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20.01.2019
Widerruf einer Vorsorgevollmacht

Bank haftet bei Verfügungen nach erfolgtem Widerruf

Bei Erteilung einer Vorsorgevollmacht wird häufig angeordnet, dass die Vollmacht über den Tod hinaus gültig ist. Stirbt der Vollmachtgeber, wird häufig über Verfügungen gestritten, die nach dem Tod durch den Vollmachtnehmer durchgeführt worden sind.

Expertentipp: Die Erben, denen keine Vollmacht erteilt wurde, sollten zeitnah den Widerruf der Vollmacht gegenüber dem Vollmachtnehmer erklären und die Banken des Vollmachtgebers über den Widerruf informieren. 

Verfügungen der Bank trotz Widerruf

Das Landgericht Aachen hat mit Urteil vom 18.01.2018 folgenden Fall entschieden:

Der Erblasser hatte 2011 seinem Sohn eine notarielle Vorsorgevollmacht erteilt. Am gleichen Tag errichtete er ein notarielles Testament, in welchem er seinen Sohn und seine Tochter zu Erben zu je 1/2 Anteil einsetzte. 

Nach dem Tod des Erblassers im Jahr 2014 befand sich auf dem Nachlasskonto ein Betrag von 207.000,00 €. Die Tochter erklärte gegenüber dem Sohn den Widerruf der Vollmacht und setzte die Bank über den Widerruf in Kenntnis.

Dennoch erfolgten anschließend Verfügungen über das Nachlasskonto von ca. 53.000,00 €. Die Verfügungen erfolgten ohne Kenntnis der Tochter. 

Die Tochter macht nunmehr einen Rückzahlungsanspruch gegenüber der Bank geltend.

Urteil Landgericht Aachen, Aktenzeichen 1 O 138/16

Das Landgericht Aachen hat die Bank zur Rückzahlung verurteilt. Der Anspruch besteht nach § 675 u Satz 2 BGB.

Gemäß § 675 u BGB hat der Zahlungsdienstleister im Fall eines nicht autorisierten Zahlungsvorganges dem Zahler den Zahlungsbetrag zu erstatten. 

Zahler war ursprünglich der Erblasser. Durch seinen Tod sind dessen Erben nach § 1922 BGB im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in das Rechtsverhältnis eingetreten.

Ein Zahlungsvorgang ist nach der Legaldefinition des § 675 j BGB wirksam, wenn der Zahler zugestimmt hat. 

Bei einer Erbengemeinschaft gilt § 2040 Abs. 1 BGB: über einen Nachlassgegenstand können die Erben nur gemeinschaftlich verfügen.

Die durch den Erblasser erteilte Vorsorgevollmacht erlaubte dem Sohn ohne die Zustimmung der Tochter Rechtsgeschäfte über Nachlassgegenstände abzuwicklen. Die Vollmacht war jedoch wirksam widerrufen worden. Die Bank war über den Widerruf informiert.

Eine gemeinschaftliche Autoriserung bestand nicht mehr. Die Bank hätte daher die Zustimmug sämtlicher Miterben über die Zahlungen einholen müssen. 

Expertentipp von Michaela Porten-Biwer, Fachanwältin für Erbrecht aus Trier

Das Urteil des Landgerichts zeigt, dass bei Auseinandersetzungen von Erbengemeinschaften nicht nur die testamentarischen Verfügungen des Erblassers bedeutend sind. Es sollte auch dringend darauf geachtet werden, ob der Erblasser Vollmachten (Bankvollmachten, Vorsorgevollmachten) zu Lebzeiten erteilt hatte, die über den Tod hinaus gelten. 

  • Sind Vollmachten erteilt worden, sollten diese zeitnach gegenüber dem Vollmachtnehmer widerrufen werden.
  • Die Banken des Erblassers sind über den Widerruf zu informierten.
  • Besteht Einigkeit in der Erbengemeinschaft, kann im Rahmen der Auseinandersetzung eine gesonderte Vollmacht mit geonderterten Regelungen erteilt werden. Das hat den Vorteil, dass nicht für jede Überweisung die Zustimmung sämtlicher Miterben benötigt wird. Besteht das Risiko des Missbrauchs der Vollmacht ist hiervon aber dringend abzuraten. 


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