nach oben
15.3.2013

Testamentsauslegung bei fehlender Bestimmung eines Ersatzerbens

Die Erblasserin verstarb verwitwet und ohne Hinterlassung von Abkömmlingen. In zwei privatschriftlichen Testamenten hat die Erblasserin Frau S, die sich über Jahre hinweg um die Erblasserin gekümmert hat, zu ihrer Alleinerbin berufen. Eine ausdrückliche Ersatzerbenbestimmung enthalten die Testamente der Erblasserin nicht.


Die eingesetzte Alleinerbin Frau S. verstirbt wenige Monate vor der Erblasserin. Nunmehr beantragt der Ehemann von Frau S. aufgrund der beiden Testamente der Erblasserin  einen Alleinerbschein. Der Ehemann ist der Auffassung, dass er als testamentarischer Ersatz-erbe  in Betracht komme. Er habe sich zusammen mit seiner verstorbenen Ehefrau und nach dem Tode dieser alleine um die Erblasserin gekümmert.

Ein gesetzlicher Erbe tritt dem entgegen. Es sei gesetzliche Erbfolge eingetreten, da die Testamente der Erblasserin weder eine Ersatzerbenregelung noch Anhaltspunkte für eine Ersatzbegünsti-gung des Ehemannes der Frau S. enthielte.

Das Nachlassgericht hat den von dem Ehemann der Frau S. beantragten Alleinerbschein bewilligt. Hiergegen wendet sich die von dem gesetzlichen Erben erhobene Beschwerde.

Das OLG München hat mit Beschluss vom 19. Dezember 2012, Az: 31WX372/12 der Beschwerde des gesetzlichen Erben stattgegeben. Das Nachlassgericht habe vorliegend zu Unrecht angenommen, dass
der Ehemann der Frau S. im Wege der ergänzenden Testaments-auslegung Ersatzerbe seiner vorverstorbenen Ehefrau sei.

Voraussetzung einer ergänzenden Testamentsauslegung ist zunächst das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke im Testament, vorliegend die fehlende Ersatzerbenbestimmung. Diese Regelungs-lücke kann im Wege der Auslegung geschlossen werden, sofern sich
aus dem Testament eine Willensrichtung des Erblassers erkennen lässt, die in Richtung der vorgesehenen Ergänzung geht. Es darf allerdings keinesfalls ein Wille in das Testament hineingedeutet werden, der nicht zumindest andeutungsweise im Testament vom Erblasser ausgedrückt ist.

Vorliegend hat das OLG die Beschwerde für begründet erachtet, weil der vom Nachlassgericht angenommene Wille der Erblasserin zur Ersatzerbenberufung in keinsterweise den erforderlichen Nieder-schlag im Testament gefunden habe.

Das OLG geht davon aus, dass § 2069 BGB keine Anwendung findet. Im unmittelbaren Anwendungsbereich  dieser Vorschrift  werden bei einer Einsetzung eines Abkömmlings und dessen Wegfall nach der Errichtung des Testaments dessen Abkömmlinge Ersatzerben.  Dies soll nach der Rechtsprechung auch dann gelten, wenn es sich bei dem vorgesehenen Erben um eine mit dem Erblasser nahe verwandte oder verschwägerte Person handelt. Das ist im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. Frau S. ist weder ein Abkömmling noch sonst ein naher Verwandter der Erblasserin. Die Erbeinsetzung ist eine Belohnung für eine langandauernde persönliche Betreuungstätigkeit. Hieraus lässt sich nach Auffassung des OLG allein noch kein Hinweis auf eine etwaige Ersatz-erbenberufung von Angehörigen der Frau S. erkennen. Mit entscheidender Aspekt für diese Wertung des Gerichts ist hierbei auch die Tatsache, dass die Erblasserin den Ehemann der Frau S. in ihren beiden letztwilligen Verfügungen mit keiner Silbe erwähnt und ihn auch insbesondere mit keinerlei  Zuwendungen bedacht hat.

Damit fehlt jedweder Ansatz für einen Willen der Erblasserin, den Ehemann der S. zum Ersatzerben zu berufen. Mithin ist gesetzliche Erbfolge eingetreten.



← zurück
Netzwerk Deutscher Testamentsvollstrecker e.V. Erbrechtsmediation Erbrechtsakademie