Vorsorgevollmacht und die Trennung nach Innen- und Außenverhältnis
In der Bevölkerung setzt sich immer mehr die Erkenntnis durch, dass man rechtzeitig selber Anordnungen treffen muss für den Fall, dass man seine Angelegenheiten selber nicht mehr regeln kann. Immer mehr Menschen legen Wert darauf, dass nahestehende Personen diese Aufgabe übernehmen und nicht ein unbekannter Berufsbetreuer. Daher verfassen immer mehr Menschen eine sogenannte Vorsorgevollmacht. Diese Vorsorgevollmacht ist in der Regel als Generalvollmacht ausgestaltet und ermöglicht es einer oder mehreren Vertrauenspersonen, die notwendigen Regelungen zu treffen, wenn der Vollmachtgeber dazu vorübergehend oder endgültig nicht mehr in der Lage ist.
Eine juristische Beratung im Vorfeld ist wichtig, auch wenn durch die Medien häufig der Eindruck vermittelt wird, dass die Gestaltung einer solchen Vorsorgevollmacht ohne Probleme von einem Laien anhand von Formularen erfolgen kann. Schaut man sich die Probleme an, die im Rahmen einer solchen Vorsorgeregelung entstehen können, erweist sich schnell, dass der Laie hierbei schlicht überfordert ist. Er unterscheidet z.B. häufig nicht zwischen Innenverhältnis und Außenverhältnis. Diese Unterscheidung ist aber von erheblicher Bedeutung: Während das Außenverhältnis die Vertretungsmacht gegenüber Dritten betrifft und daher möglichst unbedingt und ohne Hindernisse gegeben sein sollte, betrifft das Innenverhältnis ausschließlich die Regelungen zwischen dem Bevollmächtigten und dem Vollmachtgeber. Dieser gibt im Innenverhältnis Anweisungen zur Nutzung der Vollmacht. Diese Anweisungen werden einem Außenstehenden nicht bekannt gemacht. Der Vollmachtgeber kann im Innenverhältnis z.B. regeln, dass von mehreren Bevollmächtigten vorrangig ein bestimmter tätig werden soll. Auch sonstige Einschränkungen oder Anweisungen sind möglich. Im Innenverhältnis sollte in jedem Fall zumindest die Anordnung getroffen werden, dass von der Vorsorgevollmacht erst Gebrauch gemacht werden darf, wenn der Vorsorgefall – also die Betreuungsbedürftigkeit bzw. Geschäftsunfähigkeit – eingetreten ist.
Das OLG Frankfurt hatte sich am 29.06.2011 (20 W 278/11) mit einer unklaren Vorsorgevollmacht zu beschäftigen, die genau diese Differenzierung zwischen Innenverhältnis und Außenverhältnis nicht, bzw. nur sehr unzureichend vorsah. In dem zu behandelnden Falle hatte sich das Grundbuchamt geweigert, auf Basis einer solchen notariellen Vollmacht eine Umschreibung des Grundbuchs vorzunehmen, da aus dem Text der Vorsorgevollmacht selbst nicht klar zu erkennen war ob der Eintritt des Vorsorgefalles im Außenverhältnis Voraussetzung für die Wirksamkeit der Vorsorgevollmacht selbst sein sollte. Das OLG Frankfurt am Main gab dem Grundbuchamt insoweit recht, soweit dieses eine ergänzende Erklärung des Vollmachtgebers verlangte, aus der sich zweifelsfrei ergeben sollte, dass die Vollmacht im Außenverhältnis ohne Einschränkung erteilt sei.
In der Praxis stellt dies den »Super-Gau« dar, denn diese Erklärung kann der Vollmachtgeber in der Regel zu diesem Zeitpunkt nicht mehr abgeben. Die Vollmacht war ja gerade ausgestellt worden, um im Fall der Geschäftsunfähigkeit zum Einsatz zu kommen. Der Fall ist nunmehr eingetreten. Der Vollmachtgeber kann keine rechtswirksamen Erklärungen mehr abgeben. Die Vollmacht wird nutzlos, da der Bevollmächtigte nicht mehr handeln kann
Diese Situation ergibt sich regelmäßig auch, wenn der Vollmachtstext eine Regelung enthält, dass Voraussetzung für die Wirksamkeit der Vollmacht die Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers ist. Wie soll ein Bevollmächtigter dies nachweisen und, sollte es gelingen, wieviel Zeit beansprucht dieser Nachweis? Sinn der Vorsorgevollmacht ist aber auch die sofortige (!!) Wirksamkeit im Notfall.
Bei der Abfassung einer Vorsorgevollmacht ist daher im Detail auf die Formulierung und insbesondere auch auf eine saubere Unterscheidung zwischen Innen-und Außenverhältnis zu achten. Sinn und Zweck der Vollmacht, die unmittelbare und uneingeschränkte Wirksamkeit, kann nur so sicher gestellt werden.
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