Was tun, wenn vertragliche Pflegeverpflichtungen nicht erfüllt werden?
Mit zunehmendem Alter steigt das Bedürfnis, für den Fall von Krankheit und Pflegebedürftigkeit auf ein verlässliches Umfeld zurückgreifen zu können. Viele Eltern sehen hierin den Anreiz von lebzeitigen Übergaben von Vermögensgegenständen an Kindern oder auch – in der Praxis weniger häufig – die Abfassung eines bindenden Erbvertrags, der den Übergang von Vermögensgegenständen mit dem Ableben des Erblassers verspricht. Um die eigenen Bedürfnisse abzusichern werden so genannte Wart- und Pflegeverpflichtungen vereinbart, die der Empfänger der Leistung im Bedarfsfall zu erbringen hat.
Was passiert allerdings, wenn sich der Beschenkte oder der Erbe an seine Verpflichtungen nicht hält?
Leider kommt es in der Praxis immer wieder vor, dass, ist das Vermögen übergeben, die Bereitschaft des Beschenkten oder Vertragserben, seinerseits das pflegebedürftige Elternteil zu versorgen, schwindet. Losgelöst von der emotionalen Enttäuschung des Übergebers bzw. Erblassers stellt sich die Frage, ob aufgrund der enttäuschten Erwartung das jeweilige Rechtsgeschäft rückabgewickelt werden kann. Der Bundesgerichtshof hatte sich im Oktober 2010 mit dieser Frage anhand eines bindend abgeschlossenen Erbvertrags zu beschäftigen.
Grundsätzlich hat er die Möglichkeit, von einem solchen Vertrag zurückzutreten, bejaht. Er hat allerdings darauf hingewiesen, dass gewisse Formalien – leider in der Praxis häufig nicht gesehen – einzuhalten sind, um zum gewünschten Ziel zu kommen. Der Erblasser bzw. Übergeber hat den Bedachten unter Fristsetzung zunächst aufzufordern, die im einzelnen zu bezeichnenden Pflegeleistungen tatsächlich auch zu erbringen. Unter bleibt eine solche Fristsetzung, kommt nur dann ein Rücktritt in Betracht, wenn der Leistende die Pflege beweisbar verweigert.
Im zu beurteilenden Fall hatte der Erbe vorgebracht, er habe nicht gewusst, dass Pflege überhaupt erforderlich sei. Vor diesem Hintergrund also habe er erwartet, entsprechende Mitteilung vom Erblasser zu erhalten, der die Leistung anzufordern habe. Dem pflichtete der Bundesgerichtshof bei, als dass er erklärte, der Gläubiger der Leistung, also der Erblasser, müsse sich melden und die Leistungen in konkret hob auch anfordern. Der Erbe müsse sich gerade nicht ständig erkundigen, ob Pflege erforderlich sei und, wenn ja, wann und wie.
Kommt es also in der Praxis zu solchen Konfliktfällen, hat der Erblasser achtsam zu sein, um nicht an juristischen Formalien zu scheitern.
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