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18.6.2008

Lebensversicherung und Pflichtteil: Grundsatzentscheidung steht an

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht in Obrigheim - Wolfgang Roth
Autor:

Wolfgang Roth

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht in Obrigheim | Obrigheim

Was verschenkt der Erblasser, wenn er jemanden in einem Lebensversicherungsvertrag als Bezugsberechtigten einsetzt und dieser Bezugsberechtigte die Versicherungssumme im Todesfall am Nachlass vorbei erhält?

Die Frage ist deshalb wichtig, weil deren Antwort entscheidenden Einfluss auf Pflichtteilsergänzungsansprüche nach § 2325 BGB hat!


Dazu ein Beispiel: Der Vater setzt seine Lebensgefährtin als Bezugsberechtigte in einer von ihm abgeschlossenen Lebensversicherung ein. Sie erhält nach dem Tod des Vaters 200.000,00 € von der Versicherung ausgezahlt. Die Prämien der letzten zehn Jahre betrugen 40.000,00 €, die der Vater selbst eingezahlt hatte.
Der Nachlass selbst ist wertlos. Die Lebensgefährtin wird Alleinerbin.

Es fragt sich, welchen Pflichtteilsergänzungsanspruch der einzige Sohn hat. Seine Pflichtteilsquote beträgt 50 Prozent.

Wird der Anspruch des Sohnes gegen die Lebensgefährtin aus der Versicherungssumme berechnet, beträgt er 100.000,00 €. Wird er allein aus den Prämien der letzten zehn Jahre berechnet (so die bisherige Rechtsprechung), beträgt er nur 20.000,00 €.

Die bisher vorrangige Ansicht in der Rechtsprechung spricht dem Sohn nur 20.000,00 € zu, da "Schenkungsgegenstand" nur die Prämienzahlung von 40.000,00 € in den letzten zehn Jahren vor dem Tod ist.

Die Rechtsprechung der Obergerichte weicht in diesem Punkt voneinander ab:

während sich das OLG Stuttgart der bisher herrschenden Meinung angeschlossen hat (Leitsatz: "Bei einer Lebensversicherung zugunsten eines Dritten sind im Rahmen der Pflichtteilsergänzung nicht die Versicherungssumme, sondern die gezahlten Prämien als Gegenstand der Schenkung anzusehen; dem steht nicht entgegen, dass bei der Anfechtung unentgeltlicher Leistungen nach der InsO etwas anderes gilt" (Abgrenzung zu BGHZ 156, 360),OLG Stuttgart, Urteil vom 13. 12. 2007 - 19 U 140/07 ,

hat nun das OLG Düsseldorf umgekehrt entschieden:

Dieses geht von der gesamten Versicherungsleistung (Leitsatz: " Bei einer Lebensversicherung bestimmt sich der Schenkungsgegenstand nach der aufgrund des Todesfalls ausgekehrten Versicherungsleistung, nicht nach den
zuvor aufgewendeten Versicherungsprämien." (Leits. n. amtl.)
OLG Düsseldorf, Urteil vom 22. 2. 2008 - I-7 U 140/07 (n. rkr.BGH - IV ZR 73/08))

als "Schenkungsgegenstand" aus.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieser Frage und der abweichenden Ansicht der Oberlandesgerichte beschäftigt sich nun der Bundesgerichtshof mit diesem Problem, um eine einheitliche Rechtsprechung herbei zu führen.

Da fast jeder Bürger eine Lebensversicherung hat, wird der Entscheidung des BGH weitreichende Bedeutung zukommen.

Wir werden Sie darüber informieren.← zurück
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