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10.12.2007

Pflegeheim, Wohnungsrecht und Zahlungspflicht der Kinder



Im Wege vorweggenommener Erbfolge übertragen -auch aus steuerlichen Gründen- oftmals Eltern auf deren Kinder eine Immobilie und sichern sich durch ein vorbehaltenes Wohnungsrecht oder einen Nießbrauch dahingehend ab, dass sie auf Lebzeiten im übertragenen Haus wohnen bleiben können.

Was geschieht aber mit dem Wohnungsrecht der Eltern, wenn diese ins Pflegeheim müssen?

Erlischt es, weil es nicht mehr ausgeübt wird?

Oder wandelt sich das Wohnungsrecht plötzlich in einen Zahlungsanspruch gegen den Übernehmer / das Kind um, wobei diesen Anspruch vielleicht sogar das Sozialamt auf sich überleiten kann?


Der Bundesgerichtshof hat am 19.01.2007 (Az. V ZR 163/06) folgendes entschieden:

1. Ein in der Person des (Wohnungs-)Berechtigten liegendes Ausübungshindernis (hier also der krankheitsbedingte Auszug ins Pflegeheim) führt nicht generell zum Erlöschen des Wohnungsrechts, selbst wenn das Hindernis auf Dauer besteht.

2. Kann der Berechtigte sein auf Lebenszeit eingeräumtes Wohnungsrecht wegen eines medizinisch notwendigen Aufenthalts in einem Pflegeheim nicht ausüben, kommt die Begründung einer Zahlungspflicht des Verpflichteten im Wege der Vertragsanpassung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage nur in Betracht, wenn der Heimaufenthalt auf Dauer erforderlich ist und die Vertragsschließenden nicht mit dem Eintritt dieses Umstands gerechnet haben; liegen diese Voraussetzungen vor, kann die ergänzende Vertragsauslegung einen Geldanspruch des Berechtigten begründen.


Bereits im Jahr 2004 hatte man im Netzwerk Deutscher Erbrechtsexperten diese Problematik erkannt und FA ErbR Roth dazu einen Fachaufsatz veröffentlicht ("Wohnungsrecht und auswärtige Heimunterbringung - Zahlungsfalle für den Verpflichteten?" NJW-Spezial 2004, 157).

Inwieweit sich ein Wohnungsrecht plötzlich in einen Zahlungsanspruch umwandelt, kann nicht pauschal, sondern nur im Einzelfall entscheiden werden.

Praxistipp:
Bereits bei der Abfassung des Übergabevertrages sollten deshalb entsprechende Klauseln eingearbeitet werden, um dieses -häufig unerkannte- Zahlungsrisiko des Übernehmers auszuschliessen!

Daher ist eine individuelle Prüfung durch den Fachanwalt für Erbrecht bereits dann erforderlich, wenn ein "vorweggenommenes Erbe" durch Immobilienübergabe geplant wird.



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