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09.07.2017
Pflichtteilsergänzungsanspruch

Lebensversicherung mit widerruflicher Bezugsberchtigung

 

Seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 28.04.2010 ist die Frage, auf welcher Grundlage der Pflichtteilsergänzungsanspruch bei Zuwendung eines widerruflichen Bezugsrechtes einer Kapitallebensversicherung zu berechnen ist, geklärt.

 

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kommt es auf den Wert an, den der Erblasser aus den Rechten seiner Lebensversicherung in der letzten – juristischen – Sekunde seines Lebens nach objektiven  Kriterien hätte erzielen können.

 

Das ist damit der Rückkaufswert der Lebensversicherung am Todestag.

 

In dem vom Landgericht Konstanz mit Urteil vom 30. 08.2016 entschiedenen Fall haben sich die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft wechselseitig ein widerrufliches Bezugsrecht an einer Kapitallebensversicherung eingeräumt.

 

Die pflichtteilsberechtigte Tochter des Erblassers und die durch privatschriftliches Testament zur Alleinerbin berufene Lebensgefährtin stritten um die Frage, ob die  der Lebensgefährtin ausgezahlte Versicherungssumme – in Höhe des Rückkaufwertes zum Todestag – der Pflichtteilsergänzung unterliegt.

 

Die Lebensgefährtin hat eingewendet, dass die in Bezug auf die Lebensversicherung vom Erblasser getätigte Zuwendung zu ihrer Altersversorgung dienen sollte.

 

Unbenannte Zuwendung grundsätzlich ergänzungspflichtig

 

Das Landgericht hat zunächst ausgeführt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sogenannte unbenannte Zuwendungen unter Ehegatten im Erbrecht trotz Fehlens des subjektiven Elementes grundsätzlich wie Schenkungen zu behandeln sind. Unbenannte Zuwendungen unter Ehegatten sind damit der Pflichtteilsergänzung gemäß § 2325 BGB nicht entzogen.

 

Gemeinschaftsbezogene Zuwendung

 

Sodann nimmt das Landgericht Konstanz Bezug auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 06.05.2014 zu einem Sachverhalt, bei dem es um die Zuwendung eines Vermögenswertes an den Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ging. Die Zuwendung sollte der Absicherung des Partners für den Fall dienen, dass der Zuwendende während des Bestandes der nichtehelichen Lebensgemeinschaft verstirbt.

 

In diesem Fall ist der Bundesgerichtshof von einer „gemeinschaftsbezogenen Zuwendung“ ausgegangen. Das Landgericht schließt daraus, dass der Bundesgerichtshof im Rahmen des § 2325 BGB nicht zwischen einer ehelichen und einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft unterscheide.

 

Ausnahmen gelten sowohl für Ehegatten wie auch für nichteheliche Partner

 

Demgemäß seien auch die in der Rechtsprechung zu den unbenannten Zuwendungen unter Ehegatten anerkannten Ausnahmekonstellationen grundsätzlich auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft entsprechend anwendbar. Danach liegt eine gemeinschaftsbezogene  Zuwendung nicht vor, wenn sie sich im konkreten Fall als nachträgliche Vergütung für die langjährige Dienste darstelle, wenn sie unterhaltsrechtlich geschuldet sei oder der angemessenen Alterssicherung diene.

 

Vorliegend handelt es sich nach Auffassung des Landgericht Konstanz nicht um eine gemeinschaftsbezogene lebzeitige Zuwendung des Erblassers an seine Lebensgefährtin, die der Altersvorsorge dienen sollte.

 

Widerrufliches Bezugsrecht reicht nicht

 

Das Gericht führt hierzu aus, dass bis zum Zeitpunkt des Ablebens des Erblassers keine entsprechende Vermögensverfügung vom Erblasser durchgeführt worden ist. Die Einräumung der Bezugsberechtigung erfolgte lediglich widerruflich. Zu Lebzeiten des Erblassers sei daher gerade noch keine Vermögensminderung auf Seiten des Erblassers eingetreten. Der Lebensgefährtin ausgezahlte Rückkaufswert der Lebensversicherung unterliegt damit der Pflichtteilsergänzung.

 

Etwas anderes ergibt sich nach Auffassung des Landgerichts Konstanz allenfalls, wenn sich die Lebensgefährtin und der Erblasser bezogen auf die abgeschlossenen Lebensversicherungen unwiderrufliche Bezugsberechtigungen eingeräumt hätten.



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