nach oben
14.6.2013

Rücktrittsrecht des Erblassers vom gegenseitigen Pflege- und Erbvertrag

Der BGH hatte über folgenden Sachverhalt zu entscheiden:

In einem Erbvertrag war zwischen den Parteien vereinbart worden, dass der zukünftige Erbe verpflichtet sei, die zukünftige Erblasserin in Kranken- und Altentagen zu hegen und zu pflegen ohne dass dafür geltwerte Mittel von dem Erben oder seinem Rechtsnachfolger aufzuwenden seien.

Tatsächlich musste die Erblasserin sich dann in ein Alten- und Pflegeheim begeben, da sie im größeren Umfang auf Pflege angewiesen war, die durch häusliche Pflege nicht erbracht werden konnte.

Die Erblasserin erklärte den Rücktritt vom Erbvertrag wegen Unmöglichkeit der zu erbringenden Pflegeleistungen (§ 275 BGB, § 2295 BGB). Sie begehrte nun Feststellung, dass der Erbvertrag unwirksam sei.

Der BGH stellte fest, dass in einem solchen Fall der Rücktritt vom Erbvertrag durchaus in Betracht kommt.

Der BGH stellte klar, dass nicht etwa der Erbe verpflichtet gewesen wäre, selbst eine professionelle Hilfe zu erbringen, wie sie geschultes Personal in einem Alten- oder Pflegeheim zu leisten im Stande ist, sondern vielmehr maßgebend ist, dass die vom Beklagten mögliche persönliche Pflege nicht ausreichend war, weil die Erblasserin einen Pflegebedarf hatte, der eben nur durch sachgerechte Betreuung und durch professionelle Fachkräfte geleistet werden kann.

Damit steht die Unmöglichkeit der Erfüllung fest; Rücktritt ist möglich.

Mit dieser Möglichkeit des Rücktritts wird ein angemessener Risikoausgleich zwischen den Vertragsparteien erzielt.

Der Erbe ist dann zwar persönlich lediglich zu Pflegeleistungen im Rahmen seiner Möglichkeiten verpflichtet und er muss sich auch nicht an finanziellen Lasten beteiligen, die z.B. mit Umzug der Erblasserin in ein Alten- oder Pflegeheim entstehen.

Auf der anderen Seite hat der Erbe dann aber auch keinen Anspruch darauf, dass seine vertragliche Einsetzung als Erbe erhalten bleibt, wenn er die von den Vertragsparteien vorgesehene Verpflichtung zur Pflege nicht erbracht hat und auch in Zukunft nicht wird erbringen können.

Tipp vom Fachanwalt:

Wie der Entscheidung zu entnehmen ist, bedarf die Ausgestaltung einer Pflegeverpflichtung in einem Erbvertrag besonderer Sorgfalt und Abwägung aller Risiken.

Es sollten daher eindeutige Regelungen getroffen werden, welche Folgen z.B. die Tatsache haben soll, dass eine Pflege zu Hause nicht mehr möglich ist und insbesondere, wie ein Ausgleich zu schaffen ist, wenn z.B. bereits langjährige Pflege stattgefunden hat, dann aber häusliche Pflege aufgrund des erhöhten Pflegebedarfs nicht mehr möglich ist.



← zurück
Netzwerk Deutscher Testamentsvollstrecker e.V. Erbrechtsmediation Erbrechtsakademie