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Gesetzliche Erbfolge der Ehegatten - Ehegattenerbrecht

Was erbt der Ehegatte?

Hat der Erblasser keine wirksame Verfügung von Todes wegen (Testament oder Erbvertrag) errichtet, bestimmt das Gesetz die Erbfolge. Dabei richtet sich die gesetzliche Erbfolge nach der Blutsverwandschaft. War der Erblasser verheiratet, gibt es ein Sondererbrecht für den Ehegatten. Dabei richtet sich die Höhe des Ehegattenerbteils zum einen nach dem Güterstand, in dem die Eheleute zuletzt gelebt haben, und zum anderen danach, neben welchen Verwandten des Erblassers der Ehegatte zur Erbfolge gelangt.
Steht die Erbquote des Ehegatten fest, bestimmt sich der Anteil der übrigen Erben nach dem verbleibenden Rest. Um die Erbquote der anderen Erben bestimmen zu können, muss also erst die Quote des Ehegatten ermittelt werden.

Beachte: Das gesetzliche Ehegattenerbrecht greift immer nur dann, wenn der eigene Ehegatte stirbt. Der Ehegatte beerbt also nie etwa Geschwister, Eltern oder Großeltern seines Ehepartners!

Das Ehegattenerbrecht bestimmt übrigens auch die Höhe der Pflichtteilsquote des Ehegatten, da sich der Pflichtteil auf die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils beläuft (§ 2303 Abs. 1 S. 2 BGB). 

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Autor dieser Seite:

Ingo Lahn
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, Testamentsvollstrecker in Hilden

Gesetzliches Erbrecht & Pflichtteil des Ehegatten

Video

Ingo Lahn, Fachanwalt für Erbrecht aus Hilden bei Düsseldorf, erläutert in diesem Video, wie der gesetzliche Erbteil von Ehegatten berechnet wird und welche Auswirkungen die Erbquote auf den Pflichtteil des Ehegatten hat.

Dabei erklärt er übersichtlich nach Grundregel und Ausnahmen, wie die Höhe der Ehegattenerbquote von 

  • den verschiedenen Güterständen, in denen der Erblasser und sein Ehegatte zuletzt gelebt haben könnten, und  
  • den unterschiedlichen Ordnungserben, die neben dem Ehegatten zur Erbfolge gelangen,

abhängt. Ferner zeigt er auf, 

  • dass die gesetzliche Erbquote maßgebend für die Höhe des Pflichtteils des Ehegatten ist, und
  • welche Besonderheiten es bei den Güterständen der Zugewinngemeinschaft und der Gütertrennung gibt.

1. Wie regelt das Gesetz die Erbfolge beim Tod des Ehepartners?

Das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten ist in §§ 1931-1934 BGB geregelt.

Ist durch Testment oder Erbvertrag nichts anderes bestimmt, ist nach der Grundregel des § 1931 Abs. 1 BGB der überlebende Ehegatte

  • neben Verwandten der ersten Ordnung (Abkömmlinge, also Kinder, Enkel usw.) zu einem Viertel und
  • neben Verwandten der zweiten Ordnung (Eltern und deren Abkömmlinge, also Geschwister, Nichten, Neffen) oder Großeltern zur Hälfte

als gesetzlicher Erbe berufen.

Nur dann, wenn es keine der vorgenannten Verwandten gibt, erbt der Ehegatte allein.

Diese gesetzlichen Erbquoten können sich erhöhen, wenn die Eheleute

  • im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben oder
  • Gütertrennung vereinbart hatten und nicht mehr als zwei Kinder (hier sind die Stämme gemeint) vorhanden sind.

   Abkömmlinge - Bedeutung und Erklärung

2. Was erbt der Ehepartner in Zugewinngemeinschaft?

Lebten die Ehegatten zum Zeitpunkt des Erbfalles im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, hatten sie also ehevertraglich nichts anderes vereinbart, dann erhöht sich die gesetzliche Erbquote des Ehegatten pauschal um ein weiteres Viertel.

Hinterlässt der Erblasser neben seinem Ehegatten noch Kinder, so wird der viertel Erbanteil um ein weiteres Viertel erhöht, so dass der Ehegatte zur Hälfte erbt und die Kinder sich den Rest teilen müssen. Ist nur ein Kind vorhanden, erbt es neben dem Ehegatten die verbleibende Hälfte; sind zwei Kinder vorhanden, erben sie zu je einem Viertel, bei drei Kindern zu je einem Sechstel usw.

Hatte der Erblasser keine Kinder, erhöht sich der hälftige Anteil neben Erben der zweiten Ordnung und Großeltern ebenfalls um ein Viertel, so dass der Ehegatte dann insgesamt zu drei Vierteln erbt.
Das verbleibende Viertel geht an die Eltern oder bei Vorversterben der Eltern an die Geschwister.

 Nur dann, wenn weder die vorgenannten Verwandten noch Großeltern zur Erbfolge gelangen, erbt der Ehegatte allein.

  Zugewinngemeinschaft - Bedeutung und Erklärung

3. Wann macht es für den überlebenden Zugewinn-Ehegatten Sinn, das Erbe auszuschlagen?

Leben die Ehegatten zum Zeitpunkt des Erbfalls im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, muss sich der überlebende Ehegatte überlegen, ob der die pauschlae Erhöhung des Erbteils "hinnimmt" oder er sich ggf. besserstellt, wenn er ausschlägt und den konkreten Zugewinnausgleich sowie den sogenannten kleinen Pflichtteil“ geltend macht, der dann berechnet wird aus dem nicht erhöhten Ehegattenerbteil von einem Viertel, beträgt mithin ein Achtel, und dem Wert des Nachlasses nach Abzug des Zugewinnausgleichs.

Beispiel aus der Praxis:

Die Eheleute sind im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratet. Gemeinsame Kinder haben die Eheleute nicht. Der Ehemann hat aus erster Ehe einen Sohn und verstirbt ohne Testament. Zu Beginn der Ehe waren beide Eheleute ohne Vermögen. Bei der Ehefrau hat sich insoweit nichts geändert. Das Vermögen des Ehemannes beläuft sich zum Todestag auf 400.000 EUR.

Wenn die Ehefrau die Erbschaft annimmt, wird sie zur Hälfte Miterbin neben dem Sohn, erhält also 200.000 EUR.
Schlägt die Ehefrau die Erbschaft dagegen aus, um den konkreten Zugewinnausgleich zu verlangen, kann sie die Hälfte des Zugewinns des Ehemanns, also 200.000 EUR, als Ausgleich fordern. 
Darüber hinaus erhält sie den kleinen Pflichtteil in Höhe von einem Achtel aus den verbliebenen 200.000 EUR, also weitere 25.000 EUR. 

Im Ergebnis führt die Ausschlagung somit zu einem wirtschaftlichen Vorteil der Ehefrau in Höhe von 25.000 EUR.
Außerdem bildet die Ehefrau mit dem Sohn keine Erbengemeinschaft mehr.

  Auch interessant: Wer erbt, wenn keine Kinder vorhanden sind?

4. Wird bei kinderlosen Ehepaaren in Zugewinngemeinschaft der überlebende Ehegatte Alleinerbe?

Entgegen einem weit verbreiteten Irrtum wird der überlebende Ehegatte, wenn der Erblasser keine Kinder hatte, praktisch nur in extrem seltenen Fällen tatsächlich Alleinerbe!
Denn der Ehegatte erbt nur dann allein, wenn der Erblasser weder Verwandte der ersten oder zweiten Ordnung noch Großeltern hinterlässt (§ 1931 Abs. 2 BGB).

Dabei ist übrigens der Güterstand vollkommen gleichgültig! 

In der Praxis findet sich der überlebende Ehegatte also zumeist in einer Erbengemeinschaft mit Verwandten des verstorbenen Ehepartners wieder. Daher ist es, um dies zu verhindern, so wichtig, ein Testament zu errichten!

  Die Erbengemeinschaft: Was Sie als Miterbe wissen sollten

5. Wie hoch ist die Erbquote des Ehegatten bei Gütertrennung?

Die Ehegatten können durch Ehevertrag den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft ausschließen oder aufheben. In diesem Fall tritt, soweit nichts anderes vereinbart wurde, der Güterstand der Gütertrennung ein (§ 1414 BGB).

Auch bei der Gütertrennung gilt die Grundregel, dass der Ehegatte neben den Verwandten der ersten Ordnung (Kindern, Enkeln) zu einem Viertel und neben Erben zweiter Ordnung oder Großeltern zur Hälfte erbt.

Eine Ausnahme, die zu einer Erhöhung des Ehegattenerbteils führt, gilt dann, wenn der Ehegatte neben einem Kind oder zwei Kindern zur Erbfolge gelangt. In diesem Fall erben der Ehegatte und die Kinder zu gleichen Teilen:

  • Hatte der Erblasser also nur ein Kind, wird die Erbschaft hälftig geteilt;  
  • hatte er zwei Kinder, erhalten der Ehegatten und die beiden Kinder je ein Drittel.
  • Bei drei oder mehr Kindern verbleibt es bei dem Viertel.  

Durch diese Regelung soll vermieden werden, dass der Erbteil des überlebenden Ehegatten geringer ausfällt als der eines Kindes.

6. Wie ist die gesetzliche Erbquote des Ehegatten bei Gütergemeinschaft?

Haben die Ehegatten durch Ehevertrag Gütergemeinschaft vereinbart, ändert dies an der Grundregel nichts, dass der überlebende Ehegatte neben  Verwandten der ersten Ordnung zu einem Viertel und neben Verwandten der zweiten Ordnung oder Großeltern zur Hälfte erbt.
Allerdings fällt nur Anteil des verstorbenen Ehegatten an der Gesamthandsgemeinschaft in den Nachlass und wird nach obiger Regel vererbt, die andere Hälfte erwirbt der Ehegatte güterrechtlich (§§ 1416, 1419 BGB).
Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn die Eheleute im Ehevertrag die Fortsetzung der Gütergemeinschaft vereinbart haben (§ 1483 Abs. 1 S. 1 BGB); in diesem Fall fällt der Anteil des Erblassers nicht in den Nachlass, sondern wird die Gütergemeinschaft mit den gemeinschaftlichen Abkömmlingen fortgesetzt.    

7. Wer bekommt den Hausrat?

Der sog. "Voraus" (§ 1932 BGB) ist ein gesetzliches Vorausvermächtnis, das dem überlebenden Ehegatten - unabhängig vom Güterstand - die Fortführung des Haushalts in der gewohnten Weise ermöglichen soll. Darüber hinaus erhält er einen Anspruch auf Übereignung der Hochzeitsgeschenke, die regelmäßig im ideellen Miteigentum der Eheleute stehen.

Der Anspruch auf den Voraus setzt voraus, dass 

  • der überlebende Ehegatte gesetzlicher Miterbe geworden ist und 
  • die Eheleute einen gemeinsamen Haushalt geführt haben.

Der überlebende Ehegatte erhält die Haushaltsgegenstände als Voraus also nur, wenn er aufgrund gesetzlicher Erbfolge neben anderen Miterbe geworden ist.

Expertentipp vom Fachanwalt für Erbrecht:

Wer ein Testament oder einen Erbvertrag errichtet, muss dem Ehegatten den Hausrat ausdrücklich per Vermächtnis zuwenden, sonst fällt der Hausrat in den Nachlass, der allen Erben zusteht. 

Der Voraus umfasst neben den typischen Einrichtungsgegenständen, wie z.B. Möbel, Teppiche, Küchengeräte, Gartengeräte, Bettwäsche, Geschirr, auch Bücher, Schallplatten, CDs, Radio- und Fernsehgeräte, Videorecorder, Gartenmöbel und den privat genutzten PKW.

Auf den Wert der Gegenstände kommt es nicht an, so dass auch luxuriöse Einrichtungsgegenstände wie Antiquitäten, Gemälde oder eine Bibliothek dazugehören. 

Eine Einschränkung erfährt der „Voraus“, wenn der überlebende Ehegatte neben Abkömmlingen zur Erbfolge gelangt. In diesem Fall stehen dem Ehegatten die Gegenstände nur soweit zu, als sie zur Führung eines angemessenen Haushalts benötigt werden. Das ist dann der Fall, wenn dem Ehegatten eigene Gegenstände fehlen würden und eine Neubeschaffung nicht zumutbar wäre.

8. Besteht für geschiedene Ehegatten noch ein gesetzliches Erbrecht?

Das gesetzliche Ehegattenerbrecht setzt eine bestehende Ehe voraus. Sind die Eheleute rechtskräftig geschieden, besteht kein gesetzliches Erbrecht mehr. Damit hat der Ehegatte auch keinen Pflichtteilsanspruch mehr.

Stirbt der Erblasser jedoch schon vor Rechtskraft der Scheidung, wird nach § 1933 BGB der Ausschluss des Ehegattenerbrechts sogar noch vorverlegtSo ist das Erbrecht des überlebenden Ehegatten schon dann ausgeschlossen, wenn zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers

  • die Voraussetzungen für die Scheidung oder Aufhebung der Ehe gegeben waren und
  • der Erblasser die Scheidung oder Eheaufhebung entweder selber beantragt oder er der Scheidung zugestimmt hat.

Expertentipp vom Fachanwalt für Erbrecht:

Beachte: Der Ausschluss des Ehegattenerbrechs tritt asymmetrisch ein! Ausgeschlossen wird nur das Erbrecht des Antragsgegners nach dem Antragsteller! Bis zu einem eigenen Scheidungsantrag oder der Zustimmung zur Scheidung bleibt das Erbrecht des Antragstellers nach dem Antragsgegner bestehen. 

Problem: Es besteht die Möglichkeit, dass ein ehemaliger Ehegatte über sein gesetzliches Erbrecht zu den Kindern am Nachlass des geschiedenen Ehepartners partizipiert.

 

Beispielsfall aus der Praxis:

Die Eheleute F und M sind geschieden. Sie haben einen gemeinsamen Sohn. F und S erleiden einen Verkehrsunfall. Die F verstirbt an der Unfallstelle. Einen Tag später stirbt S im Krankenhaus.

S wird Alleinerbe der F für einen Tag. Als S stirbt, wird er von M beerbt. Damit erbt M das Vermögen der von ihm geschiedenen F über den gemeinsamen Sohn S.

Zur Vermeidung eines solchen Ergebnisses empfiehlt es sich, ein sogenanntes Geschiedentestament zu errichten.

  Geschiedenentestament - Weitere Informationen

Was gilt, wenn der Erblasser den geschieden Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament oder Erbvertrag bedacht hat?

In diesem Fall ist die Verfügung von Todes wegen des Erblassers dahingehend zu untersuchen, ob der Erblasser die Verfügung zugunsten seines Ehegatten auch für den Fall der Scheidung gewollt hat. Bei einem Erbvertrag gilt dies auch für die Verfügung zugunsten eines Dritten (z.B. einen Abkömmling).
Enthält das Testament oder der Erbvertrag keinen Anhaltspunkt für einen entsprechenden Willen des Erblassers, dann ist die Verfügung im Zweifel unwirksam.

9. Haben eingetragene Lebenspartner erbrechtliche Ansprüche?

Seit dem 01.10.2017 können gleichgeschlechtliche Partner in Deutschland die Ehe eingehen. Mit Eheschließung entsteht das gesetzliche Erbrecht, wie zuvor beschrieben.

Das Lebenspartnerschaftsgesetz findet nur noch Anwendung auf Lebenspartnerschaften zwischen Personen gleichen Geschlechts, die vor dem 01.10.2017 begründet worden sind. Nach § 10 LPartG entspricht das Erbrecht eines eingetragenen Lebenspartners dem eines Ehegatten. Die Bestimmungen werden meist sogar wörtlich wiederholt.

Erbrecht für Eingetragene Lebenspartnerschaften: Alles, was Sie wissen müssen

Weitere Fragen und Antworten

Was ist der Dreißigster?

„Dreißigster“ bezeichnet einen Anspruch der Familienangehörigen des Erblassers, die zur Zeit seines Todes zu dessen Hausstand gehören und von ihm Unterhalt bezogen haben, gegen den Erben, ihnen in den ersten 30 Tagen nach dem Erbfall Unterhalt zu gewähren und die Benutzung der Wohnung und Haushaltsgegenstände zu gestatten, so wie es der Erblasser bis zu seinem Tod getan hat.

Besteht für Paare ohne Trauschein ein gesetzliches Erbrecht?

Paare "ohne Trauschein", also nichteheliche Lebensgefährten, die weder miteinander verheiratet oder nicht als Lebensparnerschaft eingetragen und in aller Regel auch nicht miteinander verwandt sind, haben kein gesetzliches Erbrecht.

Jeder der nichtehelichen Partner wird von seinen eigenen Verwandten nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge beerbt. Erbrechtlich geht der überlebende Partner also nach dem Gesetz leer aus.

Wer das vermeiden will, muss ein Testament errichten!

Bei Partnern ohne Trauschein muss jeder für sich selbst ein eigenes Testament errichten. Denn das sog. gemeinschaftliche Testament ist nur Ehegatten gestattet.

Wollen nichteheliche Lebenspartner gleichwohl gemeinsam testieren, bleibt ihnen nur, bei einem Notar einen Erbvertrag zu errichten.

  Erbrecht, Nachlassplanung & Testament für unverheiratete Paare

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