Damit ein Testament nicht „abhanden“ kommt, sondern sichergestellt ist, dass es nach Ihrem Ableben auch tatsächlich eröffnet wird, ist dringend anzuraten, das Testament in die besondere amtliche Verwahrung bei dem für Sie zuständigen Nachlassgericht zu geben!
Für die amtliche Verwahrung wird eine Gerichtsgebühr von „nur“ noch 75,00 € erhoben. Zudem wird das Testament beim Zentralen Testamentsregister registriert. Dies kostet 18,00 € und wird vom Nachlassgericht eingezogen.
Sie stellen also für weniger als 100 € sicher, dass Ihr Testament aufgefunden und zeitnah eröffnet wird.
Testamentseröffnung - Bedeutung und Erklärung
Beachte: Ein Berliner Testament kann aus der amtlichen Verwahrung nur von beiden Ehegatten herausgenommen werden. Die Herausnahme eines privatschriftlichen Berliner Testaments aus der amtlichen Verwahrung führt nicht zur Unwirksamkeit des Testaments!
Die Hinterlegung eines Testaments beim Nachlassgericht verhindert nicht, dass Sie ein neues Testament wirksam errichten können.
Was ein Erbrechtsexperte für Sie tun kann:
- Beratung bei der Nachfolgeplanung und Testamentserrichtung
- Gestaltung einer letztwilligen Verfügung der Ehepartner, die zu den familiären Verhältnissen, dem vorhandenen Vermögen und dem Bedarf der Familienmitglieder passt
- Unterstützung bei der legalen Minimierung der Erbschaftsteuerlast
- Beratung von Kindern und anderen Verwandten bei Enterbung durch ein Berliner Testament
- Anwaltliche Vertretung beim Vorgehen gegen ungünstige testamentarische Anordnungen